- Die Abgabenquote in Deutschland – d. h. das Verhältnis der Steuern und Sozialabgaben zum Bruttoinlandsprodukt – lag mit 38,3 Prozent im Jahr 2020 international im oberen Mittelfeld. Die tarifliche Besteuerung des Gewinns von Kapitalgesellschaften blieb 2021 in Deutschland insgesamt knapp unter 30 Prozent. Der 2021 erhobene Umsatzsteuerregelsatz von 19 Prozent lag im EU-Vergleich im unteren Bereich.
- Im internationalen Umfeld blieben die Unternehmensteuersätze im Jahr 2021 weitgehend stabil. In verschiedenen Staaten wurden als Corona-Maßnahmen Verlustvor- und Verlustrückträge ausgeweitet.
- Klug gesetzte steuerpolitische Rahmenbedingungen stärken die Möglichkeiten von Unternehmen, zu investieren, Innovationen voranzutreiben und diese in Wertschöpfung umzusetzen. Diese Innovationen sind die Produktivität von morgen. Gemeinsam mit einer soliden Finanzpolitik bilden sie eine wesentliche Grundlage, um wieder schnell finanzielle Puffer aufzubauen und damit auch in zukünftigen Krisensituationen in vollem Umfang handlungsfähig zu sein.
Einleitung
Der folgende Beitrag bietet einen vergleichenden Überblick zur internationalen Besteuerung. Dabei werden die Ergebnisse aus der neu aufgelegten BMF-Broschüre „Die wichtigsten Steuern im internationalen Vergleich 2021“1 zusammengefasst. Die Ländervergleiche erstrecken sich auf die EU-Mitgliedstaaten und einige andere Industriestaaten (Japan, Kanada, Norwegen, Schweiz, USA und Vereinigtes Königreich). Sie geben grundsätzlich den Rechtsstand zum Ende des Jahres 2021 wieder. Eine Ausnahme bilden die von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) veröffentlichten und zuletzt für das Vergleichsjahr 2020 verfügbaren Steuer- und Abgabenquoten. Maßnahmen, die 2022 wirksam wurden oder sein werden, sind noch nicht erfasst. Zur Interpretation der Daten im internationalen Vergleich ist generell anzumerken, dass sich sinnvolle Schlussfolgerungen bei vielen Vergleichen erst aus dem Gesamtkontext ergeben. Dies gilt insbesondere für das Zusammenspiel von nominalen Steuersätzen und unterschiedlich ausgestalteten Bemessungsgrundlagen in den einzelnen Staaten.
Gesamtwirtschaftliche Kennzahlen
Gesamtwirtschaftliche Steuerquoten weisen die in einer Volkswirtschaft gezahlten Steuern relativ zur Wirtschaftsleistung aus. Die Aussagekraft dieser Steuerquoten ist jedoch begrenzt, weil die in den Vergleich einbezogenen Staaten ihre staatlichen Sozialversicherungssysteme in unterschiedlichem Ausmaß über eigenständige Sozialbeiträge (die nicht in der Steuerquote enthalten sind) oder aus allgemeinen Haushaltsmitteln und damit über entsprechend höhere Steuern finanzieren. Erst die Abgabenquote, die sowohl Steuern als auch Beiträge zur Sozialversicherung ins Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) setzt, ermöglicht einen sinnvollen Ländervergleich.
Abbildung 1 zeigt, dass nach den Abgrenzungsmerkmalen der OECD (Revenue Statistics mit letztem Vergleichsjahr 2020) die Abgabenquote insbesondere in den meisten skandinavischen Staaten, aber auch in Frankreich, Belgien, Italien und Österreich, vergleichsweise hoch ist (> 40 Prozent). Dagegen weisen Irland, die USA und die Schweiz relativ niedrige Abgabenquoten auf (< 30 Prozent). Die deutsche Abgabenquote bewegt sich im oberen Mittelfeld der betrachteten Staaten (2020: 38,3 Prozent). Die niedrigste Abgabenquote weist im Jahr 2020 Irland mit 20,2 Prozent auf; die höchste Abgabenquote fand sich mit 46,5 Prozent in Dänemark. Im Jahr 2020 betrug die deutsche Steuerquote 23,1 Prozent. Hier rahmen ebenfalls Irland mit 16,8 Prozent am unteren und Dänemark mit 46,5 Prozent am oberen Rand das Feld der Vergleichsstaaten ein.
Besteuerung des Gewinns von Kapitalgesellschaften
Den nominalen Steuersätzen wird oft eine Signalfunktion bei internationalen Besteuerungsvergleichen zugesprochen. Die tatsächliche oder auch effektive Steuerbelastung ergibt sich jedoch erst aus dem Zusammenspiel von Steuerbemessungsgrundlage und tariflichem Steuersatz. Dieser Artikel beschränkt sich auf einen Vergleich der tariflichen Besteuerung von Kapitalgesellschaften. Im Jahr 2020 senkten Belgien und Frankreich ihre nominalen Körperschaftsteuersätze. In den übrigen untersuchten Staaten blieben die nominalen Körperschaftsteuersätze unverändert.
Über die zentralstaatliche Ebene hinaus erheben in mehreren Staaten nachgeordnete Gebietskörperschaften (Einzelstaaten, Provinzen, Regionen, Gemeinden) noch eigene Körperschaftsteuern oder ihnen ähnliche Steuern, wie z. B. Deutschland und Luxemburg die Gewerbesteuer. Hinzu kommen vielfach Zuschläge auf verschiedenen staatlichen Ebenen. Die Höhe all dieser die Kapitalgesellschaften betreffenden Unternehmensteuern, die als Bemessungsgrundlage den Gewinn zugrunde legen, ist in Abbildung 2 dargestellt. Dort, wo die Steuersätze über die Gebietskörperschaften variieren, werden Durchschnitte zugrunde gelegt. Zu beachten ist, dass in manchen Staaten die von lokalen Gebietskörperschaften erhobenen Steuern von der Steuerbemessungsgrundlage der übergeordneten Gebietskörperschaften abzugsfähig sind (z. B. in Japan und den USA). Die Gesamtsteuerbelastung auf Unternehmensebene ergibt sich demzufolge aus einer abgestuften Rechnung und nicht aus einer einfachen Addition der nominalen Steuersätze der einzelnen Steuern. Die steuertarifliche Gesamtbelastung von Kapitalgesellschaften reicht im Jahr 2021 von 10 Prozent in Bulgarien bis über 30 Prozent in Japan (Malta stellt einen Sonderfall dar, denn dort greifen nicht ohne weiteres vergleichbare Sondersätze beziehungsweise -regelungen). Deutschland bleibt weiterhin knapp unterhalb einer tariflichen Gesamtbesteuerungsmarke von 30 Prozent. Im Jahr 2021 blieben die Unternehmensteuersätze in den meisten betrachteten Staaten weitestgehend stabil.
Einkommen-/Lohnsteuer und Sozialabgaben auf Arbeitseinkommen
Für Arbeitnehmerhaushalte in verschiedenen Familienverhältnissen und Einkommensgruppen veröffentlicht die OECD regelmäßig eine international vergleichende Untersuchung.2 Abbildung 3 zeigt für das Jahr 2021 die Besteuerung des durchschnittlichen Bruttoarbeitslohns eines Arbeitnehmerhaushalts mit Lohn- oder Einkommensteuer, klassifiziert nach verschiedenen Familienverhältnissen (alleinstehend, Familie als Allein- und als Doppelverdienende). In vielen Ländern sorgen Maßnahmen im Rahmen der Familienbesteuerung für eine Förderung von Familien mit Kindern. Dies gilt erkennbar auch für Deutschland: Hier spielt vor allem das Kindergeld bei Durchschnittsverdienenden eine Rolle. So überstieg im Jahr 2021 das Kindergeld bei einem Alleinverdienerhaushalt mit zwei Kindern die Steuerbelastung bei einem Durchschnittseinkommen.
Abbildung 4 stellt unter zusätzlicher Berücksichtigung des Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteils zur Sozialversicherung den gesamten Steuer- und Abgabenanteil an den Arbeitskosten dar. Die Einkommensteueranteile blieben dabei gegenüber dem Vorjahr weitestgehend konstant.
Umsatzsteuersätze
In den meisten hier betrachteten Industriestaaten blieben die Umsatzsteuersätze im Jahr 2021 unverändert. Der Umsatzsteuerregelsatz von 19 Prozent, der im Jahr 2021 in Deutschland erhoben wurde, liegt im EU-Vergleich im unteren Bereich (s. a. Abbildung 5).
Fazit
Die Abgabenquote in Deutschland – d. h. das Verhältnis der Steuern und Sozialabgaben zum BIP – lag mit 38,3 Prozent im Jahr 2020 international im oberen Mittelfeld. Die tarifliche Besteuerung des Gewinns von Kapitalgesellschaften blieb im Jahr 2021 in Deutschland insgesamt knapp unter 30 Prozent. Der 2021 erhobene Umsatzsteuerregelsatz von 19 Prozent lag im EU-Vergleich im unteren Bereich. Im internationalen Umfeld blieben die Unternehmensteuersätze im Jahr 2021 weitgehend stabil. In verschiedenen Staaten wurden als Corona-Maßnahmen Verlustvor- und Verlustrückträge ausgeweitet.
Deutschland verfügt insgesamt über ein leistungsgerechtes und faires Steuersystem. Den Steuern und Abgaben steht ein breites Spektrum an öffentlichen Leistungen gegenüber. Die Bürgerinnen und Bürger profitieren vor allem von gut ausgebauten sozialen Sicherungssystemen und größtenteils gebührenfreier öffentlicher Infrastruktur (u. a. in Schulen, Hochschulen, zunehmend auch Kitas). Während der Corona-Pandemie zeigte sich die Leistungsfähigkeit des Staats insbesondere an einem im internationalen Vergleich gut ausgestatteten Gesundheitswesen und umfangreichen Unterstützungsmaßnahmen für Beschäftigte, Selbstständige und Unternehmen. Solide Staatsfinanzen und ein resilientes Steuersystem bildeten dafür die Grundlage. Aktuell hat die Bundesregierung auf die hohen Energiepreissteigerungen, nicht zuletzt infolge des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine, mit umfangreichen Entlastungsmaßnahmen reagiert, um die Folgen für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen abzumildern.
Unternehmen berücksichtigen bei der Standortauswahl neben dem Besteuerungsniveau auch die Leistungsseite eines Standorts, wie etwa Infrastruktur, Qualifikation der Fachkräfte, öffentliche Sicherheit und effiziente Verwaltung. Die deutschen Unternehmen sind in der Gesamtschau wettbewerbsfähig und erfolgreich auf den internationalen Märkten tätig.
Aktuell befindet sich Deutschland wirtschaftlich in schwierigem Fahrwasser: Eintrübungen bei den Erwartungen zum Wirtschaftswachstum in diesem Jahr gehen einher mit einer erhöhten Inflation. Es besteht das Risiko, dass die deutsche Volkswirtschaft in eine Situation der Stagflation gerät, also in eine Phase mit anhaltend geringem Wachstum und hoher Inflation. In diesem anspruchsvollen Umfeld braucht Deutschland eine zukunftsorientierte Finanzpolitik, die das Wachstum angebotsseitig stimuliert, ohne der Inflation zusätzlichen Auftrieb zu geben, und damit dem Risiko einer Stagflation entgegenwirkt.
Eine wichtige angebotsseitige Stellschraube ist die Steuerpolitik. Klug gesetzte steuerpolitische Rahmenbedingungen stärken die Möglichkeiten von Unternehmen, zu investieren, Innovationen voranzutreiben und in Wertschöpfung umzusetzen.
Diese Innovationen sind Deutschlands Produktivität von morgen. Gemeinsam mit einer soliden Finanzpolitik bilden sie eine wesentliche Grundlage, um wieder schnell finanzielle Puffer aufzubauen und damit auch in zukünftigen Krisensituationen in vollem Umfang handlungsfähig zu sein.
Fußnoten
- 1
- Die ausführliche Broschüre „Die wichtigsten Steuern im internationalen Vergleich 2021“ kann hier heruntergeladen werden.
- 2
- OECD (2022): Taxing Wages 2022