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    Jah­res­wirt­schafts­be­richt 2021 im Zei­chen der Co­ro­na-Kri­se

    • Infolge der Corona-Pandemie geriet die deutsche Wirtschaft im Jahr 2020 in eine schwere Rezession. Zwar dürfte sich die zum Jahreswechsel unterbrochene wirtschaftliche Erholung im Jahresverlauf 2021 fortsetzen, das Vorkrisenniveau der Wirtschaftsleistung dürfte jedoch erst Mitte 2022 wieder erreicht werden.
    • Die Bundesregierung hat mit umfangreichen Hilfsmaßnahmen auf die Krise reagiert. Dafür schöpfte sie die aufgrund der soliden Finanzpolitik der vergangenen Jahre bestehenden finanziellen Spielräume voll aus. Zudem wurde die für wirtschaftliche Ausnahmesituationen vorgesehene sogenannte Notfallklausel der Schuldenregel aktiviert, um weitere Unterstützung zu gewährleisten.
    • Die Bewältigung der sich aus der Corona-Pandemie ergebenden wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belastungen steht zurzeit im Fokus der Steuerpolitik. Daher stehen aktuell Maßnahmen im Mittelpunkt, die Beschäftigte und ihre Arbeitsplätze sowie Unternehmen und Selbstständige vor den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie schützen und eine schnelle Erholung ermöglichen.
    • Eine wirksame Bekämpfung der Pandemie und ihrer wirtschaftlichen Auswirkungen kann nur gemeinsam in Europa gelingen. Angesichts der historischen Krise hat sich die Europäische Union (EU) neben dem regulären Haushaltsrahmen zudem auf das temporäre Aufbauinstrument (Next Generation EU) mit einem Volumen von 750 Mrd. € in Form von Zuschüssen und Krediten geeinigt.
    • Die Finanzmärkte haben sich in der Corona-Pandemie bisher als robust erwiesen; hier zeigen nicht zuletzt die konsequenten Reformen der Finanzmarktregulierung nach der globalen Finanzkrise 2009 Wirkung.

    Einleitung

    Die Bundesregierung legt gemäß § 2 des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft jährlich den Jahreswirtschaftsbericht vor. Sie stellt damit auch gesamtwirtschaftliche Orientierungsdaten für das entsprechende Jahr zur Verfügung und nimmt zum Jahresgutachten des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung Stellung.

    Der diesjährige Jahreswirtschaftsbericht der Bundesregierung trägt den Titel „Corona-Krise überwinden, wirtschaftliche Erholung unterstützen, Strukturen stärken“ und wurde am 27. Januar 2021 vom Bundeskabinett beschlossen. Vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Herausforderungen durch die Corona-Pandemie werden nachfolgend die Haushalts- und Steuerpolitik sowie die Europa- und Finanzmarktpolitik der Bundesregierung in Auszügen dargestellt.1

    Die Krise bewältigen, Strukturwandel weiter angehen

    Die Bundesregierung hat auch auf die massiven wirtschaftlichen Herausforderungen durch die Corona-Pandemie umfassend und schnell reagiert (vergleiche Abbildung 1). Darüber hinaus nimmt die Wirtschaftspolitik die transformativen Herausforderungen ebenso in den Blick, um den Strukturwandel erfolgreich zu gestalten.

    Corona-Pandemie unterbricht wirtschaftlichen Aufwärtstrend

    Infolge der Corona-Pandemie geriet die deutsche Wirtschaft in eine schwere Rezession, deren Ausmaß vergleichbar mit dem Wirtschaftseinbruch infolge der globalen Finanzkrise des Jahres 2009 ist. Im Jahr 2020 ging das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 5 Prozent zurück (-5,7 Prozent im Jahr 2009). Nach einem historischen Einbruch der Wirtschaftsleistung im 2. Quartal 2020 nahm die Konjunktur im Zuge des geringeren Infektionsgeschehens und der schrittweisen Rücknahme der Einschränkungen wieder spürbar Fahrt auf. Aufgrund stark steigender Infektionszahlen in den Wintermonaten 2020 und einer deutlichen Verschärfung der Eindämmungsmaßnahmen kam die Erholung jedoch zu einem Halt und dürfte sich erst ab dem Frühjahr 2021 bei Stabilisierung der gesundheitspolitischen Lage wieder fortsetzen. Für das laufende Jahr wird insgesamt mit einem Wachstum von 3,0 Prozent gerechnet. Das Vorkrisenniveau dürfte die deutsche Wirtschaft jedoch erst zur Mitte des Jahres 2022 wieder erreichen. Die weitere Entwicklung wird weiterhin maßgeblich vom Pandemieverlauf beeinflusst.

    Volumen der Coronamaßnahmen des Bundes 2020 bis 2021

    in Mrd.

    Das Balkendiagramm veranschaulicht das Volumen der Coronamaßnahmen des Bundes 2020 bis 2021.
    [1] Im Ersten und Zweiten Nachtragshaushalt 2020 beziehungsweise im Soll 2021 berücksichtigte Belastungen ohne steuerliche Maßnahmen. [2] Inklusive steuerlicher Maßnahmen des Konjunkturpakets. [3] Ohne Garantieabsicherung.
    null2020 Soll in der Fassung des Zweiten Nachtrags zum Bundeshaushalt 20202021 Soll
    Gesamtausgaben des Bundes508,53498,62
    davon: Haushaltwirksame Corona-Maßnahmen [1]150,9128,1
    Erwartete Belastungen des Bundeshaushalts durch Steuermindereinnahmen [2]46,227,3
    Wirtschaftsstabilisierungsfonds [3]2000
    Abbildung 1

    Den Schock abfedern

    Um geschädigten Unternehmen durch die Krise zu helfen, wurde eine Reihe von Zuschuss- und Kreditprogrammen aufgesetzt. Zur Stärkung ihrer Liquidität können Unternehmen durch das KfW-Sonderprogramm 2020 Kredite im benötigten Umfang vergeben werden. Die Bürgschafts- und Garantieprogramme der Bürgschaftsbanken und das Großbürgschaftsprogramm des Bundes wurden erweitert, um Unternehmen die Kreditaufnahme zu erleichtern und die Eigenkapitalbasis kleiner und mittlerer Unternehmen zu stärken. Zudem hat die Bundesregierung mit dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds ein Instrument geschaffen, um Liquiditätsengpässen entgegenzuwirken und die Kapitalbasis von größeren oder solcher Unternehmen zu stärken, deren Bestandsgefährdung erhebliche Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Deutschland hätte. Des Weiteren werden Start-ups und kleine Mittelständler durch ein zielgerichtetes Paket unterstützt.

    1,8 Millionen Soloselbstständige und Kleinstunternehmen mit bis zu zehn Beschäftigten haben im Rahmen der Soforthilfe schnell und unbürokratisch Zuschüsse von insgesamt über 13,4 Mrd. € erhalten. Die auf drei Monate befristete Soforthilfe wurde im Juni 2020 von der Überbrückungshilfe abgelöst, um die von den Auswirkungen der Pandemie besonders betroffenen Unternehmen und Selbstständigen noch zielgerichteter zu unterstützen. In zwei Programmphasen haben vor allem kleine und mittlere Unternehmen sowie Soloselbstständige auf Antrag Zuschüsse des Bundes für ihre betrieblichen Fixkosten erhalten. In einer dritten Programmphase gewährt die Bundesregierung ab Januar 2021 eine neue angepasste Unterstützung für besonders betroffene Branchen. Im November 2020 wurden zudem jene Betriebe unterstützt, die von erforderlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie betroffen waren („Novemberhilfe“). Diese außerordentliche Wirtschaftshilfe wurde als „Dezemberhilfe“ für die Dauer der Schließungen im Dezember verlängert.

    Darüber hinaus hat die Bundesregierung weitere Maßnahmen ergriffen, um die Liquidität von Unternehmen zu verbessern und sie damit krisenfester zu machen. Dazu gehören beispielsweise die umfangreichen Maßnahmen des Zweiten Corona-Steuerhilfegesetzes vom 29. Juni 2020, die Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Kurzarbeit sowie auch die befristete Möglichkeit, Steuern und Sozialversicherungsbeiträge vereinfacht zu stunden. Durch die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wurde besonders stark betroffenen Unternehmen zusätzliche Zeit eingeräumt, um auf die Krise zu reagieren, und ein Zeitfenster geschaffen, um die staatlichen Hilfsmaßnahmen wirken zu lassen.

    Der starke Rückgang wirtschaftlicher Aktivitäten in einzelnen Branchen hat teils zu massiven Gewinneinbrüchen von Unternehmen und Einkommenseinbußen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie Selbstständigen geführt. Als Reaktion darauf hat die Bundesregierung den Zugang zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vorübergehend wesentlich vereinfacht. Davon können auch Selbstständige profitieren, sofern ihr Lebensunterhalt nicht anderweitig gesichert ist. Um die Folgen für sozialversicherungspflichtig Beschäftigte abzufedern und einen massiven Anstieg der Arbeitslosigkeit zu verhindern, hat die Bundesregierung die Bedingungen für die Inanspruchnahme von Kurzarbeitergeld spürbar verbessert. Dadurch konnten Einkommensverluste in vielen Fällen gemindert werden.

    Die wirtschaftliche Belebung unterstützen

    Mit Beendigung der Ausnahmesituation, die aufgrund der gesundheitspolitischen Einschränkungen während der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 bestanden hatte, unterstützte die Bundesregierung die darauffolgende wirtschaftliche Belebung durch gezielte Maßnahmen. Dazu hat sie im Juni 2020 ein umfangreiches Konjunkturprogramm mit einem Volumen von rund 180 Mrd. € beschlossen. Vordringlichste Prioritäten des Konjunkturprogramms sind die Sicherung von Arbeitsplätzen und die Stabilisierung der Wirtschaft. Darüber hinaus enthält das Programm insbesondere auch Maßnahmen zur Stärkung von Investitionen, um anstehende strukturelle Herausforderungen entschlossen anzugehen.

    Damit die Maßnahmen zur Krisenbewältigung möglichst schnell wirken konnten, hat die Bundesregierung in vielen Fällen auf bestehenden Hilfs- und Förderprogrammen aufgebaut. Dies beschleunigt nicht nur die Umsetzung, sondern verbessert oft auch die Zielgenauigkeit der Hilfe. Durch die Befristung vieler Maßnahmen wird zudem ein gezielter Konjunkturimpuls gesetzt.

    Zur Stimulierung der Konsumnachfrage hat die Bundesregierung mithilfe verschiedener Instrumente die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte gestärkt. Dazu gehörte insbesondere die bis Ende des Jahres 2020 befristete Senkung der Umsatzsteuersätze. Darüber hinaus wurde für jedes im Jahr 2020 kindergeldberechtigte Kind ein einmaliger Kinderbonus ausgezahlt und der steuerliche Entlastungsbetrag für Alleinerziehende erhöht. Eine zweite Gruppe von Maßnahmen richtet sich primär an die Unternehmen. Die Sozialversicherungsbeiträge wurden durch eine Sozialgarantie bis 2021 bei maximal 40 Prozent stabilisiert und die EEG-Umlage durch Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt begrenzt. Um trotz der Krisensituation die Investitionsanreize für Unternehmen zu stärken, hat die Bundesregierung die Möglichkeit einer degressiven Abschreibung beweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens geschaffen, die in den Jahren 2020 und 2021 angeschafft oder hergestellt wurden. Zudem wurde die steuerliche Forschungsförderung ausgeweitet.

    Darüber hinaus werden im Rahmen des Konjunkturprogramms kleine und mittlere Unternehmen, die trotz der finanziellen Belastungen durch die Krise weiter Ausbildungsplätze anbieten, mit Prämien belohnt. Die Länder und Kommunen werden durch die Folgen der Corona-Pandemie fiskalisch belastet; insbesondere entgehen ihnen wichtige Einnahmen. Damit sie angesichts der derzeitigen Herausforderungen handlungsfähig bleiben und wichtige Zukunftsinvestitionen tätigen können, wurden Entlastungsmaßnahmen der Vorjahre fortgeführt und zielgerichtet gestärkt.

    Angesichts der globalen Natur der Krise hat sich Deutschland auch international – insbesondere im Rahmen der G7 und G20 – für eine gemeinsame wirtschaftspolitische Krisenantwort eingesetzt und macht sich weiter für eine nachhaltige und digitale wirtschaftliche Erholung stark. Die Corona-Pandemie kann nur global bekämpft werden. Deswegen setzt sich Deutschland für eine weltweite und faire Verteilung von Impfstoffen, Therapeutika und Diagnostika ein.

    Aktuelle Entwicklungen: Beschlüsse des Koalitionsausschusses vom 3. Februar 2021

    Die Corona-Pandemie wird die Wirtschaft und die privaten Haushalte noch auf absehbare Zeit belasten. In seiner Sitzung am 3. Februar 2021 hat sich der Koalitionsausschuss deshalb auf weitere Corona-Hilfen für Unternehmen, insbesondere der Gastronomie- und Kulturbranche, sowie für einkommensschwache Haushalte und Familien verständigt.

    Um Unternehmen mit zusätzlicher Liquidität zu versorgen, ist eine Anhebung des geltenden steuerlichen Verlustrücktrags für die Jahre 2020 und 2021 auf maximal 10 Mio. € € beziehungsweise 20 Mio. € bei Zusammenveranlagung geplant. Gastronomiebetriebe sind von der anhaltenden Krise besonders betroffen und können aufgrund der gesundheitspolitischen Maßnahmen ihr Geschäft nur eingeschränkt betreiben. Der Umsatzsteuersatz für Speisen in der Gastronomie soll daher über den 30. Juni 2021 hinaus und bis zum 31. Dezember 2022 befristet auf den ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent gesenkt werden. Gleichermaßen ist auch der Kulturbereich von den Einschränkungen durch die Krise besonders betroffen. Deshalb sieht der Beschluss des Koalitionsausschusses ein Anschlussprogramm für das Hilfsprogramm „Neustart Kultur“ in Höhe von weiteren 1 Mrd. € vor.

    Auch einkommensschwache Haushalte sowie Familien sind durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie in besonderem Maße belastet. Daher einigte sich der Koalitionsausschuss darauf, Erwachsenen, welche die Grundsicherung beziehen, aufgrund notwendiger pandemiebedingter Mehraufwendungen – etwa für den Kauf medizinischer Schutzmasken – eine einmalige Sonderzahlung in Höhe von 150 € zu gewähren. Darüber hinaus soll Familien ein einmaliger Kinderbonus in Höhe von 150 € pro kindergeldberechtigtem Kind ausgezahlt werden. Dieser Bonus wird mit dem steuerlichen Kinderfreibetrag verrechnet und nicht auf die Grundsicherung angerechnet. Zudem wird eine Verlängerung des vorübergehend vereinfachten Zugangs zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II bis zum 31. Dezember 2021 angestrebt, um krisenbedingt in Not geratenen Selbstständigen und Beschäftigten mit kleinen Einkommen weiterhin eine Absicherung zu bieten.

    Die zentralen Zukunftsherausforderungen und den Strukturwandel angehen

    Neben der Bewältigung der Folgen der Corona-Krise sind die langfristigen Herausforderungen Klimawandel, Digitalisierung und demografischer Wandel im vergangenen Jahr noch stärker in den Fokus gerückt. Es gilt zudem, die Resilienz der Wirtschaft durch strukturelle Reformen langfristig zu erhöhen. Um diese Herausforderungen erfolgreich zu meistern, setzt die Bundesregierung darauf, Wachstumskräfte zu stärken, und zwar insbesondere durch ein zukunftsorientiertes und faires Steuersystem, flexible Regelungen am Arbeitsmarkt bei gleichzeitiger Sicherstellung eines hinreichenden Arbeitnehmerschutzes sowie den weiteren Abbau von Bürokratie.

    Mit der Einführung des nationalen Emissionshandels ab 2021 hat die Bundesregierung in den vergangenen Jahren bereits entscheidende Weichen auf dem Weg zu einer klimaneutralen Wirtschaft gestellt. Noch dazu beschloss die Bundesregierung mit dem Klimaschutzprogramm 2030 im Jahr 2019 die Bereitstellung von Mitteln für klimaschutzrelevante Maßnahmen in Höhe von rund 55 Mrd. € für den Zeitraum 2020 bis 2023. Ziel ist es auch weiterhin, Anreize für Investitionen in klimafreundliche Produkte und Innovationen zu schaffen und die deutsche Wirtschaft somit zukunftsfest zu machen.

    An den Bestrebungen, den Strukturwandel zu begleiten und zu gestalten, hält die Bundesregierung auch in der gegenwärtigen Krise fest. Mit dem Zukunftspaket des Konjunkturprogramms mit einem Volumen von rund 50 Mrd. € wurden – ergänzend zu den kurzfristigeren Konjunkturmaßnahmen und Krisenhilfen – konkrete Maßnahmen für zusätzliche öffentliche Investitionen in insbesondere Klimaschutz, Energiewende, Mobilität und Digitalisierung beschlossen. Diese Investitionen stärken die Innovationsfähigkeit mittel- und langfristig und fördern somit die künftige wirtschaftliche Entwicklung. Das Zukunftspaket enthält weitere zweistellige Milliardenbeiträge für den Klimaschutz, u. a.Mrd. € für die Umsetzung der Nationalen Wasserstoffstrategie und insgesamt rund 2 Mrd. € für die Aufstockung des CO2-Gebäudesanierungsprogramms und des Marktanreizprogramms für Wärme aus erneuerbaren Energien. Die Konditionen der klimaschutzrelevanten Förderprogramme wurden für Antragsteller auf kommunaler Ebene zudem attraktiver gestaltet, um die Inanspruchnahme zu erhöhen.

    Haushaltspolitisch angemessen und verantwortungsvoll auf die Krise reagieren

    Die Bundesregierung hat mit umfangreichen fiskalischen Maßnahmen auf die Herausforderungen der Corona-Pandemie reagiert und damit auch nach Ansicht des Sachverständigenrats zur Stabilisierung der Wirtschaft beigetragen. Sie konnte dabei Spielräume nutzen, die sie mit der soliden Finanzpolitik der vergangenen Jahre erarbeitet hat: Im Jahr 2019 lag die Verschuldung des Gesamtstaats erstmals seit 2002 wieder unter dem Maastricht-Referenzwert von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Die Finanzpolitik zur Stabilisierung der Wirtschaft setzt die Bundesregierung auch im Jahr 2021 fort, solange es die Corona-Krise erforderlich macht.

    Im Jahr 2020 hat die Bundesregierung mit zwei Nachtragshaushalten die erforderlichen haushaltsrechtlichen Voraussetzungen für die Finanzierung der Maßnahmen zur unmittelbaren Krisenbewältigung und der Maßnahmen des Konjunkturprogramms geschaffen. Dies führte zu der bisher höchsten Nettokreditaufnahme des Bundes in Höhe von rund 130 Mrd. €. Mit Beschluss der Nachtragshaushalte durch den Deutschen Bundestag musste die Ausnahmeregelung des Grundgesetzes für außergewöhnliche Notsituationen aktiviert werden. Gleichzeitig hat der Deutsche Bundestag auch einen Tilgungsplan verabschiedet. Dieser verpflichtet die Bundesregierung, die über die Grenzen der Schuldenregel hinaus aufgenommenen Kredite über 20 Jahre ab dem Jahr 2023 zurückzuführen.

    Ausnahmeregelung des Grundgesetzes

    Die im Grundgesetz verankerte Schuldenregel legt die maximal zulässige Nettokreditaufnahme des Bundes gemäß dem Grundsatz eines (strukturell) ausgeglichenen Haushalts fest. Sie enthält eine Ausnahmeregelung (Art. 115 Abs. 2 Satz 6 und 7 Grundgesetz (GG); § 6 Art. 115 GG) zur Sicherung der Handlungsfähigkeit des Staates in Sondersituationen. Die verfassungsrechtlichen Kreditgrenzen dürfen nur im Falle von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen überschritten werden, die sich der staatlichen Kontrolle entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen. Normale zyklische Abschwünge stellen keine Situation dar, die eine Ausnahme rechtfertigen. Eine Inanspruchnahme der Ausnahmeregelung kann ausschließlich der Deutsche Bundestag per Mehrheitsbeschluss herbeiführen. Zudem muss der Deutsche Bundestag in diesem Fall einen Tilgungsplan verabschieden, der die Rückführung der oberhalb der Regelgrenze der Vorgaben der Schuldenregel liegenden Nettokreditaufnahme innerhalb eines angemessenen Zeitraums vorsieht. Für weitere Details siehe den Artikel „Sollbericht 2021 – Ausgaben und Einnahmen des Bundeshaushalts“ in diesem Monatsbericht.

    Auch der Bundeshaushalt 2021 ist von den Erfordernissen der Corona-Pandemie geprägt. Die umfangreichen Maßnahmen, die im Hinblick auf die Bekämpfung der Pandemie weiterhin geboten sind, machen im Haushaltsjahr 2021 erneut eine außergewöhnlich hohe Nettokreditaufnahme in Höhe von rund 180 Mrd. € im Soll erforderlich. Auch für den Bundeshaushalt 2021 hat der Deutsche Bundestag beschlossen, dass nach wie vor eine außergewöhnliche Notsituation besteht, welche das erneute Überschreiten der Kreditobergrenze nach Art. 115 Abs. 2 GG begründet.

    Um die Grundlagen für künftiges Wachstum langfristig und nachhaltig zu stärken, setzt die Bundesregierung weiterhin wichtige investive Akzente vor allem für einen grünen und digitalen Wandel. Die Investitionsausgaben in haushälterischer Abgrenzung belaufen sich im laufenden Haushaltsjahr auf rund 61,9 Mrd. € (vergleiche Abbildung 2) und werden im Finanzplanungszeitraum auf einem Niveau von rund 48 Mrd. € jährlich stabilisiert, das erheblich über dem Vorkrisenniveau liegt. Hürden wie Planungs- und Verwaltungskapazitäten sowie Regulierungen, die einer zeitnahen Umsetzung von öffentlichen Investitionen entgegenstehen, werden sowohl im Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket als auch im Zukunftspaket adressiert.

    Säulendiagramm: Investitionsausgaben des Bundes, 2019 - 2024 Bild vergrößern
    Abbildung 2

    Aufgrund der stark expansiven Finanzpolitik und der durch die erheblichen Wachstumseinbußen bedingten Steuermindereinnahmen wies der Bund (einschließlich seiner Extrahaushalte) im vergangenen Jahr in Abgrenzung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen nach ersten Berechnungen des Statistischen Bundesamts ein Finanzierungsdefizit in Höhe von 98,3 Mrd. € aus und trug somit deutlich zum gesamtstaatlichen Finanzierungsdefizit in Höhe von 158,2 Mrd. € bei. Bedingt durch das hohe Finanzierungsdefizit des Staatshaushalts, Bestandsveränderungen durch Garantieübernahmen und das niedrigere BIP ist die Maastricht-Schuldenquote zum Ende des Jahres 2020 auf voraussichtlich 70 Prozent des BIP angestiegen und hat damit die Maastricht-Obergrenze von 60 Prozent des BIP wieder überschritten.

    Die Finanzpolitik bleibt im Jahr 2021 expansiv ausgerichtet. Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Schuldenquote 2021 nochmals steigen wird, und zwar auf 72 ½ Prozent des BIP. Die Wirkung des hohen Staatsdefizits auf die Schuldenstandsquote wird dabei zum Teil kompensiert durch das erwartete Wirtschaftswachstum. In den folgenden Jahren wird die Schuldenquote dann aller Voraussicht nach kontinuierlich zurückgehen. Zu diesem erwarteten Rückgang dürften die sich erholende wirtschaftliche Entwicklung, die Rückkehr zu einer geringeren Neuverschuldung und die anhaltend niedrigen Zinsen beitragen. Im Jahr 2024 wird die Schuldenquote voraussichtlich bei 68 ¾ Prozent des BIP liegen.

    Gute Rahmenbedingungen für die wirtschaftliche Erholung sicherstellen

    Gezielte steuerliche Maßnahmen tragen dazu bei, die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie für Bürgerinnen und Bürger, Selbstständige und Unternehmen abzufedern. Sie ergänzen die umfassenden steuerlichen Maßnahmen dieser Legislaturperiode, die neben Unternehmen insbesondere Familien sowie Bürgerinnen und Bürger mit kleinen und mittleren Einkommen finanziell besserstellen. Allein durch das Zweite Gesetz zur steuerlichen Entlastung von Familien sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen und die Änderung beim Solidaritätszuschlag werden Einkommensteuerpflichtige 2021 um gut 17 Mrd. € und 2022 um gut 22 Mrd. € entlastet. Dies sind die größten unbefristeten Steuersenkungen der vergangenen Jahrzehnte. Steuerpolitische Handlungsschwerpunkte bleiben u. a. auch die fortlaufenden Aufgaben im Bereich der Steuervereinfachung und der Modernisierung des Steuervollzugs sowie die Stärkung der Steuergerechtigkeit im nationalen und internationalen Rahmen.

    Die Bundesregierung hat als unmittelbare Reaktion auf die Corona-Pandemie bereits im März 2020 eine Reihe steuerlicher Maßnahmen ergriffen, um Arbeitsplätze zu schützen und Unternehmen zu unterstützen. Die Möglichkeiten zur Stundung von Steuerzahlungen wurden verbessert und die Herabsetzung von Ertragsteuer-Vorauszahlungen wurde erleichtert. Mit dem Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Pandemie („Corona-Steuerhilfegesetz“) werden besonders betroffene Akteure unterstützt. Arbeitgeberzuschüsse zum Kurzarbeitergeld und zum Saison-Kurzarbeitergeld werden unter bestimmten Bedingungen bei den Beschäftigten steuerfrei gestellt. Darüber hinaus können Arbeitgeber ihren Beschäftigten Beihilfen und Unterstützungen zur Abmilderung der zusätzlichen Belastungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie bis zu einem Betrag von 1.500 € in der Zeit vom 1. März 2020 bis 30. Juni 2021 steuer- und sozialversicherungsfrei auszahlen oder als Sachlohn gewähren, sofern die Beihilfen und Unterstützungen zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistet werden.

    Das Zweite Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Pandemie („Zweites Corona-Steuerhilfegesetz“) bündelt überwiegend kurzfristig wirksame steuerliche Maßnahmen zur Stärkung der Kaufkraft und konjunkturellen Erholung. Hervorzuheben sind insbesondere die befristete Senkung des Umsatzsteuersatzes von 19 Prozent auf 16 Prozent beziehungsweise des ermäßigten Satzes von 7 Prozent auf 5 Prozent, der einmalige Kinderbonus von 300 € und die befristete Erhöhung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende um 2.100 € auf 4.008 €. Diese Maßnahme wurde durch das Jahressteuergesetz 2020 entfristet. Darüber hinaus wurden die Höchstbeträge für den steuerlichen Verlustrücktrag für die Jahre 2020 und 2021 angehoben und ein Mechanismus eingeführt, um den Verlustrücktrag für 2020 schon mit der Steuererklärung 2019 unmittelbar nutzbar und finanzwirksam zu machen. Weitere zentrale Maßnahmen sind die befristete Einführung einer degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die in den Jahren 2020 und 2021 angeschafft oder hergestellt werden, sowie die Ausweitung der steuerlichen Forschungszulage bis 2026. Dauerhaft werden die Steuerermäßigung bei Einkünften aus Gewerbebetrieb (§ 35 Einkommensteuergesetz) verbessert, der Freibetrag für die Hinzurechnungstatbestände bei der Gewerbesteuer verdoppelt und die Fälligkeit der Einfuhrumsatzsteuer zeitlich hinausgeschoben.

    Mit dem Zweiten Gesetz zur steuerlichen Entlastung von Familien sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen („Zweites Familienentlastungsgesetz“) werden das Kindergeld ab dem 1. Januar 2021 um weitere 15 € pro Kind und Monat angehoben und der steuerliche Kinderfreibetrag entsprechend angepasst. Damit wird die im Koalitionsvertrag für diese Legislaturperiode beschlossene Erhöhung des Kindergelds um insgesamt 25 € pro Kind und Monat abschließend umgesetzt. Ferner wird der Einkommensteuertarif ab dem Jahr 2021 durch Anhebung des Grundfreibetrags und Verschiebung der übrigen Tarifeckwerte angepasst. Damit wird die verfassungsrechtlich gebotene Freistellung des steuerlichen Existenzminimums gewährleistet und Effekte der kalten Progression auf tariflicher Ebene werden ausgeglichen.

    Das Jahressteuergesetz 2020 umfasst steuerliche Maßnahmen zur Kurzarbeit und verbilligten Wohnraumüberlassung. Investitionen kleinerer und mittlerer Unternehmen werden durch eine verbesserte und zielgenauere Ausgestaltung der Investitionsabzugsbeträge und Sonderabschreibungen steuerlich stärker gefördert. Darüber hinaus ist mit diesem Gesetz u. a. auch eine befristete Homeoffice-Pauschale eingeführt worden. Für die Jahre 2020 und 2021 kann für jeden Tag, an dem die oder der Steuerpflichtige ausschließlich zu Hause betrieblich oder beruflich tätig wird, ein pauschaler Betrag von 5 € – maximal 600 € im Jahr – als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden.

    Darüber hinaus wird die Bundesregierung für Investitionen in bestimmte digitale Wirtschaftsgüter ab dem Veranlagungszeitraum 2021 die steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten verbessern.

    Europa auf einen nachhaltigen Wachstumspfad führen, Finanzmärkte stabil gestalten

    Die Bewältigung der Auswirkungen der Corona-Krise erfordert auch auf europäischer Ebene eine abgestimmte und solidarische Herangehensweise. Dabei ist wichtig, dass die europäischen Mitgliedstaaten gestärkt aus der Krise hervorgehen.

    Wirtschaftlichen Folgen der Pandemie gemeinsam begegnen

    Konfrontiert mit den großen wirtschaftlichen Herausforderungen der Corona-Pandemie haben die EU und ihre Mitgliedstaaten umgehend und solidarisch gehandelt. Die Bundesregierung hat sich dabei für ein gemeinsames Vorgehen eingesetzt und daran mitgewirkt, dass die EU wirksame Kriseninstrumente aufgebaut hat. Die EU-Kommission hat den Rechtsrahmen für staatliche Beihilfen angepasst, die allgemeine Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts wurde aktiviert, Mitgliedstaaten können Hilfe aus dem Solidaritätsfonds der Europäischen Union erhalten und der Rechtsrahmen für die Europäischen Kohäsionsfonds wurde angepasst, um den Mitgliedstaaten sofortige Liquidität bereitzustellen. Auf die Sofortmaßnahmen folgte der Schutzschild für Staaten, Unternehmen und Arbeitnehmer. Er umfasst drei Elemente:

    1. die Schaffung einer angepassten vorsorglichen Kreditlinie (Pandemic Crisis Support Instrument, PCSI) beim Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM),
    2. den Paneuropäischen Garantiefonds der Europäischen Investitionsbank (EIB) und
    3. das neue Instrument zur vorübergehenden Unterstützung bei der Minderung von Arbeitslosigkeitsrisiken in Ausnahmesituationen (Support to mitigate Unemployment Risks in an Emergency, SURE).

    Mit einem Gesamtvolumen von über 500 Mrd. € stellen diese Maßnahmen eine kraftvolle gemeinsame europäische Antwort auf die Pandemie dar.

    Im Dezember 2020 wurde der Mehrjährige Finanzrahmen (MFR) der EU 2021-2027 mit einem Volumen von 1.074,3 Mrd. € verabschiedet. Dabei sollen 30 Prozent der Ausgaben in den Klimaschutz investiert werden. Ebenfalls im Dezember 2020 hat der Rat der Europäischen Union die Verordnung für das temporäre Aufbauinstrument Next Generation EU (NGEU) erlassen, dessen Finanzierung im Eigenmittelbeschluss vom 14. Dezember 2020 geregelt ist. Über NGEU sollen EU-Ausgabeprogrammen bis Ende 2023 Mittel in Höhe von insgesamt 750 Mrd. € (390 Mrd. € Zuschüsse und 360 Mrd. € Kredite) zugewiesen werden. Zentrales NGEU-Ausgabeprogramm ist die Aufbau- und Resilienzfazilität (Recovery and Resilience Facility, RRF) mit einem Volumen von 672,5 Mrd. € (312,5 Mrd. € Zuschüsse und 360 Mrd. € Kredite). Impulse für die regionale Strukturpolitik leisten ferner die Programme ReactEU mit einem Anteil von 47,5 Mrd. € am NGEU sowie der Fonds für einen gerechten Übergang mit einem Anteil von 10 Mrd. € zuzüglich 7,5 Mrd. € aus dem MFR. Mit dem Programm InvestEU, das zusätzlich zu den 5,6 Mrd. € aus NGEU mit 4,2 Mrd. € aus dem MFR ausgestattet ist, werden zusätzliche private und öffentliche Investitionen mobilisiert.2

    Das Aufbauinstrument NGEU wird einen wichtigen Beitrag zur Widerstandsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Volkswirtschaften leisten und soll insbesondere Investitionen in Digitalisierung und Klimaschutz unterstützen. Innerhalb des Aufbauinstruments wird die RRF das Schlüsselinstrument sein, um durch Reformen und Investitionen nachhaltiges und inklusives Wachstum zu fördern und die Widerstandsfähigkeit der EU-Volkswirtschaften zu stärken. Um Mittel aus der Fazilität erhalten zu können, müssen die Mitgliedstaaten sogenannte Aufbau- und Resilienzpläne (ARP) vorlegen. Diese sollen kohärente Pakete aus Investitionen und Reformen darstellen, die insbesondere die grüne und digitale Wende voranbringen und zur Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen im Europäischen Semester beitragen. Die Bundesregierung hat am 23. Dezember 2020 einen Entwurf des deutschen ARP an die Europäische Kommission übersandt. Er ist die Grundlage für einen intensiven Dialog mit der Kommission über noch zu definierende Ziele und Meilensteine der einzelnen im ARP enthaltenen Maßnahmen. Bis April 2021 wird die Bundesregierung den abgestimmten ARP übermitteln. Die Mittel aus der RRF sollen für vom Bund zu finanzierende Vorhaben des Konjunktur- und Zukunftspakets eingesetzt werden. Zudem sollen zusätzlich eine digitale Bildungsoffensive und deutsch-französische Technologieprojekte aus der RRF finanziert werden.

    Finanzmarktstabilität sicherstellen

    Die Finanzmärkte haben sich den Herausforderungen der Corona-Pandemie bisher gut gestellt. Im Unterschied zur globalen Finanzkrise der Jahre 2008 und 2009 ist die Finanzwirtschaft von der Corona-Pandemie bislang nur mittelbar betroffen. Die deutschen, europäischen und globalen Anstrengungen zur Stabilisierung der Volkswirtschaften sind eine zentrale Grundlage für eine fortbestehende Stabilität der Finanzmärkte. Zugleich müssen die Herausforderungen in der Realwirtschaft weiter im Blick behalten werden, um Rückwirkungen auf die Finanzmärkte zu vermeiden. Für eine abschließende Einschätzung der Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die deutsche Wirtschaft und die Finanzmärkte ist es noch zu früh.

    Durch die konsequenten Reformen der Finanzmarktregulierung war die Widerstandsfähigkeit der Banken bei Ausbruch der Corona-Pandemie deutlich höher als zu Beginn der globalen Finanzkrise. Die deutschen Banken haben infolge der Reformen u. a. ihr Eigenkapital deutlich erhöht und Liquiditätspuffer aufgebaut (vergleiche Abbildung 3). Kapitalpuffer sollen in Stressphasen genutzt werden, um Verluste abzufedern und die Finanzierung der Realwirtschaft sicherzustellen. Am 29. Juli 2020 hat das Bundeskabinett den Entwurf eines Gesetzes zur Reduzierung von Risiken und zur Stärkung der Proportionalität im Bankensektor verabschiedet. Es dient zur fristgerechten Umsetzung des EU-Bankenpakets aus dem Jahr 2019 und ist am 28. Dezember 2020 in Kraft getreten. Zur Risikoreduzierung werden die Kapital- und Liquiditätsanforderungen für Banken im Einklang mit internationalen Standards weiter gestärkt. Dadurch sollen Banken in Stressphasen noch besser abgesichert sein. Außerdem wird ein internationaler Standard zu Verlustpuffern umgesetzt, um die Abwicklung von Banken zu verbessern und die Steuerpflichtigen besser zu schützen.

    Diagramm: Eigenkapitalquoten und Eigenkapital deutscher Banken Bild vergrößern
    Abbildung 3

    Die Liquiditätslage im Investmentfondsbereich hat sich während der Corona-Pandemie nach anfänglichen Schwierigkeiten in einigen Segmenten im Einklang mit der allgemeinen Beruhigung der Finanzmärkte insgesamt als entspannt erwiesen. Mit der zum 28. März 2020 in Kraft getretenen Änderung des Kapitalanlagegesetzbuchs wurden der Branche zusätzliche Instrumente zur Steuerung von Liquiditätsrisiken von Investmentfonds zur Verfügung gestellt.

    Die Bundesregierung setzt sich auf europäischer und internationaler Ebene für die Schaffung eines angemessenen Regulierungsrahmens bei digitalen Finanzdienstleistungen ein. Sie begleitet das Digitalpaket der EU-Kommission vom September 2020 und trägt aktiv zu einer Stärkung des Regulierungsrahmens u. a. für Krypto-Assets sowie der Cyber-Sicherheit im Finanzbereich bei. Auf nationaler Ebene hat sie zum 1. Januar 2020 einen soliden Rechtsrahmen für das Kryptoverwahrgeschäft geschaffen. Zudem hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Einführung elektronischer Wertpapiere beschlossen.

    Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass dem Finanzsektor bei der Mobilisierung von Kapitalflüssen für nachhaltige Investitionen eine bedeutende Rolle zukommt. Zudem entstehen durch Nachhaltigkeitsrisiken neue Herausforderungen für Finanzmärkte, die sich auch auf deren Stabilität auswirken können. Politikmaßnahmen, die den Finanzmarkt in diesem Sinne stärken, werden auf europäischer wie auch auf nationaler Ebene ergriffen. Zum Thema Sustainable Finance besteht nach wie vor umfassender Forschungs- und Innovationsbedarf. Die Bundesregierung nimmt sich dieses Themas u. a. im Rahmen des Klimaschutzprogramms 2030 und der nationalen Biodiversitätsstrategie an, um zu einem besseren Risikomanagement in Finanzinstituten beizutragen und somit die Finanzmarktstabilität zu erhöhen.

    Bilanzkontrolle und Vertrauen in den Finanzmarkt stärken

    Die Geschehnisse rund um die Insolvenz der Wirecard AG haben dem Vertrauen in den deutschen Finanzmarkt geschadet. Die Bundesregierung hat sich auf einen Aktionsplan zur Bekämpfung von Bilanzbetrug und zur Stärkung der Kontrolle über Kapital- und Finanzmärkte verständigt. Die Maßnahmen sollen u. a. dafür sorgen, die Bilanzkontrolle zu stärken und die bestehenden Schutzmechanismen weiter zu verbessern.

    Zur Umsetzung hat das Bundeskabinett den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Finanzmarktintegrität beschlossen. Der Entwurf enthält umfassende Maßnahmen, um das System der Bilanzkontrolle sowie die Abschlussprüfung und die Corporate Governance zu verbessern. So sieht der Gesetzentwurf u. a. vor, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) mehr Kompetenzen in Bilanzkontrollverfahren und bei der Aufsicht komplexer Konzernstrukturen einzuräumen und die Unabhängigkeit der Abschlussprüfer zu stärken. Darüber hinaus sollen die Haftungsregeln bei Abschlussprüfungen verschärft sowie die unternehmensinternen Aufsichtssysteme gestärkt werden, insbesondere der Prüfungsausschuss. Um bereits dem Anschein eines Interessenskonflikts der Aufsicht vorzubeugen, wird außerdem der private Handel mit Finanzinstrumenten für Beschäftigte der BaFin weitgehend eingeschränkt. Zudem werden die Befugnisse der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen erweitert, um Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung effektiver bekämpfen zu können. Parallel zu den gesetzlichen Maßnahmen wurden im Auftrag des BMF die Strukturen der BaFin geprüft und Reformvorschläge entwickelt, damit sie ihren Aufgaben noch wirksamer nachgehen kann.

    Fußnoten

    1
    Der vollständige Bericht findet sich hier.
    2
    Alle Finanzvolumina des Absatzes beziehen sich auf konstante Preise von 2018.

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