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    Grie­chen­land – er­folg­rei­cher Ab­schluss des ESM-An­pas­sungs­pro­gramms

    • Griechenland hat sein ESM-Anpassungsprogramm erfolgreich abgeschlossen. Damit haben alle betroffenen Länder die europäischen „Rettungsschirme“ verlassen.
    • Griechenland hat seinen Staatshaushalt ausgeglichen, und die Wirtschaft wächst wieder. Um die hohe Schuldenstandsquote abzubauen, sind eine fortgesetzte nachhaltige Haushaltspolitik und eine weitere Stärkung des Wachstumspotenzials durch fortgesetzte Reformen notwendig.
    • Die europäischen Partner werden die weitere griechische Finanz- und Wirtschaftspolitik im Rahmen der regulären Verfahren wie dem Europäischen Semester sowie im Rahmen einer intensivierten Nachprogrammüberwachung begleiten.

    Einleitung

    Am 20. August 2018 hat Griechenland das dreijährige Anpassungsprogramm des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) erfolgreich abgeschlossen. Nach insgesamt mehr als acht Jahren – das erste Hilfsprogramm für Griechenland begann im Mai 2010 – und drei Anpassungsprogrammen hat Griechenland die Chance, wieder auf eigenen Beinen zu stehen. Damit haben inzwischen alle europäischen Länder, die im Zuge der 2008 ausgebrochenen Finanz- und Wirtschaftskrise Hilfen beantragt haben, die Anpassungsprogramme erfolgreich beendet. Das zeigt, dass die europäische Antwort auf Krisen in einzelnen Ländern funktioniert. Europa gewährt solidarische Hilfen, wenn die betroffenen Länder vereinbarte Reformen zur Stärkung von Stabilität und Wachstum umsetzen.

    Zweck des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM)

    ist es, Finanzmittel zu mobilisieren und diese in finanzielle Schwierigkeiten geratenen Mitgliedstaaten der Eurozone unterstrikten wirtschaftspolitischen Auflagen Unterstützung durch verschiedene Finanzierungsinstrumente zur Verfügung zu stellen, wenn dies unabdingbar ist, um die Stabilität des Euro-Währungsgebietes insgesamt zu wahren.

    Anpassung während der Programme

    Vor Beginn der Anpassungsprogramme war die ökonomische Lage Griechenlands durch ein doppeltes Defizit des Staatshaushalts und der Leistungsbilanz von je rund 15 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gekennzeichnet. Griechenland hat die Zeit der Programme genutzt, um seinen Staatshaushalt zu konsolidieren und Reformen durchzuführen. Sowohl das Haushaltsdefizit als auch das Leistungsbilanzdefizit sind abgebaut. Die erheblichen Anpassungsleistungen Griechenlands und seiner Bevölkerung wurden von der Eurogruppe anerkannt.

    Der Staatshaushalt Griechenlands erzielt seit 2016 (erstmalig seit Beitritt zur Währungsunion) Überschüsse im Vergleich zu einem Haushaltsdefizit von außergewöhnlich hohen 15,1 % des BIP im Jahr 2009 (Abbildung 1). Um seinen Staatshaushalt auszugleichen, hat Griechenland sowohl seine nominalen Staatsausgaben erheblich angepasst als auch die Staatseinnahmen in % des BIP deutlich erhöht. Die Leistungsbilanz Griechenlands zeigte im Jahr 2008 ein Defizit von 15,8 % des BIP. Griechenlands Verbrauch an Gütern und Dienstleistungen war damals deutlich höher als seine Produktion. Die Differenz musste aus dem Ausland gedeckt werden. Seit 2015 ist Griechenlands Leistungsbilanz ungefähr ausgeglichen (Abbildung 2). Bei den Leistungsbilanzdefiziten spielte der Verlust an Wettbewerbsfähigkeit in den 2000er Jahren vor Beginn der Anpassungsprogramme eine Rolle. Die Entwicklung der nominalen Lohnstückkosten (Abbildung 3) zeigt, dass Griechenland seit 2010 im Vergleich zum Euroraum wieder deutlich an Wettbewerbsfähigkeit zurück gewinnen konnte. Hier haben die im Rahmen der Anpassungsprogramme vereinbarten Arbeitsmarktreformen Wirkung gezeigt.

    Im Rahmen des ESM-Programms hat Griechenland Reformen zur Wiederherstellung der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen, zur Wahrung der Finanzstabilität, zur Förderung von Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung und Investitionen und zur Reform der öffentlichen Verwaltung durchgeführt. So hat Griechenland eine unabhängige Steuerbehörde eingerichtet und die Einkommensteuer reformiert. Das nicht nachhaltige und fragmentierte Rentensystem wurde überholt, wobei Rentenversicherungsträger zusammengeführt wurden. Parallel wurde zur Verbesserung der sozialen Absicherung eine bedürftigkeitsabhängige Sozialhilfe (genannt Social Solidarity Income) eingeführt. Zur Wahrung der Finanzstabilität hat Griechenland die Regeln zu Governance der systemrelevanten Banken gestärkt. Um den hohen Anteil leistungsgestörter notleidender Kredite abzubauen wurde das Insolvenzrecht reformiert. Im Jahr 2016 hat Griechenland einen Privatisierungsfonds eingerichtet auch mit dem Ziel, durch die Einzelprojekte private Investitionen auszulösen. Zur Verbesserung der Funktionsweise der öffentlichen Verwaltung hat Griechenland die Regeln zur Personalbeurteilung und zur Auswahl von Führungskräften reformiert.

    Balkendiagramm zum Haushaltswachstum in Prozent des BIP BildVergroessern
    Abbildung 1

    Balkendiagramm zum Leistungsbilanzsaldo in % des BIP BildVergroessern
    Abbildung 2

    Die Wirtschaftsleistung Griechenlands, die zu Beginn der Krise eingebrochen war, konnte sich 2014 stabilisieren und im vergangenen Jahr 2017 erzielte Griechenland ein Wachstum des BIP von 1,4 % (Abbildung 4). Für dieses Jahr erwartet die Eeuropäische Kommission ein Wachstum von 1,9 % (im Vergleich zu durchschnittlich 2,1 % im Euroraum). Mit der Rückkehr des Wachstums verbessert sich auch allmählich die Arbeitsmarktlage in Griechenland. Allerdings beträgt die Arbeitslosenquote trotz eines bisher schon erfolgten Rückgangs aktuell immer noch 19,5 % (Eurostat, Angabe für Mai 2018).

    Liniendiagramm zu den Nominalen Lohnstückkosten BildVergroessern
    Abbildung 3

    Balkendiagramm zum Wirtschaftswachstum (reales BIP in %) BildVergroessern
    Abbilung 4

    Finanzhilfen und Schuldentragfähigkeit

    Im Gegenzug zur Umsetzung vereinbarter Reformen haben die europäischen Partner und der Internationale Währungsfonds (IWF) Griechenland umfangreiche Finanzhilfen in Form von Krediten gewährt. Die aus dem ersten Anpassungsprogramm (2010 bis 2012) ausstehenden europäischen Kredite, die bilateral gewährt wurden, belaufen sich auf 52,9 Mrd. €. Aus dem zweiten Anpassungsprogramm (2012 bis 2015) stehen europäische Kredite in Höhe von 130,9 Mrd. € aus, die von der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) vergeben wurden. Aus dem dritten Anpassungsprogramm stehen europäische Kredite über 59,9 Mrd. € aus, die vom ESM vergeben wurden. Der IWF hat sich am ersten und am zweiten Anpassungsprogramm mit der Vergabe von eigenen Krediten beteiligt. Ende Juli 2018 betrugen die ausstehenden Kredite des IWF an Griechenland rund 10 Mrd. €. Die Konditionen der europäischen Hilfskredite sind für Griechenland im Vergleich zur Verschuldung am Kapitalmarkt vorteilhaft, da sie vor allem durch die günstigeren Refinanzierungsmöglichkeiten der EFSF/des ESM geringer verzinst sind und sehr lange Laufzeiten haben. Der Rückzahlungszeitraum der europäischen Kredite umfasst derzeit den Zeitraum von 2020 bis 2060 und die vereinbarte Laufzeitverlängerung der Kredite des zweiten Hilfsprogramms (siehe grauer Kasten) wird das Rückzahlungsende noch weiter verschieben. Auch private Gläubiger Griechenlands haben zur Verbesserung der griechischen Schuldentragfähigkeit beigetragen. Bei der sogenannten Privatsektorbeteiligung im Jahr 2012 haben private Anleihegläubiger ihre bestehenden Anleihen in neue Anleihen getauscht und dabei auf einen erheblichen Teil ihrer nominalen Forderungen verzichtet.

    Die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF)

    ist ein Element des im Jahr 2010 errichteten temporären Euro-Schutzschirms, mit dem auf die akute Staatsschuldenkrise reagiert wurde.

    Vereinbarung der Eurogruppe vom 21. Juni 2018

    Vor dem Hintergrund des Endes des ESM-Anpassungsprogramms für Griechenland am 20. August 2018 hat die Eurogruppe der Finanzminister des Euroraums am 21. Juni 2018 über die Bedingungen des Programmabschlusses beraten. Die Eurogruppe hat eine politische Einigung zur letzten Kredittranche, zu mittelfristigen schuldenbezogenen Maßnahmen und zur Nachprogrammüberwachung erzielt. Der Deutsche Bundestag hat der Einigung zugestimmt.

    Die Europäische Kommission in Zusammenarbeit mit der Europäischen Zentralbank und dem ESM (kurz: die Institutionen) haben dargelegt, dass die vereinbarten Auflagen der vierten und letzten Programmüberprüfung und damit auch das Programm insgesamt erfolgreich umgesetzt wurden. Die Eurogruppe einigte sich auf eine letzte Kredittranche in Höhe von 15,0 Mrd. €. Damit soll auch, wie bereits im Juni 2017 von der Eurogruppe vereinbart, der Aufbau eines Liquiditätspuffers unterstützt werden. Die Mittel für den Liquiditätspuffer werden auf ein Sonderkonto überwiesen. Ein solches Konto wird angemessenen Sicherungsmaßnahmen unterliegen. Jegliche mögliche zukünftige Nutzung der darauf gutgeschriebenen Mittel für eine effiziente Schuldenverwaltung ist von der griechischen Regierung mit dem ESM/den europäischen Institutionen zu vereinbaren.

    Die Eurogruppe hatte zu Beginn des ESM-Anpassungsprogramms im August 2015 entsprechend den Vorgaben des Eurogipfels der Staats- und Regierungschefs vom 12. Juli 2015 ihre Bereitschaft zu möglichen schuldenerleichternden Maßnahmen erklärt – bei erfolgreicher Programmumsetzung und falls für die Schuldentragfähigkeit notwendig. Hierzu hatte die Eurogruppe im Mai 2016 und Juni 2017 einen konkreten Rahmen vereinbart. Einige kurzfristige Maßnahmen wurden bereits nach dem erfolgreichen Abschluss der ersten Programmüberprüfung umgesetzt. Jetzt hat sich die Eurogruppe innerhalb des zuvor vereinbarten Rahmens auf drei Mittelfristmaßnahmen geeinigt: a) Abschaffung einer gestaffelten Zinsmarge bei einem Teil- EFSF - Kredit aus dem zweiten Anpassungsprogramm; b) Fortführung der Abführung des rechnerischen Gegenwerts der Zentralbankgewinne aus dem Halten griechischer Staatsanleihen im Rahmen des sog. Securities Market Programms (SMP). und c) gezielte Anpassungen am EFSF-Kreditprofil mit Verlängerung der maximalen durchschnittlichen gewichteten Laufzeit um zehn Jahre sowie weiterer Verschiebung des Tilgungsbeginns und weiteren Zinsstundungen von zehn Jahren. Das SMP-Programm war eine von der EZB 2010 bis 2012 durchgeführte geldpolitische Maßnahme. Bereits im Rahmen des zweiten Hilfsprogramms hatte die Eurogruppe 2012 vereinbart, den rechnerischen Gegenwert der Gewinne aus dem SMP-Programm aus griechischen Anleihen an Griechenland abzuführen. Das zweite Hilfsprogramm wurde im Jahr 2015 beendet und somit auch diese Maßnahme.

    Diese schuldenerleichternden Maßnahmen sollen dazu dienen, dass die hinsichtlich des Bruttofinanzierungsbedarfs vereinbarten Ziele auch auf der Grundlage vorsichtiger Annahmen erreicht werden. Die Eurogruppe hat als Voraussetzung für die Abschaffung der gestaffelten Zinsmarge und die Fortführung der Abführung der SMP-Gewinne vereinbart, dass Griechenland auch nach Programmende seine Zusicherungen einhält.

    Für die Zeit nach Programmende schlägt die Europäische Kommission eine intensivierte Überwachung Griechenlands vor. Die Eurogruppe unterstützt diesen Vorschlag, der vierteljährliche Überprüfungen vorsieht. Griechenland hat zugesichert, den Reformkurs weiter fortzusetzen und bis zum Jahr 2022 einen Primärüberschuss von 3,5 % des BIP zu erzielen und danach die europäischen Fiskalregeln einzuhalten. Die Fortsetzung des Reformkurses ist wichtig, da dieser die Grundlage für ein nachhaltiges Wachstum bildet. Griechenland hat hierzu eine umfassende Wachstumsstrategie vorgelegt, die auch auf ein verbessertes Investitionsklima abzielt. Griechenland hat darüber hinaus gegenüber der Eurogruppe eine Reihe spezifischer Zusagen abgegeben, die im Annex der Erklärung der Eurogruppe festgehalten sind. Die Zusicherungen Griechenlands werden im Rahmen der Nachprogrammüberwachung geprüft.

    Die Leitung des IWF hat die erfolgreiche Umsetzung des ESM-Anpassungsprogramms und die durch die Mitgliedstaaten des Euroraums vorgenommene weitere Spezifizierung der Schuldenmaßnahmen begrüßt. Der IWF bleibt weiterhin mit Krediten in Höhe von rund 10 Mrd. € finanziell engagiert. Eine weitere Auszahlung des IWF ist finanziell nicht notwendig und nicht mehr vorgesehen. Der IWF wird im Rahmen der Nachprogrammüberwachung gemeinsam mit den europäischen Institutionen in Griechenland eingebunden sein.

    Zur zukünftigen Entwicklung der Staatsschuldenquote Griechenlands hat die Europäische Kommission im letzten Überprüfungsbericht des ESM-Anpassungsprogramms eine Schuldentragfähigkeitsanalyse vorgelegt. Ausgangspunkt ist die derzeitige Staatsverschuldung Griechenlands, die nach Schätzung der Europäischen Kommission zum Ende des Jahres 2018 rund 188,6 % des BIP beträgt. Die Schuldentragfähigkeitsanalyse stellt langfristige Szenarien zur Entwicklung der griechischen Staatsverschuldung bis ins Jahr 2060 dar. Aufgrund des langen Betrachtungszeitraums unterliegen die Szenarien großer Unsicherheit und sind nicht als Prognosen zu verstehen. Die Szenarien sind abhängig von den Annahmen zur langfristigen Entwicklung des Staatshaushalts (zum Primärüberschuss, d. h. zum Haushaltssaldo ohne Zinsausgaben) und zum Wachstum, aber auch von den angenommenen Refinanzierungssätzen. Zur Haushaltsentwicklung nimmt die Europäische Kommission im Basisszenario an, dass Griechenland bis 2022 wie vereinbart einen Primärüberschuss von 3,5 % des BIP erzielt. Für den Zeitraum 2023 bis 2060 wird ein durchschnittlicher Primärüberschuss von 2,2 % des BIP angenommen. Damit würde Griechenland nach Einschätzung der Europäischen Kommission die europäischen Fiskalregeln einhalten- was es auch zugesagt hat. Die Europäische Kommission nimmt ein langfristiges reales Wachstum von 1 % pro Jahr an.

    Im Basisszenario ergäbe sich - nach Umsetzung der vereinbarten Mittelfristmaßnahmen zur Schuldenerleichterung (siehe grauer Kasten) – nach 2018 eine fallende Schuldenstandsquote, die im Jahr 2060 einen Wert von 96,8 % des BIP erreicht. Um die Besonderheit der griechischen Schuldenstruktur mit einem hohen Anteil europäischer Hilfskredite mit vergleichsweise langen Laufzeiten und niedrigen Zinsen besser abzubilden, wird zusätzlich der Indikator Bruttofinanzbedarf als Summe aus Haushaltsdefizit und Refinanzierungsbedarf auslaufender Schulden betrachtet. Es ergäbe sich im Jahr 2060 ein Bruttofinanzbedarf von 19,8 % des BIP. Die Analyse der Europäischen Kommission bestätigt, dass im Basisszenario, bei Umsetzung der vereinbarten Mittelfristmaßnahmen, das von der Eurogruppe vereinbarte Kriterium für die Schuldentragfähigkeit eines langfristigen Bruttofinanzbedarfs von unter 20 % des BIP eingehalten wird.

    Nach Programmende

    Nach dem Ende des dritten Anpassungsprogramms für Griechenland am 20. August 2018 erfolgt die Absicherung von Wachstum und Stabilität in Griechenland auf europäischer Ebene zum einen mittels der regulären Verfahren, wie in allen anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union bzw. des Euroraums, und zum anderen mittels der sogenannten Nachprogrammüberwachung.

    Nachprogrammüberwachung

    Ein Mitgliedstaat des Euroraums wird nach Abschluss des Anpassungsprogramms durch die europäischen Institutionen überwacht, bis mindestens 75 % der erhaltenen Finanzhilfe zurückgezahlt worden sind. Dabei werden die wirtschaftliche, haushaltspolitische und finanzielle Lage bewertet und geprüft, ob Korrekturmaßnahmen erforderlich sind.

    Alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union durchlaufen jährlich das Europäische Semester.1 Ziel des Europäischen Semesters ist es, die wirtschafts-, finanz- und beschäftigungspolitische Koordinierung zusammenzuführen und zur besseren Durchsetzung notwendiger Reformen in den Mitgliedstaaten beizutragen. Mit der regelmäßigen Beobachtung im Europäischen Semester sollen wirtschaftliche und soziale Herausforderungen für die Europäische Union und den Euroraum frühzeitig identifiziert und Fortschritte bewertet werden. Nach eingehenden Analysen und Konsultationen endet das Europäische Semester jedes Jahr im Sommer mit dem Beschluss von länderspezifischen Empfehlungen, die den Mitgliedstaaten Hilfestellungen geben sollen, eine nachhaltige und wachstumsorientierte Politik umzusetzen. Griechenland wird nach Programmende erstmalig am europäischen Semester teilnehmen, da das Anpassungsprogramm das Europäische Semester bisher ersetzt hat.

    Für die Koordinierung und Überwachung der nationalen Finanzpolitiken in der EU bildet der Stabilitäts- und Wachstumspakt den Rahmen. Er soll auf Dauer tragfähige öffentliche Finanzen sicherstellen. Der Pakt verfügt über einen präventiven und einen korrektiven Arm. Im Rahmen des präventiven Arms stellen die Mitgliedstaaten jedes Jahr unter anderem dar, wie sie mittelfristig ihr Haushaltsziel eines strukturell nahezu ausgeglichen Staatshaushalts zu erreichen beabsichtigen.

    Das makroökonomische Ungleichgewichtsverfahren zielt darauf ab, EU-Mitgliedstaaten zu identifizieren, die durch bestehende oder drohende makroökonomische Ungleichgewichte die Stabilität der eigenen Wirtschaft, des Euroraums und der EU als Ganzes gefährden oder gefährden könnten. Die EU-Kommission erstellt jährlich einen Bericht mit einer qualitativen wirtschaftlichen und finanziellen Bewertung, die sich auf ein Scoreboard stützt. Dieses Scoreboard besteht aus einem Satz von Indikatoren, deren Werte mit ihren jeweiligen Schwellenwerten verglichen werden. Die Mitgliedstaaten, in denen Ungleichgewichte oder übermäßige Ungleichgewichte festgestellt wurden, unterliegen einem spezifischen Monitoring, dessen Umfang vom Ausmaß und der Art der bestehenden Ungleichgewichte abhängt. Im Falle eines bestehenden oder drohenden Ungleichgewichts, erhält der betreffende Mitgliedstaat die Empfehlung, der Fehlentwicklung entgegen zu wirken.

    Als ehemaliges Programmland unterliegt Griechenland der regulären Nachprogrammüberwachung, bis mindestens 75% der europäischen Hilfskredite getilgt sind. Hierzu finden halbjährliche Überprüfungen durch EU-Kommission, ESM und EZB statt, die die wirtschaftliche, haushaltspolitische und finanzielle Lage untersuchen.

    Die EU-Kommission hat über die reguläre Nachprogrammüberwachung hinaus in Griechenland eine verstärkte Überwachung aktiviert, um die ökonomische, fiskalische und finanzielle Situation überwachen zu können. Im Rahmen der verstärkten Überwachung übermittelt die EU-Kommission vierteljährlich ihre Bewertung. Inhaltliche Schwerpunkte der intensivierten Nachprogrammüberwachung werden sowohl die Einhaltung der vereinbarten Haushaltsziele (Primärüberschuss von 3,5 % des BIP bis 2022, anschließend Einhaltung der europäischen Fiskalregeln) als auch die Fortführung der vereinbarten Reformen zur Stärkung des Wachstumspotenzials sein. Die Eurogruppe hat die Umsetzung eines Teils der mittelfristigen Maßnahmen zur Schuldenerleichterung mit der Nachprogrammüberwachung verknüpft, um deren Glaubwürdigkeit zu erhöhen.

    Griechenland wird auch nach Ende der Anpassungsprogramme auf vielfältige Weise unterstützt. Dazu zählen der EU-Haushalt, Fördermittel aus verschiedenen EU Fonds, Projekte der Europäischen Investitionsbank und der Europäischen Bank für Entwicklung und Wiederaufbau, technische Hilfe im Rahmen des Structural Reform Support Service der EU-Kommission in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten sowie bilaterale Initiativen.

    Griechische Programme, die mit EU-Fördermitteln finanziert werden, erhalten einen höheren EU-Finanzierungsanteil als Programme viele andere Länder. Für Griechenland wurde bei der Förderung aus konstant bleibenden EU-Mitteln der nationale Ko-Finanzierungsanteil von 15 % auf 5 % abgesenkt, um Griechenland Erleichterungen bei der Programmfinanzierung zu verschaffen. Internationale Finanzinstitutionen haben erhebliche zusätzliche Mittel für Griechenland mobilisiert. Die Europäische Investitionsbank hat allein in den vergangenen fünf Jahren Griechenland Darlehen und Garantien in Höhe von rund 9 Mrd. € vergeben. Im Jahr 2015 wurde Griechenland temporär der Einsatzlandstatus bei der Europäischen Bank für Entwicklung und Wiederaufbau zuerkannt. Die EBWE soll finanzielle Mittel insbesondere zur Stärkung des Privatsektors und der Verbesserung marktwirtschaftlicher Strukturen bereitstellen.

    Fazit

    Griechenland hat das dritte Anpassungsprogramm erfolgreich beendet. Damit ist nach mehr als acht Jahren die Zeit der Anpassungsprogramme für Griechenland zu Ende gegangen. Griechenland hat diese Programme genutzt, um Strukturreformen durchzuführen sowie sein Haushaltsdefizit und sein Leistungsbilanzdefizit abzubauen. Auch die Wirtschaft wächst wieder, wenn auch noch schwächer als im europäischen Durchschnitt. Die weitere Stärkung des Wachstumspotenzials ist eine der wesentlichen Herausforderungen Griechenlands für die Zeit nach Programmende. Die europäischen Partner haben die Anpassung Griechenlands solidarisch durch Gewährung umfangreicher Kredite bei Umsetzung vereinbarter Reformen unterstützt. Die Eurogruppe (Finanzminister des Euroraums) hat am 21. Juni 2018 über die Bedingungen des Programmabschlusses beraten und eine politische Einigung zur letzten Kredittranche, zu mittelfristigen schuldenbezogenen Maßnahmen und zur Nachprogrammüberwachung erzielt. Die Schuldentragfähigkeitsanalyse der Europäischen Kommission zeigt, dass die bei Programmende noch sehr hohe Schuldenstandsquote Griechenlands im Basisszenario langfristig sinkt, wenn Griechenland seine vereinbarten Haushaltsziele einhält und die Wirtschaftsleistung wie angenommen wächst. Die Fortführung der Haushaltsdisziplin und der wachstumsstärkenden Reformen nach Ende der Anpassungsprogramme wird auf europäischer Ebene sowohl im Rahmen der regulären europäischen Verfahren (Stabilitäts- und Wachstumspakt, Europäisches Semester) als auch im Rahmen der speziellen Nachprogrammüberwachung begleitet und kontrolliert. Auch in Zukunft wird die Entwicklung Griechenlands weiter europäisch unterstützt: Instrumente sind hier insbesondere der EU-Haushalt, die europäischen Förderbanken und die technische Hilfe zur praktischen Umsetzung spezifischer Reformvorhaben.

    Fußnoten

    1
    Ein ausführlicher Bericht zum Europäischen Semester 2018 ist in dieser Ausgabe zu finden.

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