- Das Modell der RAG-Stiftung ist ein einzigartiges Zukunftskonzept, mit dem die Errungenschaften der Bergbauindustrie den Ausstieg aus der Steinkohlenförderung ermöglicht haben, indem sie deren Folgen langfristig finanzieren.
- Durch die Sicherung der dauerhaften Finanzierung der Ewigkeitsaufgaben aus dem deutschen Steinkohlenbergbau sorgt die RAG-Stiftung für eine signifikante Entlastung der öffentlichen Hand.
- Die benötigten Mittel zur Finanzierung der Nachbergbaukosten erhält die unternehmerisch tätige RAG-Stiftung aus Erträgen ihrer strategischen Beteiligungen sowie einer diversifizierten Kapitalanlage.
- Darüber hinaus setzt die RAG-Stiftung über ihre Förderaktivitäten in den Bereichen Bildung, Wissenschaft und Kultur wichtige Impulse in den ehemaligen Steinkohlerevieren an Ruhr sowie Saar und in Ibbenbüren.
Die Gründung der RAG-Stiftung
Am 21. Dezember 2018 nahm Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das letzte in Deutschland geförderte Stückchen Steinkohle von Bergleuten im Ruhrgebiet entgegen und markierte damit symbolisch das planmäßige Ende eines ganzen Industriezweigs.
Zu diesem Zeitpunkt blickte das Ruhrgebiet auf eine 200-jährige Geschichte der Steinkohlenförderung zurück, die nicht nur die Menschen geprägt, sondern auch zur wirtschaftlichen Entwicklung der gesamten Bundesrepublik beigetragen hat. Der fossile Energieträger war ursprünglich wichtig für die Stromproduktion; die einheimische Kohlenförderung erwies sich langfristig aber international als nicht wettbewerbsfähig. Neben die erheblichen Subventionen, die für die Aufrechterhaltung der Förderung in Deutschland erforderlich waren, trat ein allgemeines Umdenken hin zu einer umweltschonenderen Energieversorgung. In diesem Sinne einigten sich im Jahr 2007 der Bund, das Land Nordrhein-Westfalen und das Saarland mit der RAG Aktiengesellschaft (RAG AG) als Betreiberin der Steinkohlenbergwerke und der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie als Vertreter der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf die sozialverträgliche Beendigung der subventionierten Steinkohlenförderung. Obwohl durch Umsetzung dieser Vereinbarung bereits seit dem Jahr 2018 keine Steinkohle in Deutschland mehr gefördert wird, zieht der Ausstieg aus dem Steinkohlenbergbau die Erfüllung weiterer Aufgaben nach sich, die teilweise auf ewig übernommen und finanziert werden müssen. Die Gründung der RAG-Stiftung im Juni 2007 legte das finanzielle Fundament für die Aufgaben, die nach dem aktiven Steinkohlenbergbau dauerhaft zu bewältigen sind, und sicherte die Sozialverträglichkeit des Ausstiegs aus diesem Industriezweig.
Das Erbe der Steinkohlenförderung: Ewigkeitsaufgaben und Altlasten
Der Steinkohlenbergbau hat über viele Jahrzehnte unter der Erde ein gigantisches System aus Schächten und Strecken hinterlassen und darüber hinaus auf die Landschaft in den Bergbaurevieren eingewirkt. Diese vom Menschen verursachten Veränderungen bedürfen auch nach dem Ende der aktiven Förderung einer nachhaltigen Bearbeitung. Neben der Übernahme von Altlasten, zu denen die Sicherung von Schächten und Strecken und die Behebung von Bergschäden gehören, verbleiben auch die auf die Ewigkeit angelegten Aufgaben der Bewirtschaftung von Gruben- und Grundwasser – die sogenannten Ewigkeitsaufgaben.
Ewigkeitsaufgaben
Die RAG-Stiftung finanziert seit 2019 drei Ewigkeitsaufgaben (s. a. Abbildung 1), bei denen es sich um Bergbaufolgen handelt, die unbefristet technische und logistische Maßnahmen erfordern.
- Grubenwasserhaltung: Am Grund eines ehemaligen Bergwerkschachts, hunderte Meter unter der Oberfläche, wird das Grubenwasser gesammelt, bevor es über mächtige Pumpen und Rohrleitungen nach oben transportiert und in Fließgewässer eingeleitet wird. Das aktuelle Grubenwasserkonzept sieht mittelfristig nur noch sechs zentrale Grubenwasserhaltungen im Ruhrgebiet vor.
- Poldermaßnahmen: Durch den Bergbau ist es über die Jahrhunderte auch zu Veränderungen der Landschaft gekommen. Ganze Regionen haben sich abgesenkt, in extremen Fällen bis zu 25 Meter. An diesen Stellen muss an der Oberfläche vermieden werden, dass sich Wasser in den Senken sammelt. Spezielle Pumpwerke müssen betrieben und instandgehalten sowie Gewässer vertieft oder eingedeicht werden, um den Abfluss zu garantieren.
- Grundwasserreinigung: Im Bereich einiger bergbaulicher Betriebe, insbesondere auf früheren Kokereigeländen, müssen verunreinigte Flächen saniert werden. Nachdem klar ist, wo das Grundwasser verschmutzt ist, wird es abgefangen und gereinigt, um zu verhindern, dass sich das verschmutzte Wasser mit sauberem mischt und ausbreitet. Der Erfolg dieser Maßnahmen wird regelmäßig kontrolliert.
Ausdrücklich nicht Teil der Ewigkeitsaufgaben sind die sogenannten Bergschäden, also Schäden an Gebäuden, Grundstücken oder Straßen, die auf den Bergbau zurückzuführen sind. Die Regulierung von Bergschäden wird nicht durch die RAG-Stiftung finanziert, sondern direkt von der RAG AG.

Ein intensives unter- und übertägiges Wassermanagement war notwendige Begleiterscheinung des Steinkohlenbergbaus, denn die Kohlenförderung in größeren Tiefen war nur möglich, solange das in die Strecken eindringende Grubenwasser ständig abgepumpt wurde. Aber auch nach dem Ende der Kohlenförderung muss das Grubenwasser dauerhaft gepumpt werden, insbesondere zum Schutz des Trinkwassers. Zudem führen Bergsenkungen in einigen Bereichen dazu, dass Pumpwerke an der Tagesoberfläche betrieben werden müssen, damit sich Oberflächenwasser nicht in Senken sammelt. Außerdem müssen auf ehemaligen Bergbauflächen dauerhaft Grundwasserreinigungsanlagen zum Schutz des Grundwassers betrieben werden. Dieses aktive Gruben- und Grundwassermanagement kann auch nach Beendigung des Bergbaus nicht eingestellt werden und ist somit eine dauerhafte Aufgabe, die es zu erfüllen und zu finanzieren gilt.
Während die RAG AG als ehemalige Betreiberin der stillgelegten Gruben die Bewältigung der Altlasten sowohl operativ als auch finanziell übernimmt, wurde im Juni 2007 zur langfristigen Finanzierung der Ewigkeitsaufgaben und damit zur Entlastung der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler die privatrechtliche RAG-Stiftung gegründet. Zu den Zielen der Stiftung zählte auch die mittlerweile erfolgreich umgesetzte sozialverträgliche Beendigung des subventionierten Steinkohlenbergbaus. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden rechtzeitig qualifiziert, um sich am Arbeitsmarkt neu zu positionieren. Dabei wurden ihnen auch neue Beschäftigungsmöglichkeiten aufgezeigt. Andere schieden über Vorruhestandsregelungen sozialverträglich aus dem Arbeitsleben aus.
Zukunftsmodell RAG-Stiftung
Gründungsidee der RAG-Stiftung war es, die finanziellen Mittel für die Bewältigung der Ewigkeitsaufgaben aus den Errungenschaften der Bergbauindustrie selbst zu generieren. Zu diesem Zweck verkauften die bisherigen Anteilseignerinnen und Anteilseigner der RAG AG ihre Anteile zum Stückpreis von 1 Euro an die RAG-Stiftung. Mit den Anteilen gingen auch die Vermögenswerte der AG auf die Stiftung über und werden seitdem zur Finanzierung der Ewigkeitsaufgaben genutzt (s. a. Abbildung 2). Vorrangiger Zweck der Stiftung ist die Mehrung des Stiftungsvermögens, um die Finanzierung der Ewigkeitsaufgaben dauerhaft zu sichern. Nur wenn dies nicht in vollem Umfang gelingen sollte, springen Bund und Bergbauländer ein, also Nordrhein-Westfalen und das Saarland.

Auf die Sicherstellung der Finanzierung der dauerhaft verbleibenden Aufgaben hat die RAG-Stiftung seit ihrer Gründung durch den Aufbau und die Mehrung ihres Stiftungskapitals erfolgreich hingearbeitet. Zum Vergleich: Ende 2007 belief sich das Vermögen der privatrechtlichen RAG-Stiftung auf rund 5 Mrd. Euro. Im Wesentlichen handelte es sich dabei um die Aktien des Spezialchemiekonzerns Evonik Industries AG, den die Stiftung 2012 an die Börse brachte. Ende 2021 belief sich das Vermögen der Stiftung auf über 21 Mrd. Euro. Die zur Finanzierung der Ewigkeitsaufgaben benötigten Mittel – 2021 waren es circa 264 Mio. Euro – erwirtschaftet die Stiftung aus den Erträgen ihres Vermögens. Zum einen aus Erträgen ihrer strategischen Beteiligungen, und zwar an der Evonik Industries AG, an der die Stiftung heute noch rund 56 Prozent hält, ihrem 40-prozentigen Anteil an der Vivawest GmbH sowie ihrer 100-prozentigen Beteiligungsgesellschaft, der RSBG SE, die vorwiegend Mehrheitsbeteiligungen an technologieorientierten mittelständischen Unternehmen hält. Zum anderen generiert die Stiftung signifikante Erträge aus ihrer global diversifizierten Kapitalanlage mit breiter Risikostreuung; darunter Aktien, Staats- und Unternehmensanleihen sowie Immobilien-, Infrastruktur- und Private-Equity-Fonds. Das Stiftungsvermögen zur Finanzierung der Ewigkeitsaufgaben hat mit diesem Modell seine Wurzeln im Bergbau selbst: Sowohl die Evonik Industries AG als auch die Vivawest GmbH haben ihren Ursprung im früheren RAG-Konzern. Nur für den unwahrscheinlichen Fall, dass das Vermögen der RAG-Stiftung zur Finanzierung ihrer Aufgaben nicht ausreichen sollte, hat sie die Gewährleistung der beiden Bergbauländer Nordrhein-Westfalen und Saarland und des Bundes, die erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen.
Neben der Finanzierung der Ewigkeitsaufgaben ist es auch Zweck der RAG-Stiftung, Projekte aus den Bereichen Bildung, Wissenschaft und Kultur zu fördern, soweit diese im Zusammenhang mit dem Steinkohlenbergbau an Ruhr und Saar sowie in Ibbenbüren stehen. Mit ihren Förderaktivitäten wird die RAG-Stiftung ihrer Verantwortung für die ehemaligen Bergbauregionen auf vielfältige Weise gerecht. Einen Schwerpunkt bildet die Bildungsförderung chancenbenachteiligter Kinder und Jugendlicher, die auch der Kompensation wegfallender Ausbildungsmöglichkeiten im deutschen Steinkohlenbergbau dient. Besonderen Wert legt die Stiftung dabei auf die Förderung von Kompetenzen in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik – insbesondere von Mädchen und jungen Frauen. Neben schulischen Projekten setzt sie auch auf außerschulische Projekte und fokussiert sich dabei auf armutssensibles Handeln. Darüber hinaus hat die RAG-Stiftung u. a. eines der größten Schülerstipendienprogramme in Deutschland initiiert – die RuhrTalente. Die Bildungsprojekte der Stiftung sind langfristig und nachhaltig angelegt.
Aufgabe des BMF
Der Bundesminister der Finanzen ist sogenanntes geborenes Mitglied des Kuratoriums der RAG-Stiftung und wird bei der Wahrnehmung dieser Aufgabe von Abteilung VIII unterstützt. Das Kuratorium überwacht den dreiköpfigen Vorstand, welcher die Geschäfte der Stiftung führt, und übt die satzungsmäßigen Zustimmungsrechte aus. Zudem entscheidet das Kuratorium über die Grundsätze der Arbeit der Stiftung.
Das Kuratorium der RAG-Stiftung
Das Kuratorium der RAG-Stiftung setzt den Stiftungsvorstand ein und überwacht ihn bei der Führung der Geschäfte. Ihm gehören fünf „geborene“ und acht „weitere“ Mitglieder an. Zu den geborenen Mitgliedern gehören (Reihenfolge laut Satzung)
- der Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen,
- die Ministerpräsidentin des Saarlandes,
- der Bundesminister der Finanzen,
- der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz und
- der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie.
Die acht „weiteren“ Mitglieder werden für einen Zeitraum von jeweils bis zu fünf Jahren bestellt.
Die RAG-Stiftung versteht sich als unternehmerische Stiftung. Ihr oberstes Ziel, die jährliche Finanzierung der Ewigkeitsaufgaben, erfüllt die Stiftung zuverlässig. Dabei leistet sie in Zusammenarbeit mit der RAG AG im Zuge der Umsetzung der Grubenwasserkonzepte und der Bearbeitung der Ewigkeitsaufgaben auch einen wichtigen Beitrag zur ökologischen Erneuerung der ehemaligen Bergbauregionen und setzt über die Erfüllung ihrer Aufgaben sowie im Zuge ihrer Förderaktivitäten nachhaltige Impulse für deren Erneuerung. Das einzigartige Modell der RAG-Stiftung hat sich schon heute bewährt und wird auch in Zukunft dafür Sorge tragen, dass die öffentliche Hand nicht mit den Folgekosten des deutschen Steinkohlenbergbaus belastet wird.
Ergänzende Informationen sind online verfügbar unter: www.rag-stiftung.de