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  • Schlaglicht: Klimaschutz

    Im In­ter­view: Dr. Stef­fen Mey­er, Un­ter­ab­tei­lungs­lei­ter Ein­zel­ne Wirt­schafts­be­rei­che/So­zi­al­staat

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    Dr. Steffen Meyer, Unterabteilungsleiter für Grundsatzfragen einzelner Wirtschaftsbereiche/Sozialstaat; © Bundesministerium der Finanzen/photothek

    Deutschland will bis zum Jahr 2045 klimaneutral werden. Wie ermöglicht das BMF Klimaschutz?

    In der täglichen Politik nehmen Klimaschutzaspekte eine immer wichtiger werdende Rolle ein. Das BMF stellt hierbei die Finanzierung für Klimaschutzmaßnahmen sicher und vertritt neben haushaltspolitischen auch finanz- und steuerpolitische Aspekte in der Klimaschutzpolitik. Damit unterstützt das BMF maßgeblich die Bundesregierung bei der Umsetzung ihrer internationalen und nationalen Verpflichtungen und Politikziele, darunter auch die notwendige Transformation hin zu Klimaneutralität.

    So war z. B. in dieser Legislaturperiode das BMF aktiv an der Erarbeitung des Klimaschutzprogramms 2030, am Zukunftspaket im Rahmen des Corona-Konjunkturprogramms und an der Novelle des Klimaschutzgesetzes beteiligt. In eigener Federführung des BMF entstand zudem das im Juni 2021 beschlossene Klimaschutz-Sofortprogramm 2022, als Reaktion der Bundesregierung auf das Bundesverfassungsgerichtsurteil und die anschließende Klimaschutzgesetznovelle. Insgesamt hat das BMF in den vergangenen zwei Jahren fast 90 Mrd. € für Klimaschutz bereitgestellt – eine enorme Größenordnung, die den überaus wichtigen Stellenwert von Klimaschutz gegenwärtig und für die Zukunft abbildet.

    Aber auch das Ministerium als Behörde selbst und sein Geschäftsbereich beteiligen sich aktiv mit internen Maßnahmen am Klimaschutz. So hat sich die Bundesregierung im Klimaschutzprogramm 2030 selbst das Ziel gesetzt, Klimaneutralität in ihren Verwaltungen bis zum Jahr 2030 zu erreichen. Das BMF führt u. a. derzeit ein Umweltmanagementsystem (EMAS-Zertifizierung) ein.

    Vor allem die Wirtschaft wird vor große Herausforderungen gestellt. Wie kann das BMF einen klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft gezielt fördern?

    Einen wichtigen Baustein zur Erreichung der Klimaschutzziele stellt die Transformation der Wirtschaft dar, und wir unterstützen dies mit Investitionen in allen Sektoren und wichtigen Zukunftsbereichen. Unser Ziel ist, dass in den kommenden Jahren die Bürgerinnen und Bürger und die Wirtschaft von fossilen Technologien auf klimafreundliche Alternativen umsteigen können. Die Investitionen in den Schienenverkehr wurden deutlich erhöht, die Mehrwertsteuer auf Bahntickets wurde auf 7 Prozent gesenkt, die Mittel für den Ausbau des Nahverkehrs werden bis zum Jahr 2025 versechsfacht. Wir haben der E-Mobilität einen enormen Schub verpasst und den Ladesäulenausbau beschleunigt. Gleichzeitig haben wir die Mittel für die energetische Gebäudesanierung erhöht und die Förderung verbessert. Auch der Industriesektor steht in den kommenden Jahren vor enormen Herausforderungen. Der Staat wird die Transformation des Sektors umfassend unterstützen, damit neue Arbeitsplätze entstehen und Wertschöpfung in Deutschland erhalten bleibt. Wir unterstützen Investitionen in klimafreundliche Technologien – z. B. auf Basis von Wasserstoff – und sichern mit Klimaschutzverträgen, dass klimafreundlich produzierte Produkte weltmarktfähig werden. Zudem investieren wir in den Aufbau der Wasserstoffwirtschaft im industriellen Maßstab.

    Betrachten wir als Beispiel einmal die für Deutschland wichtige Automobilindustrie. Wie gestaltet sich die Förderung klimafreundlicher Prozesse in diesem Sektor konkret?

    Wir haben kürzlich das Ziel von 1 Mio. Elektrofahrzeugen auf Deutschlands Straßen erreicht. Zwar ein halbes Jahr später als ursprünglich geplant, aber die Entwicklung ist jetzt sehr dynamisch. Das wurde einerseits dadurch erreicht, dass der Staat die Anschaffung eines E-Autos mit bis zu 6.000 € unterstützt, aber auch andererseits dadurch, dass die deutsche Automobilindustrie mittlerweile ganz überwiegend auf Geschäftsmodelle mit Null-Emissionsfahrzeugen und insbesondere auf den batterieelektrischen Antrieb setzt.

    In dieser Transformation werden insbesondere kleine und mittlere Zuliefererunternehmen vor große Probleme gestellt, die größtenteils auf Komponenten für den Verbrenner, etwa Motorenteile oder Turbolader, spezialisiert sind. Wenn wir die Klimaziele erreichen wollen, wird deren Geschäft mit Komponenten für den Verbrennungsmotor in diesem Jahrzehnt stark zurückgehen. Um größere Jobverluste zu vermeiden, ist es deswegen entscheidend, diese Unternehmen bei der Transformation zu unterstützen. Die Umschulung und Qualifizierung der betroffenen Beschäftigten ist dabei eine wichtige Maßnahme.

    Mit dem Zukunftsfonds Automobilindustrie, der mit 1 Mrd. € ausgestattet ist, haben wir bei der Konzertierten Aktion Mobilität „Autogipfel“ im vergangenen Herbst einen Prozess aufgesetzt, der neben einer gezielten Förderung von Digitalisierungsvorhaben und Wertschöpfungsketten nicht zuletzt die Anliegen der (kleinen) Zulieferer, deren Beschäftigte und die betroffenen Regionen stärker in den Mittelpunkt rückt. Diese Regionen sind seit Generationen vom Autobau geprägt. Das Ziel des Zukunftsfonds Automobilindustrie ist es in diesem Zusammenhang, dass sich Unternehmen, Beschäftigte, Gewerkschaften, Wissenschaft und die regional Verantwortlichen an einen Tisch setzen und zusammen überlegen, mit welchen Strategien die Transformation am besten gelingen kann. Dadurch werden zukunftsorientierte Ansätze dafür entstehen, wie der Wandel in der Automobilindustrie durch eine vorausschauende Strukturpolitik flankiert werden kann. Der Förderaufruf wurde Ende Juni 2021 veröffentlicht. Das Interesse ist wie erhofft groß und es sind bereits vielversprechende Projektskizzen eingereicht worden.

    Um den Klimawandel zu bewältigen, sollten Länder auf der ganzen Welt an einem Strang ziehen. Dafür hat sich das Bundeskabinett mit dem Vorschlag für einen internationalen Klimaclub befasst. Was sind die Ziele dieser Initiative und wie soll diese Idee mit den internationalen Partnern Deutschlands vorangebracht werden?

    Das BMF hat in Zusammenarbeit mit anderen beteiligten Ressorts ein Konzept für einen internationalen Klimaclub entwickelt, das am 25. August 2021 im Kabinett besprochen worden ist. Ziel ist es, die internationale Kooperation zu intensivieren und zu verbessern, um den menschengemachten Klimawandel aufzuhalten und die notwendige Dekarbonisierung vor allem in der Industrie unter Wahrung von wettbewerbs- und handelspolitischen Gesichtspunkten voranzutreiben.

    Wir stehen derzeit zum Klimaclub mit einem fachlich wirklich herausragenden und ressortübergreifend arbeitenden Team im engen Austausch mit wichtigen Partnern aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft, aber auch mit internationalen Gremien wie der G7/G20, der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und dem Internationalen Währungsfonds. Wir streben dabei eine enge Kooperation mit interessierten Ländern und Institutionen an, um den Klimaclub erfolgreich in der Staatengemeinschaft zu integrieren und gemeinsam unsere gesetzten Ziele zu erreichen. Angedacht ist es auch, den Klimaclub im Rahmen eines Side-Events bei der UN-Klimakonferenz 2021 (UNFCCC COP 26) in Glasgow vorzustellen. Bei der kommenden deutschen G7-Präsidentschaft nächstes Jahr soll der Klimaclub entsprechend der bisherigen Planung als Schwerpunktthema u. a. auch für das Treffen der G7-Finanzministerinnen und -Finanzminister eine Rolle einnehmen.

    Beruflich setzen Sie sich täglich damit auseinander, klimafreundliche Politik zu ermöglichen. Was können denn die einzelnen Bürgerinnen und Bürger ohne viel Aufwand für mehr Klimaschutz tun und was setzen Sie persönlich um?

    Aus meiner Sicht ist es essenziell, dass Klimaschutz als gemeinsame Zukunftsaufgabe gesellschaftlich akzeptiert wird. In den vergangenen ein oder zwei Jahren ist hierzu eine enorme Dynamik entstanden. Dies spiegelt sich derzeit auch in vielen Umfragen wider, bei denen Klimaschutz von Bürgerinnen und Bürgern sehr oft sogar als wichtigstes Politikfeld genannt wird. Diese Dynamik kann jetzt erfolgreich dazu beitragen, dass insbesondere auch lang bestehende Hemmnisse und Hürden auf dem Weg zur Klimaneutralität beseitigt werden. Dabei sind neben der Politik und der Regierung gerade auch Wirtschaft und Zivilgesellschaft gefragt, aktiv mit Maßnahmen zum Klimaschutz beizutragen. Gelänge es z. B., dass Bürgerinnen und Bürger vor Ort häufiger im besten gesamtgesellschaftlichen Verständnis der Bedeutung des Klimaschutzes die Genehmigung eines Windrads, eines Bahngleises oder eine Stromtrasse rascher unterstützten, so könnte ein erheblicher zusätzlicher Schwung auf dem Weg zu Klimaneutralität entstehen.

    Und natürlich können die einzelnen Bürgerinnen und Bürger ganz persönlich vieles bewirken; in der Summe können so auch kleinere Maßnahmen erhebliche Treibhausgasminderungen mit sich bringen. Die Beispiele sind bekannt, sei es, statt mit dem Auto auch bestimmte Strecken per Fahrrad oder mit dem öffentlichen Personennahverkehr zurücklegen, die Bahn statt das Flugzeug zu nehmen, weniger weit gereiste Lebensmittel zu kaufen, Elektrogeräte nicht auf Standby zu belassen, sondern richtig auszuschalten, und Dokumente elektronisch zu lesen, statt sie auszudrucken. Die Liste könnte man noch lange fortführen. Die Politik kann hier umwelt- und klimabewusstes Verhalten der Bürgerinnen und Bürger durch eine sachgerechte Aufklärung, Beratung und Informationsweitergabe unterstützen. Und dann kommt es darauf an, dass die Bürgerinnen und Bürger diese Impulse in ihr Leben integrieren und umsetzen. Wenn man sich dabei vergegenwärtigt, dass man gerade einen kleinen Beitrag für eine lebenswertere Umwelt leistet, dann kann das auch richtig Spaß machen.

    Steffen Meyer im Treppenhaus des Detlev-Rohwedder-Hauses BildVergroessern
    Dr. Steffen Meyer, Unterabteilungsleiter für Grundsatzfragen einzelner Wirtschaftsbereiche/Sozialstaat; © Bundesministerium der Finanzen/photothek

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