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    Neue Auf­sichts­re­geln für Pen­si­ons­kas­sen und Pen­si­ons­fonds

    • Am 13. Januar 2019 sind für Pensionskassen und Pensionsfonds neue Vorschriften des Versicherungsaufsichtsgesetzes in Kraft getreten. Sie setzen Vorgaben um, die die Europäische Union (EU) mit der überarbeiteten Richtlinie (EU) 2016/2341 über die Tätigkeiten und die Beaufsichtigung von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung getroffen hat.
    • Mit den neuen Regelungen wird der Schutz der Versorgungsberechtigten weiter verbessert.
    • Pensionskassen und Pensionsfonds müssen dazu ihr Risikomanagement ausbauen. Außerdem werden die Anforderungen an ihre Geschäftsorganisation erhöht. Damit geht eine Stärkung der Aufsicht bei der Bewertung von Risiken einher.
    • Die Versorgungsberechtigten werden künftig umfangreicher informiert. Die Informationspflichten des Versicherungsaufsichtsgesetzes gelten auch für die betriebliche Altersversorgung, die von Lebensversicherungsunternehmen durchgeführt wird.

    Einleitung

    Mit der Richtlinie (EU) 2016/2341 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2016 über die Tätigkeiten und die Beaufsichtigung von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (EbAV) (Neufassung) wird die Aufsicht über Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung weiterentwickelt und modernisiert. In Deutschland unterliegen Pensionskassen und Pensionsfonds der Richtlinie. Die Mitgliedstaaten der EU mussten die Richtlinie bis zum 13. Januar 2019 in nationales Recht umsetzen. Das deutsche Umsetzungsgesetz wurde am 31. Dezember 2018 verkündet.1

    Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (EbAV)

    haben im Allgemeinen ein oder mehrere Trägerunternehmen, sind von ihnen aber rechtlich unabhängig. Sie führen die kapitalgedeckte betriebliche Altersversorgung der Arbeitnehmer beim Trägerunternehmen durch. In Deutschland sind ausschließlich Pensionskassen und Pensionsfonds EbAV im Sinne der Richtlinie. Sie sind durch das Versicherungsaufsichtsgesetz reguliert.

    EU-Richtlinie

    Die Europäische Kommission hatte am 27. März 2014 einen Richtlinienvorschlag vorgelegt, mit dem die aus dem Jahr 2003 stammende Richtlinie über die Tätigkeiten und die Beaufsichtigung von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung2 überarbeitet werden sollte. Die Verhandlungen konnten Ende 2016 abgeschlossen werden. Der Richtlinientext wurde vom Europäischen Parlament und vom Europäischen Rat angenommen und am 23. Dezember 2016 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.3

    Ziele und Schwerpunkte

    Die Richtlinie zielt auf einen besseren Schutz der Versorgungsberechtigten. Sie setzt folgende Schwerpunkte:

    • höhere Anforderungen an die Geschäftsorganisation einschließlich Ausbau des Risikomanagements der EbAV, damit einhergehend Stärkung der Aufsicht über EbAV,
    • umfassende Information der Versorgungsberechtigten, insbesondere in der Anwartschaftsphase,
    • Adressierung von Nachhaltigkeitsaspekten in der Geschäftstätigkeit der EbAV,
    • Verankerung des Proportionalitätsgrundsatzes,
    • Beseitigung von aufsichtsrechtlichen Hindernissen für grenzüberschreitend tätige EbAV.

    Mindestharmonisierung

    Die Systeme der betrieblichen Altersversorgung in den Mitgliedstaaten weisen große Unterschiede auf, denn sie knüpfen maßgeblich an das jeweilige nationale Arbeits- und Steuerrecht an. Die Richtlinie ist daher auf eine Mindestharmonisierung ausgelegt. Die Mitgliedstaaten können bei der Umsetzung in nationales Recht über die Mindestanforderungen der Richtlinie hinausgehen. Auf europäischer Ebene ist die Richtlinie eine abschließende Regelung. Sie enthält keine Ermächtigungen zum Erlass von delegierten Rechtsakten. Das europäische Aufsichtsrecht über EbAV ist damit anders konzipiert als das Aufsichtssystem Solvabilität II, das im Versicherungsbereich eine Vollharmonisierung schafft und über die Richtlinie hinaus durch delegierte Rechtsakte konkretisiert wird.

    Anpassung des Versicherungsaufsichtsgesetzes an die EU-Richtlinie

    Zur Umsetzung der Richtlinie musste das Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) geändert werden. Die neuen Mindestanforderungen der Richtlinie sind überwiegend im VAG abgebildet; in wenigen Fällen wurden Verordnungen angepasst.

    Geschäftsorganisation

    Zentrale Bestandteile der höheren Anforderungen an die Geschäftsorganisation sind die Einführung von Schlüsselfunktionen und der Ausbau des Risikomanagements. Dadurch wird auch die Aufsicht gestärkt, die u. a. einen besseren Einblick in die Risiken des betriebenen Geschäfts erhält.

    Schlüsselfunktionen

    Wie Versicherungsunternehmen müssen jetzt auch Pensionskassen und Pensionsfonds Schlüsselfunktionen einrichten. Die für eine Schlüsselfunktion verantwortliche Person übt ihre Aufgaben unabhängig aus. Sie hat dem Vorstand alle wesentlichen Feststellungen und Empfehlungen aus ihrem Verantwortungsbereich mitzuteilen. Es gibt drei Schlüsselfunktionen: das Risikomanagement („Risikocontrollingfunktion“), die interne Revision und die versicherungsmathematische Funktion.

    Ausbau des Risikomanagements: eigene Risikobeurteilung

    Pensionskassen und Pensionsfonds müssen künftig mindestens alle drei Jahre eine eigene Risikobeurteilung durchführen. Dabei haben sie u. a. die Wirksamkeit des Risikomanagementsystems, den gesamten Finanzierungsbedarf und die Güte der Mechanismen zum Schutz der Anwartschaften und Ansprüche der Versorgungsberechtigten zu beurteilen. Die eigene Risikobeurteilung der Unternehmen ist ein wichtiger Anknüpfungspunkt für die Aufsicht. Pensionskassen und Pensionsfonds waren zwar schon bislang verpflichtet, die Risiken zu analysieren und zu beurteilen, denen sie ausgesetzt sind oder sein könnten. Der Rahmen dafür ist nun aber viel konkreter ausgestaltet.

    Informationspflichten

    Die Richtlinie schafft umfangreiche Informationspflichten, die Pensionskassen und Pensionsfonds gegenüber den Versorgungsberechtigten erfüllen müssen. Damit erhalten diese einen besseren Überblick über ihre betriebliche Altersversorgung. Die Eckpunkte der Informationspflichten sind im VAG verankert. Einzelheiten werden in einer Verordnung geregelt werden. Auch künftig sollen die Informationspflichten des VAG, die die betriebliche Altersversorgung betreffen, einheitlich für Pensionskassen und Pensionsfonds sowie für die Direktversicherung gelten.

    Direktversicherung

    ist eine andere Möglichkeit, betriebliche Altersversorgung durchzuführen. Der Arbeitgeber schließt dabei zugunsten des Arbeitnehmers eine Lebensversicherung ab und zahlt die Versicherungsprämien.

    Nachhaltigkeit

    Die Richtlinie adressiert Nachhaltigkeitsaspekte in der Geschäftsorganisation und in den Informationspflichten. Sie knüpft dabei an ökologische, soziale und die Unternehmensführung betreffende Faktoren an. EbAV können diese Faktoren bei ihren Anlageentscheidungen im Rahmen des Grundsatzes der unternehmerischen Vorsicht berücksichtigen. Im Rahmen des Risikomanagements müssen sie insbesondere auch nachhaltigkeitsbezogene Risiken in ihrem Anlageportfolio betrachten (z. B. Wertminderungen infolge von Umweltschäden). Die jeweiligen Regelungen der Richtlinie wurden in das VAG übernommen. Darüber hinaus wird auf europäischer Ebene an weiteren Maßnahmen gearbeitet, die auf mehr Nachhaltigkeit im Finanzsystem zielen und auch für EbAV von Bedeutung sein werden. Die Europäische Kommission hat im März 2018 den Aktionsplan „Finanzierung nachhaltigen Wachstums“ vorgestellt. Zu einigen Punkten des Aktionsplans liegen bereits Legislativvorschläge vor. Darüber hinaus hat die Europäische Kommission eine Expertengruppe eingesetzt, die Vorschläge zu verschiedenen Themen im Aktionsplan erarbeiten soll.4

    Proportionalitätsgrundsatz

    Pensionskassen und Pensionsfonds müssen die Anforderungen auf eine Weise erfüllen, die der Größenordnung, der Art, dem Umfang und der Komplexität ihrer Tätigkeiten und gegebenenfalls ihrer Größe und internen Organisation angemessen ist. In dieser Form ist auch in der Aufsicht das Proportionalitätsprinzip zu beachten. Der Grundsatz der Proportionalität trägt dazu bei, dass Pensionskassen und Pensionsfonds mit ihren Ressourcen alle Anforderungen erfüllen können.

    Grenzüberschreitende Geschäftstätigkeit

    Die Richtlinie legt für grenzüberschreitende Geschäftsvorgänge die Aufgaben und Zuständigkeiten der beteiligten Aufsichtsbehörden fest. Damit ist die Grundlage für europaweit einheitliche Verfahren geschaffen.

    Fazit

    Die Aufsicht über Pensionskassen und Pensionsfonds wird mit der Umsetzung der Richtlinie nachhaltig weiterentwickelt. Die Unternehmen müssen sich intensiver mit den Risiken auseinandersetzen, denen sie ausgesetzt sind oder sein können, und Lösungen finden, wie sie mit diesen Risiken umgehen. Damit werden weitere wichtige Impulse gegeben, um Herausforderungen wie z. B. das Niedrigzinsumfeld oder den demografischen Wandel zu bewältigen.

    Fußnoten

    1
    Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/2341 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2016 über die Tätigkeiten und die Beaufsichtigung von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (EbAV) (Neufassung) vom 19. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2672), Link auf das Bundesgesetzblatt.
    2
    Richtlinie 2003/41/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Juni 2003 über die Tätigkeiten und die Beaufsichtigung von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung, Amtsblatt der EU.
    3
    Richtlinie (EU) 2016/2341 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2016 über die Tätigkeiten und die Beaufsichtigung von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (EbAV) (Neufassung), Amtsblatt der EU.
    4
    Internetseite der Europäischen Kommision

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