- Zu den größten Herausforderungen der gesetzlichen Rentenversicherung gehört der demografische Wandel, da sich im Umlagesystem das zahlenmäßige Verhältnis zwischen Menschen, die Beiträge bezahlen, und denen, die Rente beziehen, zunehmend verschlechtert.
- Mit dem BMF-Konzept für ein Generationenkapital würde die gesetzliche Rente zusätzlich durch an den Aktienmärkten erzielte Renditen unterfüttert. Finanziert würde der Kapitalstock nach den Plänen des BMF bereits im Jahr 2023 aus Krediten des Bundes in Höhe von 10 Mrd. Euro. Das Generationenkapital kann durch Zuschüsse, Sacheinlagen oder Darlehen weiter aufgestockt werden.
- Das von Bundesfinanzminister Christian Lindner gemeinsam mit Anja Mikus, Asset-Management-Expertin und CEO des Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung, am 13. Januar 2023 der Öffentlichkeit vorgestellte Konzept würde den Anstieg der Rentenbeiträge dämpfen und somit gerade die jüngere Generation entlasten. Auch der Bundeshaushalt würde von einer teilweisen Kapitaldeckung langfristig profitieren, da dadurch auch der Bundeszuschuss an die Rentenversicherung niedriger ausfallen würde.
Nach vielen Jahren Arbeit ist eine auskömmliche Rente eine Frage der Fairness. Zugleich darf die Finanzierung der Rente Menschen und Staatsfinanzen nicht über Gebühr belasten. Vor diesem Hintergrund hat sich die Bundesregierung im Koalitionsvertrag auf Maßnahmen zur Reform der Altersvorsorge verständigt. Zur Umsetzung soll u. a. das Generationenkapital dienen, das Bundesfinanzminister Christian Lindner gemeinsam mit Anja Mikus, Asset-Management-Expertin und CEO des Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung (KENFO), am 13. Januar 2023 der Öffentlichkeit vorgestellt hat. Mit dieser Neuerung soll die Rentenfinanzierung durch eine kapitalgedeckte Komponente ergänzt und die Generationengerechtigkeit gestärkt werden. Menschen, die Beiträge und Steuern zahlen, würden damit entlastet.
Das Umlageverfahren im demografischen Wandel
Die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung werden zur Finanzierung der laufenden Rentenausgaben eingesetzt. Das heißt: Die derzeitigen Beitragszahlerinnen und -zahler bilden keine eigenen Rücklagen, sondern finanzieren die Rente für die heutige Generation der Rentnerinnen und Rentner – so funktioniert das Umlageverfahren. Die Anzahl der Personen, die Altersrente beziehen, in Relation zur Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter wird in Deutschland in den kommenden Jahren aber deutlich steigen. Das hat auch einen Anstieg der Rentenbeiträge zur Folge. Die Leistungen des Bundes zur gesetzlichen Rentenversicherung betrugen im Jahr 2022 über 100 Mrd. Euro. Auch sie werden künftig weiter ansteigen.
Sicher und modern: eine Ergänzung der gesetzlichen Rente
Das vorgeschlagene Generationenkapital soll die gesetzliche Rente durch an den Aktienmärkten erzielte Renditen unterfüttern. Diese neue, zusätzliche Komponente zur langfristigen, ergänzenden Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung soll die Beitragsentwicklung dämpfen – eine Entlastung gerade für die jüngere Generation. Der Kapitalstock soll aus öffentlichen Mitteln aufgebaut werden. In einem ersten Schritt soll er vom KENFO verwaltet werden, einer Institution, die bereits professionell und global aktive und passive Kapitalanlagen unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien tätigt. Die Geschäftsführung wird von einem Aufsichtsgremium überwacht. Dadurch bietet der KENFO dem Bund die Möglichkeit, eine zeitnahe Umsetzung und Investition des Generationenkapitals zu erreichen. In einem zweiten Schritt könnte später die Verwaltung der Stiftungsvermögen konsolidiert werden.
Finanziert würde der Kapitalstock zum einen im Jahr 2023 aus im Bundeshaushalt bereitgestellten Krediten des Bundes in Höhe von 10 Mrd. Euro. Diese Mittel sind gesperrt und können vom Haushaltsausschuss des Bundestags freigegeben werden. Zum anderen könnte sich die Aufstockung in den Folgejahren neben Darlehen auch aus Zuschüssen sowie bereits bestehenden Beteiligungen des Bundes speisen. Eine jährliche Übertragung von zusätzlichen Mitteln für das Generationenkapital wäre möglich und sinnvoll. Über die Art und den Umfang der jährlichen Mittelzuführungen wird der Deutsche Bundestag entscheiden.
Unkompliziert, nachhaltig, sozial
Um vom Generationenkapital zu profitieren, müssten Rentenversicherte nicht weiter tätig werden: Es würde als Finanzierungsbaustein in die Rentenfinanzierung integriert werden, die Beitragszahlerinnen und -zahler würden hierfür nicht belangt werden.
Auch in der privaten Altersvorsorge stehen übrigens im Jahr 2023 Reformen an. Über sie wird aktuell beraten, Mitte 2023 sollen die Ergebnisse der sogenannten Fokusgruppe vorgestellt werden, auf deren Grundlage Neuerungen dieser Form der Altersvorsorge eingeleitet werden sollen. Dazu äußert sich auch Dr. Florian Toncar, Parlamentarischer Staatssekretär im BMF, im Interview der vorliegenden Ausgabe.
Das Generationenkapital steht auch im größeren Sinne für Fairness, denn die vorgesehene Ausgestaltung steht im Einklang mit den Leitgedanken der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie. Insbesondere der soziale Aspekt der Nachhaltigkeitsstrategie wird durch den Einstieg in eine teilweise Kapitaldeckung für die gesetzliche Rentenversicherung positiv beeinflusst. Ökologische und ökonomische Aspekte der Nachhaltigkeitsstrategie werden ebenfalls berücksichtigt und in die Anlagestrategie integriert.
Eine langfristige, unabhängig verwaltete Anlage
Von den Chancen des Generationenkapitals profitieren die in der gesetzlichen Rentenversicherung Versicherten. Der Bund trägt die Risiken aus der Kapitalanlage. Kapitalanlagen am Aktienmarkt unterliegen natürlich Kursschwankungen. Eine langfristige Ansparphase wird diese Kursrisiken aber deutlich reduzieren. Hinzu kommt, dass für Aktien auch regelmäßig Dividenden ausbezahlt werden, die während der Ansparphase das Generationenkapital weiter vergrößern. Frühestens Mitte der 2030er-Jahre sollen nach dem Konzept des BMF Erträge des Generationenkapitals an die gesetzliche Rentenversicherung ausgeschüttet werden. Dabei ist nicht geplant, den Kapitalstock für Auszahlungen zu nutzen, sondern lediglich die jährlichen Überschüsse.
Mit der langfristigen Ansparphase können also auch Zinseffekte genutzt werden, die für einen Aufwuchs des Kapitalstocks sorgen. Das Generationenkapital soll so langfristig zu einer Dämpfung der Rentenbeitragssätze beitragen. Eine begrenzte Laufzeit des Generationenkapitals ist dabei nicht notwendig. Kredite des Bundes könnten nach ihrer Fälligkeit verlängert werden, sodass das langfristig angelegte Generationenkapital von den Chancen des Kapitalmarkts weiterhin profitieren kann. Auch von Fluktuationen im politischen Tagesgeschäft soll das Generationenkapital abgeschirmt bleiben. Dazu ist die Gründung der Stiftung „Generationenkapital“ als Stiftung öffentlichen Rechts geplant, unter deren Dach professionelle und politisch unabhängige Anlageentscheidungen getroffen werden sollen.
Der Stiftungsvorstand soll unabhängig über Investitionen entscheiden und in seiner Arbeit von einem Stiftungskuratorium beaufsichtigt werden. Dabei würde für das Generationenkapital eine strikte Zweckbindung gelten. Die Verwendung der Erträge aus dem Generationenkapital für andere Zwecke als die Rentenversicherung wäre ausgeschlossen. Darüber hinaus soll die geplante Stiftung Generationenkapital einem hohen Transparenzstandard gerecht werden: Sie würde ihrem Kuratorium regelmäßig über die aktuelle Geschäfts- und Wertentwicklung des Stiftungsvermögens berichten und auch Informationen und Daten zu ihren Tätigkeiten veröffentlichen.
Fazit und Ausblick
Das BMF hat ein Konzept für die Umsetzung des Generationenkapitals vorgestellt. Im weiteren politischen Prozess wird das BMF nun zeitnah die Abstimmung eines Referentenentwurfs in der Bundesregierung beginnen und die Öffentlichkeit konsultieren.