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    Bar­geld-Um­tausch­pro­gramm für ukrai­ni­sche Kriegs­flücht­lin­ge

    • Geflüchtete aus der Ukraine hatten nach Kriegsbeginn keine Möglichkeit, in Deutschland ihr mitgebrachtes Bargeld in Euro zu tauschen. Das neu geschaffene Programm zum Umtausch der ukrainischen Landeswährung Griwna in Euro war eine konkrete Hilfe für die nach Deutschland geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainer. Das Programm war ein Akt der Solidarität und des Respekts vor der Souveränität der Ukraine und der dortigen Landeswährung.
    • Das BMF und die Deutsche Bundesbank haben das Programm gemeinsam mit der Nationalbank der Ukraine vereinbart. Die Deutsche Kreditwirtschaft nahm freiwillig teil und führte den Umtausch vor Ort in Filialen von Banken und Sparkassen durch.
    • Das Programm hatte eine Laufzeit von Mai bis Oktober 2022, solange ein Bedarf bestand. Dies war eng mit allen Parteien abgestimmt.

    Einleitung

    Es gab zu Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine für die aus der Ukraine Geflüchteten in Deutschland keine Möglichkeit, ihr mitgebrachtes Bargeld in der Landeswährung Griwna in Euro zu tauschen. Das BMF hat deshalb zusammen mit der Deutschen Bundesbank, der Deutschen Kreditwirtschaft und der Nationalbank der Ukraine für diese Geflüchteten eine Möglichkeit zum Umtausch von Banknoten ukrainischer Währung in Euro geschaffen. Die am Programm Beteiligten haben unter den schwierigen Umständen des russischen Angriffskriegs schnell und konstruktiv zusammengearbeitet. Als Teil der umfangreichen Unterstützungsleistungen Deutschlands für die Ukraine war diese Umtauschmöglichkeit eine konkrete Hilfe für die nach Deutschland Geflüchteten.

    Unterstützungsleistungen von Deutschland für die Ukraine

    Deutschland steht seit Kriegsbeginn solidarisch an der Seite der Ukraine und leistet umfangreiche Unterstützungsleistungen. Die Unterstützungsleistungen für die Ukraine sind vielfältig. Damit die Ukraine finanziell handlungsfähig bleibt, stellen vor allem die G7-Länder einschließlich der Europäischen Union (EU) seit Kriegsbeginn gemeinsam mit den internationalen Finanzinstitutionen direkte Budgethilfen zur Verfügung. Neben den deutschen Beiträgen zur multilateralen Unterstützung, etwa im Rahmen der EU oder des Internationalen Währungsfonds (IWF), hat Deutschland einen bilateralen Zuschuss von 1 Mrd. Euro über ein Sonderkonto des IWF an die Ukraine übermittelt. Zusätzlich hat Deutschland die ukrainische Regierung mit einem Zuschuss von 250 Mio. Euro bei der Versorgung von Binnenvertriebenen und bei der Zahlung von Gehältern im öffentlichen Sektor finanziell unterstützt. Die Hilfen kommen dem ukrainischen Staat wie auch den Menschen direkt zugute. Bei der humanitären Hilfe ist Deutschland zweitgrößter Geber nach den USA und wird seine Hilfsprogramme für die Ukraine und Nachbarstaaten weiter fortsetzen. Deutschland unterstützt zudem das ukrainische Militär in enger Abstimmung mit seinen Partnern und Verbündeten. Wichtig ist auch die Unterstützung der Geflüchteten in Deutschland. Neben der Unterbringung und Versorgung war das Bargeld-Umtauschprogramm für Menschen aus der Ukraine in Deutschland ein wichtiger gesellschaftlicher Beitrag.

    Ausgestaltung des Umtauschprogramms: europäische Eckpunkte

    Seit Ausbruch des Kriegs sind Millionen Menschen aus der Ukraine in die EU geflüchtet. Viele von ihnen kamen zu Beginn des Kriegs mit der Landeswährung Griwna in die EU-Mitgliedstaaten. Das Geld war aber de facto wertlos, da Banken und Wechselstuben den Umtausch in Euro oder Dollar im Regelfall verweigerten. Geschäftsbanken und Wechselstuben fürchteten Verluste, denn aufgrund der geopolitischen Lage bestand für die ankaufende Bank oder Wechselstube ein erhebliches Kursrisiko, gegebenenfalls sogar das Risiko eines Totalverlusts. Diese Probleme beim Umtausch von Griwna in die Landeswährung des Gastlands gab es in mehreren Ländern der EU. Polen, damals das Land mit den meisten Geflüchteten aus der Ukraine, schuf als erster EU-Mitgliedstaat in Absprache mit der Nationalbank der Ukraine eine nationale Umtauschlösung. Aufgrund der Betroffenheit mehrerer Länder suchten Europäische Kommission und Europäische Zentralbank (EZB) zunächst nach einer europäischen Lösung.

    Um eine zügige Umsetzung zu ermöglichen, einigte man sich schließlich auf europäischer Ebene auf Kernempfehlungen des Rats für die Ausgestaltung von nationalen Umtauschprogrammen. Diese wurden in einer EU-Ratsempfehlung festgehalten. Die Europäische Kommission hat am 1. April 2022 einen Vorschlag für eine Ratsempfehlung veröffentlicht. Der koordinierte Ansatz für alle Mitgliedstaaten sollte es allen aus der Ukraine in die EU Geflüchteten ermöglichen, ukrainische Landeswährung unter gleichen Bedingungen umzutauschen. Die Empfehlung wurde bereits am 19. April 2022 von den Mitgliedstaaten angenommen. Die Ratsempfehlung nennt unverbindliche Eckpunkte für ein Umtauschprogramm. Interessierte Mitgliedstaaten mussten national ein entsprechendes Schema aufsetzen.

    Ausgestaltung des Umtauschprogramms: nationale Lösung

    Deutschland hat die EU-Ratsempfehlung „über den Umtausch ukrainischer Griwna-Banknoten in EU-Währungen zur Unterstützung von Kriegsflüchtlingen“ schnell umgesetzt, sodass in Deutschland bereits Ende Mai 2022 Griwna in Euro getauscht werden konnten. Gemeinsam mit der Deutschen Bundesbank hat das BMF hierzu mit der Nationalbank der Ukraine ein Abkommen für den Umtausch geschlossen, das u. a. das Umtauschvolumen, die Bekanntgabe der Wechselkurse, die akzeptierten Banknoten sowie die Rückerstattung regelt. Unter großem Zeitdruck wurden zudem mit der Deutschen Kreditwirtschaft und der Deutschen Bundesbank die Voraussetzungen für eine praktikable Abwicklung des Umtauschs in Filialen von Banken und Sparkassen vor Ort ausgehandelt.

    Zur Übernahme von Ausgabeverpflichtungen und Ausfallrisiken des Bundes in diesem Zusammenhang bedurfte es schließlich noch der vorherigen Bewilligung einer außerplanmäßigen Ermächtigung des BMF unter Beteiligung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestags. Ende April 2022 wurde die Ausgabeermächtigung bewilligt und damit der Weg für das Umtauschprogramm frei gemacht.

    Die Bedingungen des Umtauschprogramms orientierten sich am Beispiel unseres Nachbarlands Polen und der EU-Ratsempfehlung. Geflüchtete konnten einen Betrag von insgesamt bis zu 10.000 Griwna bei den teilnehmenden deutschen Banken und Sparkassen in Euro umtauschen. Der Umtausch in Euro erfolgte zu dem auf der Website der Deutschen Bundesbank wöchentlich bekanntgegebenen Wechselkurs, der von der Nationalbank der Ukraine gestellt wurde. Der Umtausch konnte auch in mehreren Teilbeträgen erfolgen und sollte gebührenfrei sein. Es wurden Banknoten zu 100, 200, 500 und 1.000 Griwna der derzeit gültigen Banknotenserien der Nationalbank der Ukraine akzeptiert. Der Umtausch wurde von den Banken und Sparkassen in einer von der EZB bereitgestellten Online-Anwendung erfasst, um sicherzustellen, dass die individuelle maximale Umtauschsumme nicht überschritten wurde. Dabei wurde die Identität jeder volljährigen geflüchteten Person, die am Umtausch teilnahm, erfasst und überprüft. Die Vorgaben des Datenschutzes wurden dabei eingehalten.

    Abbildung der Banknoten 1000 Griwna und 20 Euro Bild vergrößern
    Abbildung 1: Griwna/Euro © Bundesministerium der Finanzen/photothek

    Beim deutschen Umtauschprogramm gab es eine klare Rollenverteilung:

    1. Das BMF sicherte den Umtausch ab. Das heißt, etwaige Verluste, die sich aus dem Umtausch ergeben könnten, würde der Bundeshaushalt tragen. Das BMF bewilligte dafür eine außerplanmäßige Ausgabe, stellte also Haushaltsmittel bereit. Neben der Absicherung des Gegenwerts von 1,5 Mrd. Griwna erklärte sich der Bund auch bereit, Bagatelldifferenzen und die operativen Kosten für Bearbeitung und Rücktransport der Griwna-Banknoten in die Ukraine zu tragen.
    2. Die Banken und Sparkassen nahmen freiwillig teil und führten in Filialen vor Ort den Umtausch durch. Die Institute prüften auch die Berechtigung zum Umtausch von Griwna. Geflüchtete aus der Ukraine konnten zur Identifikation dieselben Dokumente wie für die Eröffnung eines Basiskontos nutzen. Ein Basiskonto ist ein Zahlungskonto mit grundlegenden Funktionen, auf das jede Verbraucherin und jeder Verbraucher Anspruch hat.
    3. Die Deutsche Bundesbank übernahm die operative Umsetzung des Banknotenumtauschs mit den Banken und Sparkassen sowie die Rückführung der Banknoten an die Nationalbank der Ukraine.

    Das Programm leistete anfänglich, als der Bedarf groß war, einen wichtigen Beitrag zur Unterstützung der geflüchteten Menschen aus der Ukraine. Die zunächst rege Nachfrage ließ schnell nach: Kurz vor Beendigung des Programms im Oktober 2022 wurden nur noch wenige Umtauschtransaktionen abgewickelt. Polen, dessen Umtauschprogramm etwas früher angelaufen war, hatte sein Programm bereits im September 2022 aufgrund geringer Transaktionen auslaufen lassen. Deutschland ließ sein Programm dann in Abstimmung mit der Nationalbank der Ukraine im Oktober 2022 auslaufen. Die Entscheidung zur Einstellung des Programms wurde gemeinsam mit allen Beteiligten getroffen.

    Im deutschen Programm wurden von Mai bis Ende Oktober 2022 mit über circa 19.500 Transaktionen Griwna im Gegenwert von circa 4,8 Mio. Euro umgetauscht. Die Nationalbank der Ukraine hat den Betrag dem Bund bereits erstattet. Eine finale Abrechnung der Kosten steht allerdings aufgrund des Kriegsgeschehens noch aus. Mit dem Umtauschprogramm haben die beteiligten Stellen in Deutschland und der Ukraine ihre gute Zusammenarbeit fortgesetzt – auch und gerade unter den erheblich erschwerten Bedingungen des russischen Angriffskriegs.

    Nach Abschluss des Programms haben die Geflüchteten weiterhin Möglichkeiten, Euro zu erhalten. Es besteht in Deutschland grundsätzlich die Möglichkeit, mit international einsetzbaren ukrainischen Bankkarten Bargeld an einigen deutschen Geldautomaten abzuheben. Zudem stehen den Geflüchteten weitere Hilfsleistungen zur Verfügung. Damit die Auszahlung von Unterstützungsleistungen möglichst reibungslos erfolgen kann, hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht bereits im April vergangenen Jahres die Kontoeröffnung für Menschen aus dem ukrainischen Kriegsgebiet erleichtert.

    Fazit

    Das Umtauschprogramm war Teil der umfangreichen Hilfeleistungen für die Ukraine. Deutschland unterstützt die Ukraine weiterhin durch bilaterale Leistungen sowie über multilaterale Wege. Neben diesen signifikanten Unterstützungsleistungen war das Umtauschprogramm eine konkrete Hilfe für die Geflüchteten in Deutschland, als dafür Bedarf bestand. Der Umtausch hat die gesellschaftliche Teilhabe der betroffenen Menschen unterstützt und war damit ein Beitrag zur Solidarität mit den Geflüchteten und der Ukraine.

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