- Die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern wurden Anfang Juni 2017 umfassend neu geregelt. Die Länder werden ab dem Jahr 2020 in Höhe von etwas über 9,7 Mrd. € jährlich finanziell entlastet. Gleichzeitig werden die Aufgabenerledigung im Bundesstaat in wichtigen Bereichen modernisiert und die Kompetenzen des Bundes gestärkt.
- Umsatzsteuervorwegausgleich und horizontaler Länderfinanzausgleich werden abgeschafft. Der horizontale Ausgleich erfolgt künftig durch finanzkraftabhängige Zu- und Abschläge bei der horizontalen Verteilung des Länderanteils an der Umsatzsteuer. Ab 2020 werden leistungsschwache Länder stärker als bisher durch ergänzende Zuweisungen des Bundes unterstützt.
- Der Stabilitätsrat wird gestärkt. Unter Wahrung der Haushaltsautonomie soll er ab 2020 auch die Einhaltung der grundsätzlichen Regel zur Begrenzung der Neuverschuldung (sogenannte Schuldenbremse) durch Bund und Länder überwachen.
- Auf Grundlage eines neuen grundgesetzlichen Mitfinanzierungstatbestands des Bundes für Investitionen in die kommunale Bildungsinfrastruktur finanzschwacher Kommunen wird der Kommunalinvestitionsförderungsfonds um weitere 3,5 Mrd. € aufgestockt. Gleichzeitig erhält der Bund verbesserte Möglichkeiten, um die Mittelverwendung bei Finanzhilfen zu kontrollieren.
- Der Bund erhält die alleinige Verantwortung für Planung, Bau, Betrieb, Erhaltung, Finanzierung und vermögensmäßige Verwaltung der Bundesautobahnen.
- Es werden die Voraussetzungen für die Einrichtung eines verbindlichen bundesweiten Portalverbunds geschaffen, über den Bürger und Unternehmen auf Online-Anwendungen der öffentlichen Verwaltung von Bund und Ländern zugreifen können.
Einleitung
Der Deutsche Bundestag hat am 1. Juni 2017 die gesetzlichen Grundlagen für die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen beschlossen. Diese bestehen aus dem Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes und einem umfassenden Begleitgesetz. Der Bundesrat nahm beide Gesetze am 2. Juni 2017 einstimmig an.
Den parlamentarischen Beratungen gingen zweijährige Verhandlungen von Bund und Ländern voraus, die in der Einigung der Regierungschefs von Bund und Ländern vom 8. Dezember 2016 ihren Abschluss fanden. Die Regierungschefs von Bund und Ländern stimmten die vorgesehenen Grundgesetzänderungen weitgehend im Wortlaut ab und gaben damit den Rahmen für die Erstellung der Gesetzentwürfe der Bundesregierung und die anschließenden parlamentarischen Beratungen vor. Bereits Mitte Oktober 2016 hatten sich die Regierungschefs von Bund und Ländern auf Eckwerte der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen verständigt.
Sowohl die Eckwerte als auch die Verständigung auf konkrete Verfassungsformulierungen durch die Regierungschefs von Bund und Ländern wurden im parlamentarischen Raum grundsätzlich begrüßt, in Teilbereichen aber auch kritisch gewürdigt. Der Deutsche Bundestag setzte sich auch angesichts der Tragweite der Reform sehr intensiv und eingehend – u. a. in drei Anhörungen von Sachverständigen – mit den Gesetzentwürfen auseinander und nahm im weiteren parlamentarischen Verfahren wesentliche Änderungen vor. Dass der Bundesrat nicht einmal 24 Stunden nach den Beschlüssen des Deutschen Bundestags das Gesetzespaket einstimmig annahm, lässt erahnen, wie wichtig Bund und Ländern der Abschluss dieses weitreichenden Reformvorhabens vor Ende der Legislaturperiode und die damit einhergehende Planungssicherheit war.
Finanzielle Auswirkungen der Neuordnung der Finanzbeziehungen
Der Bund entlastet die Länder durch das Gesetzespaket ab 2020 in Höhe von anfänglich etwas über 9,7 Mrd. € (ermittelt auf Basis der Steuerschätzung vom November 2016 für das Jahr 2020). Diese Entlastungen werden schwerpunktmäßig über die Neugestaltung des Finanzausgleichssystems umgesetzt. Die Länder erhalten einerseits weitere Umsatzsteueranteile zulasten des Bundes und andererseits im Vergleich zum Status quo deutlich höhere Bundesergänzungszuweisungen.
Der Bund trägt künftig stärker zum Ausgleich der unterschiedlichen Steuerkraft zwischen den Ländern bei als bisher. Die Aufteilung des Umsatzsteueraufkommens ab dem Jahr 2020 wird zugunsten der Länder und zulasten des Bundes geändert. Die Länder erhalten aus dem bisher dem Bund zustehenden Anteil an der Umsatzsteuer 2,6 Mrd. € als zusätzlichen Festbetrag und 1,42 Mrd. € über einen erhöhten prozentualen Anteil. Zusammen mit dem deutlichen Anstieg des Volumens der Bundesergänzungszuweisungen sowie weiterer kleinerer Anpassungen innerhalb des Ausgleichssystems leitet sich eine – durch Rechtsänderungen im System des bundesstaatlichen Finanzausgleichs bedingte – finanzielle Zusatzbelastung des Bundes in Höhe von rund 8,4 Mrd. € ab.
Außerhalb des Finanzausgleichssystems verlängert der Bund die Finanzhilfen für Seehäfen (38 Mio. € p. a.), die Finanzhilfen für Bundesprogramme nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (rund 333 Mio. €) über das Jahr 2019 hinaus und unterstützt die Sanierungshilfeländer Bremen und das Saarland ab 2020 zusammen in Höhe von 800 Mio. € p. a. Durch die Neuregelung erhalten alle Länder die erforderliche Planungssicherheit für die Jahre ab 2020 und werden so in die Lage versetzt, die sie ab 2020 bindenden Vorgaben der Schuldenbremse einzuhalten.
Bei der Bewertung der oben genannten Höhe der Bundesbelastung ist zu berücksichtigen, dass diese – wie üblich – gegenüber der geltenden Rechtslage berechnet wurde. Unter Berücksichtigung der nach bisheriger Rechtslage Ende 2019 auslaufenden Leistungen des Bundes an die Länder – zu nennen sind hier insbesondere die vom Bund bis 2019 gewährten Zuweisungen aus dem Solidarpakt II sowie die Entflechtungsmittel – beträgt die Nettobelastung des Bundes im Jahr 2020 rund 4,3 Mrd. €.
Entflechtungsmittel
bezeichnen die Finanzleistungen, die der Bund den Ländern übergangsweise nach Art. 143c Abs. 1 Grundgesetz (GG) zur Kompensation der im Zuge der Föderalismusreform 2006 entfallenen Mischfinanzierungen von Bund und Ländern gewährt. Sie traten an die Stelle der Finanzierungsanteile des Bundes im Bereich der abgeschafften Gemeinschaftsaufgaben Hochschulbau und Bildungsplanung sowie der Finanzhilfen für die soziale Wohnraumförderung und die Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden. Die Länder erhalten im Zeitraum 2007 bis 2019 jährlich Beträge aus dem Bundeshaushalt, die bis 2013 noch für die entsprechenden Aufgabenbereiche zweckgebunden waren und seit 2014 nur noch investiv zu verwenden sind. Im Jahr 2017 beläuft sich das Mittelvolumen auf rund 3,6 Mrd. €.
Die Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs
Der bundesstaatliche Finanzausgleich erhält eine neue Struktur. Künftig entfällt für den Gesetzgeber nicht nur die derzeit bestehende Möglichkeit, vorab bis zu einem Viertel des Länderanteils an der Umsatzsteuer für Ergänzungsanteile zugunsten von Ländern vorzusehen, deren Steuereinnahmen je Einwohner unter dem Durchschnitt der Länder liegen (Umsatzsteuervorwegausgleich). Ebenso entfällt der auf Ausgleichszuweisungen und Ausgleichsbeiträgen basierende Finanzausgleich unter den Ländern in seiner bisherigen Ausgestaltung. An die Stelle beider Umverteilungsstufen tritt ein einstufiger Ausgleich. Dieser erfolgt über finanzkraftabhängige Zu- und Abschläge am auf die einzelnen Länder nach Einwohneranteilen verteilten Länderanteil an der Umsatzsteuer. Diese Systemumstellung machte vielfältige Änderungen im Maßstäbegesetz und im Finanzausgleichsgesetz erforderlich. Dabei basieren die inhaltlichen Festlegungen für die Ermittlung der Höhe der Zu- und Abschläge des neuen Finanzkraftausgleichs weitgehend auf denen des bisherigen Systems des Länderfinanzausgleichs, und zwar mit den folgenden Modifikationen:
- Bei der Bemessung der Finanzkraft der Länder wird die bergrechtliche Förderabgabe statt vollständig künftig nur noch mit 33 % ihres Aufkommens einbezogen.
- Der Anteil der in den Finanzkraftausgleich der Länder einzubeziehenden kommunalen Finanzkraft steigt von 64 % auf 75 %.
- Der Tarif für die Bemessung der Höhe von Zu- und Abschlägen wird einheitlich auf 63 % der Fehlbeträge beziehungsweise Überschüsse zur länderdurchschnittlichen Finanzkraft festgesetzt. Im derzeitigen Länderfinanzausgleich steigt der Ausgleichsgrad des Tarifs von 44 % auf bis zu 75 % progressiv an.
Bergrechtliche Förderabgabe
Hierbei handelt sich um eine den Ländern zustehende Abgabe, die von den jeweiligen Förderunternehmen für den Abbau von Bodenschätzen im Geltungsbereich des Bundesberggesetzes zu entrichten ist. Die Förderabgabe beträgt 10 % des Marktwerts, der für die gewonnenen Bodenschätze durchschnittlich erzielt wird. Die Einzelheiten der Erhebung und Bezahlung der Förderabgabe werden durch Rechtsverordnung der Länder geregelt.
Wesentliche Änderungen betreffen auch die Bundesergänzungszuweisungen:
- Der Tarif der allgemeinen Bundesergänzungszuweisungen wird erhöht. Die Ausgleichsobergrenze wird 2020 von 99,5 % auf 99,75 % der nach Finanzkraftausgleich ermittelten durchschnittlichen Finanzkraft heraufgesetzt. Der Ausgleichsgrad, bezogen auf die zur Ausgleichsobergrenze nach Finanzkraftausgleich verbleibende Finanzkraftlücke, steigt von 77,5 % auf 80 % an.
- Neu eingeführt werden 2020 jährliche Zuweisungen für Länder mit besonders steuerschwachen Kommunen (sogenannte Gemeindesteuerkraft-Bundesergänzungszuweisungen). Ihr Volumen bemisst sich in Abhängigkeit von den kommunalen Steuereinnahmen der einzelnen Länder. Ausgeglichen wird hier die zu 80 % des Durchschnitts je Einwohner vor Finanzkraftausgleich bestehende Einnahmelücke zu 53,5 %.
- Ebenfalls 2020 neu eingeführt werden jährliche Zuweisungen an leistungsschwache Länder, die bei der Vergabe der Forschungsmittel nach Art. 91b Grundgesetz (Nettozuflüsse) nur unterdurchschnittlich berücksichtigt werden (sogenannte Bundesergänzungszuweisungen zum durchschnittsorientierten Forschungsförderungsausgleich). Hier wird die zu 95 % des Durchschnitts je Einwohner bestehende Einnahmelücke zu 35 % ausgeglichen.
- Aufgestockt werden ab 2020 zudem die Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen zum Ausgleich der überproportionalen Kosten der politischen Führung des Landes Brandenburg um jährlich 11 Mio. €.
Aufgrund der strukturellen Änderungen beim Finanzkraftausgleich, insbesondere des Wegfalls des Umsatzsteuervorwegausgleichs sowie der Stärkung der Bundesergänzungszuweisungen, werden die Bundesergänzungszuweisungen für die Finanzausstattung der Länder ab dem Jahr 2020 erheblich an Bedeutung gewinnen.
Sanierungshilfen
Ab dem Jahr 2020 haben die Länder nach den Vorgaben des Art. 109 Abs. 3 Grundgesetz (GG) ihre Haushalte unter Berücksichtigung der konjunkturellen Entwicklung ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen (Schuldenbremse). Im Übergangszeitraum von 2011 bis 2019 können einigen Ländern Konsolidierungshilfen gewährt werden, darunter Bremen und dem Saarland. Aufgrund der besonders schwierigen Haushaltslage beider Länder wurde diese Gesetzesvorschrift ergänzt. Hiernach gewährt der Bund dem Land Bremen und dem Saarland ab 2020 Sanierungshilfen von insgesamt 800 Mio. € jährlich als Unterstützung zur künftig eigenständigen Einhaltung der Schuldenbremse. Im Gegenzug verpflichten sich die Länder, Maßnahmen zum Abbau der übermäßigen Verschuldung sowie zur Stärkung der Wirtschafts- und Finanzkraft zu ergreifen. Die nähere Ausgestaltung der Sanierungsverpflichtungen, insbesondere der Tilgungsvorgaben, ist im Sanierungshilfengesetz geregelt. Der Bund trägt die Finanzierungslast allein.
Verkehrsinfrastrukturgesellschaft
Teil des Pakets ist zudem die Reform der Auftragsverwaltung im Bereich der Bundesfernstraßen und die Gründung einer Infrastrukturgesellschaft für Autobahnen und andere Bundesfernstraßen. Hierzu findet sich ein gesonderter Artikel „Zukunftsprojekt: Infrastrukturgesellschaft“ in diesem Monatsbericht.
Stärkung der kommunalen Bildungsinfrastruktur
In vielen Regionen Deutschlands hat sich in den vergangenen Jahren im Bereich der Schulinfrastruktur, deren Errichtung und Instandhaltung eine Aufgabe der kommunalen Schulträger ist, ein erheblicher Sanierungs- und Modernisierungsrückstand entwickelt. Viele Länder haben darauf – in ihrer Zuständigkeit für eine aufgabenangemessene finanzielle Ausstattung der Kommunen und der Aufgaben- und Ausgabenverantwortung für die Bildungspolitik – bereits mit eigenen Programmen zur Verbesserung der Bildungsinfrastruktur reagiert. Insbesondere finanzschwachen Kommunen fällt es dennoch schwer, den Sanierungsstau aufzulösen. Eine gute, moderne Bildungsinfrastruktur ist Voraussetzung für ein leistungsstarkes Bildungssystem und – auch unter dem Aspekt der Fachkräftesicherung – ein wichtiger Standortfaktor für Familien und die Wirtschaft. Wenn finanzschwache Kommunen bei der Sanierung und Modernisierung ihrer Schulen nicht zügiger vorankommen, beeinträchtigt dies die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in den Regionen ebenso wie den Bildungs- und Wirtschaftsstandort Deutschland als Ganzen.
Durch die Schaffung des Art. 104c GG ist es dem Bund nun ausnahmsweise möglich, durch Finanzhilfen gesamtstaatlich bedeutsame Investitionen finanzschwacher Kommunen in die Schulinfrastruktur zu fördern. Bislang war dies im Rahmen des Art. 104b GG nur im Bereich energetischer Sanierungen möglich. Auf Grundlage des ebenfalls neugeschaffenen zweiten Kapitels des Kommunalinvestitionsförderungsgesetzes (KInvFG II) können nun Sanierung, Umbau und Erweiterung von Schulgebäuden allgemeinbildender sowie berufsbildender Schulen mit einer Förderquote von bis zu 90 % mitfinanziert werden. Soweit dies wirtschaftlicher ist als eine Sanierung, sind ausnahmsweise auch Ersatzneubauten förderfähig.
Der Bund stellt dafür über den Kommunalinvestitionsförderungsfonds für den Zeitraum vom 1. Juli 2017 bis 31. Dezember 2022 weitere 3,5 Mrd. € zur Verfügung. Sinn und Zweck der neuen Finanzhilfen ist es, zu einer Behebung des erheblichen Sanierungsstaus im Bereich der bestehenden Schulinfrastruktur beizutragen. Die Finanzierung von Schulneubauten und der Erweiterung von Kapazitäten sind und bleiben hingegen wie bisher alleinige Aufgabe der Länder und Kommunen.
Art. 104c GG regelt, dass nur Investitionen finanzschwacher Kommunen durch den Bund gefördert werden können. Die konkrete Auswahl dieser Kommunen und deren Förderprojekte bleibt, wie auch im vorherigen ersten Kommunalinvestitionsförderprogramm, Sache der Länder. Die Länder entscheiden also, wie sie die ihnen zustehenden Fördermittel auf ihre finanzschwachen Kommunen verteilen; ebenso sind sie es, die über die Förderfähigkeit der einzelnen Projekte befinden. Die Auswahl der finanzschwachen Kommunen muss allerdings jeweils im Einvernehmen mit dem Bund geschehen. Der Bund wird bei der Erteilung dieses Einvernehmens – selbstverständlich mit dem nötigen Augenmaß und unter Berücksichtigung der unterschiedlichen landesspezifischen Gegebenheiten – darauf hinwirken, dass die Fördermittel entsprechend dem verfassungsrechtlichen Gebot den finanzschwachen Kommunen zugutekommen.
Stärkung des Stabilitätsrats
Der Stabilitätsrat übernimmt für die Jahre ab 2020 eine weitere wichtige Aufgabe. Es handelt sich um die Überwachung der Einhaltung der Schuldenbremse durch Bund und Länder. Die Überwachung orientiert sich an den europäischen Vorgaben und Verfahren. Zur Sicherstellung vergleichbarer Ergebnisse ist ein einheitliches Konjunkturbereinigungsverfahren für die öffentlichen Haushalte zugrunde zu legen. Die Beschlüsse und Berichte des Stabilitätsrats werden auf seiner Webseite1 veröffentlicht und den Parlamenten von Bund und Ländern über die Bundesregierung und die Landesregierungen zugeleitet.
Der Stabilitätsrat
überwacht gemäß Art. 109a GG regelmäßig die Haushalte des Bundes und der Länder. Mitglieder des Gremiums sind der Bundesminister der Finanzen, die Bundesministerin für Wirtschaft und Energie und die Finanzminister der Länder. Das Gremium hat vielfältige Aufgaben, die im Stabilitätsratsgesetz festgehalten sind. Sie bestehen u. a. darin, die Haushalte hinsichtlich drohender Haushaltsnotlagen zu überprüfen und gegebenenfalls daraus resultierende Sanierungsverfahren zu begleiten. Des Weiteren überwacht der Stabilitätsrat, unterstützt von einem Beirat, die Einhaltung der europäischen Vorgaben zur Haushaltsdisziplin. Er ist außerdem verantwortlich für die Überwachung der Einhaltung der Verpflichtungen der Länder, denen gemäß Art. 143d GG Konsolidierungshilfen gewährt werden.
Steuerungs- und Kontrollrechte des Bundes bei Finanzhilfen
Für die zielgerichtete Förderung von Investitionen in gesamtstaatlich bedeutsamen Bereichen erhält der Bund mehr Steuerungs- und Kontrollrechte bei Finanzhilfen. Der geänderte Art. 104b GG sieht in Abs. 2 künftig vor, dass Bund und Länder sich auch über die Ausgestaltung der Länderprogramme zur Verwendung der Finanzhilfen einigen müssen. Um die zweckentsprechende Mittelverwendung zu gewährleisten, kann die Bundesregierung Bericht und Vorlage der Akten verlangen sowie Erhebungen bei allen Behörden durchführen.
Finanzhilfen
Die Verfassung eröffnet dem Bund unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, Länderaufgaben in Form von „Finanzhilfen“ mitzufinanzieren. Gemäß Art. 104b Abs. 1 GG kann der Bund, soweit das Grundgesetz ihm Gesetzgebungsbefugnisse verleiht, den Ländern Finanzhilfen für besonders bedeutsame Investitionen der Länder und der Gemeinden beziehungsweise Gemeindeverbände gewähren, die
- zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts oder
- zum Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft im Bundesgebiet oder
- zur Förderung des wirtschaftlichen Wachstums erforderlich sind.
Die aufgeführten Neuregelungen für Finanzhilfen des Bundes zielen insgesamt auf eine noch höhere Effizienz und noch bessere Kontrolle der Verwendung ab. Der Erfolg in der Praxis hängt – wie immer – wesentlich vom Zusammenwirken von Bund und Ländern ab.
Stärkung der Rechte des Bundesrechnungshofs
Die Erhebungsrechte des Bundesrechnungshofs im Bereich der Landesverwaltung werden erweitert. Künftig kann der Bundesrechnungshof auch in den Fällen, in denen der Bund den Ländern zweckgerichtet Bundesmittel zur Erfüllung von Länderaufgaben zur Verfügung stellt, bei Ländern und Kommunen Erhebungen durchführen. Dadurch erhält der Bundesrechnungshof die Möglichkeit, die notwendigen Erkenntnisse für die Prüfung der zweckentsprechenden Verwendung der vom Bund den Ländern bereitgestellten Finanzierungsmittel zu gewinnen sowie die mit der Zuweisung der Bundesmittel an die Länder intendierten gesamtstaatlichen Zielsetzungen zu überprüfen.
Stärkung der Rechte des Bundes in der Steuerverwaltung
Die Eckpunkte, auf die sich die Regierungschefs von Bund und Ländern am 14. Oktober und 8. Dezember 2016 verständigt hatten, sahen die Stärkung der Rechte des Bundes in der Steuerverwaltung bereits vor. Ziel ist es insbesondere, in den abstimmungsintensiven Bereichen der Steuerverwaltung, vor allem in der IT-Kooperation der Finanzbehörden des Bundes und der Länder, effizienter zu werden und zügiger voranzukommen. Dies wurde dadurch umgesetzt, dass sowohl auf verfassungsrechtlicher als auch auf einfachgesetzlicher Ebene Änderungen bestehender Regelungen sowie Neuregelungen beschlossen wurden. Auf der Verfassungsebene konnte die Stärkung der Einflussrechte des Bundes in der Steuerverwaltung in Art. 108 Abs. 4 Satz 3 GG durch flexiblere Gestaltungsmöglichkeiten beim Zusammenwirken von Bundes- und Landesfinanzbehörden durchgesetzt werden. Damit kann der Bund mit Zustimmung des Bundesrats z. B. in einfachgesetzlichen Verfahrensregelungen Mehrheitsentscheidungen in weiterem Umfang als bisher verankern. Neu ist insbesondere, dass nunmehr auch ein beschränkter Kreis an Ländern gemeinsam mit dem Bund Entscheidungen mit Mehrheit treffen kann, die gleichwohl für alle Länder verbindlich sind. In allererster Linie in der IT-Kooperation in der Steuerverwaltung von Bund und Ländern wird von dieser Neuregelung Gebrauch gemacht werden.
Auf der einfachgesetzlichen Ebene wurden zum einen Änderungen des Finanzverwaltungsgesetzes (FVG) vorgenommen, mit denen das allgemein-fachliche Weisungsrecht sowie das IT-fachliche Weisungsrecht des Bundes gegenüber den Ländern gestärkt werden. Im ersten Fall ist nunmehr eine qualifizierte Mehrheit von Ländern (also 11 Ländern) notwendig, um allgemein-fachliche Weisungen des Bundes zu verhindern. Im zweiten Fall wird das Weisungsrecht des Bundes über die bisherige Möglichkeit hinaus, ein konkretes IT-Programm anzuweisen, u. a. um IT-fachliche Vorgaben erweitert.
Zum anderen wurde auf Initiative der Koalitionsfraktionen im Deutschen Bundestag das sogenannte KONSENS-Gesetz (Art. 8a des Begleitgesetzes) beschlossen. Es ist ab dem 1. Januar 2019 anwendbar und ersetzt damit das bislang geltende Verwaltungsabkommen des Bundes und der Länder über die koordinierte neue Software-Entwicklung der Steuerverwaltung. Während das Verwaltungsabkommen nur bei Einstimmigkeit aller Vertragsparteien (16 Länder, Bund) geändert werden kann, sind an der Fortschreibung des KONSENS-Gesetzes vor allem Bundestag und Bundesrat beteiligt. Dadurch kann das Vorhaben KONSENS künftig bei einer Mehrheit der Stimmen fortgeschrieben werden, während es zugleich sowohl eine politische Aufwertung wie auch größere politische Transparenz erhält.
Inhaltlich werden die Strukturen im Vorhaben KONSENS effizienter ausgestaltet (Etablierung effektiver Multiprojektstrukturen; Ausbau eines professionellen Controllings mit korrespondieren Berichtspflichten; Stärkung der Stimmrechte des Bundes) und zugleich der Steuerung des Vorhabens eine stärkere Durchschlagskraft verliehen, sodass das Ziel, die Informationstechnik der Steuerverwaltung zu modernisieren, leichter und schneller als bislang erreicht werden kann.
Einrichtung eines bundesweiten Bürgerportals
Um die Digitalisierung der deutschen Verwaltung zu verbessern, werden die Voraussetzungen für einen verbindlichen bundesweiten Portalverbund geschaffen. Über diesen Verbund können Bürger und Unternehmen über das Internet auf ein breites Spektrum an Leistungen der öffentlichen Verwaltung von Bund und Ländern zugreifen. Das bedeutet, die bestehenden Verwaltungsportale aller Behörden in Bund, Ländern und Kommunen werden zu einem „virtuellen Portal“ verknüpft. Dadurch soll die bestehende digitale Zersplitterung der Verwaltung in Deutschland überwunden werden.
Über individuelle Servicekonten wird es Bürgern sowie Unternehmen möglich sein, sich an diesem Portalverbund anzumelden und sich mit dem für die jeweilige Verwaltungsdienstleistung notwendigen Sicherheitsniveau zu authentifizieren.
Das Servicekonto
ist das im Portalverbund vorgesehene Nutzerkonto. Mit diesem können Bürger und Unternehmen nach einer einmaligen Registrierung alle angebotenen Leistungen im Portalverbund von jeder Stelle aus nutzen. Welche Identifizierungsmittel bei der Registrierung und Anmeldung von Servicekonten zum Einsatz kommen, richtet sich nach dem jeweiligen Vertrauensniveau der konkreten Verwaltungsdienstleistung. Dabei spielt die Online-Ausweisfunktion des Personalausweises eine wesentliche Rolle.
Um dieses Ziel zu erreichen, erhält der Bund im Kontext der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen durch eine Grundgesetzänderung eine ausschließliche Gesetzgebungskompetenz zur Ausgestaltung des Zugangs zu den Verwaltungsdienstleistungen von Bund und Ländern (einschließlich Kommunen). Die erforderliche Zusammenarbeit von Bund und Ländern wird über die Zustimmungspflicht im Bundesrat gesichert.
Zur Umsetzung dieser Kompetenz wurde das Gesetz zur Verbesserung des Online-Zugangs zu Verwaltungsleistungen (OZG) beschlossen. Dieses verpflichtet Bund und Länder (einschließlich Kommunen), alle rechtlich und tatsächlich geeigneten Verwaltungsleistungen binnen fünf Jahren auch online anzubieten und sie über den Portalverbund zugänglich zu machen. Um die Sicherheit des Portalverbundes und der registrierten Nutzer zu gewährleisten, sieht das OZG vor, dass der Bund die Fragen der IT-Sicherheit mittels einer Rechtsverordnung regeln und allen am Portalverbund Beteiligten vorgeben kann.
Trotz verstärkter politischer Initiativen nutzt derzeit nicht einmal jeder zweite Deutsche die bestehenden elektronischen Verwaltungsdienste. Es gibt zwar auf allen Ebenen der Verwaltung eine Vielzahl von Onlinediensten, diesen mangelt es jedoch häufig an einer flächendeckenden Umsetzung. Für eine Dienstleistung, welche in einer Stadt problemlos online erledigt werden kann, benötigt man in der Nachbarstadt noch einen persönlichen Termin auf dem Amt.
Das Problem liegt auch in der mangelnden Verknüpfung. Der Nutzer muss wissen, ob die Leistung von Bund, Land oder Kommune angeboten wird, um überhaupt das entsprechende Online-Angebot zu finden. Sucht er auf der falschen Seite, findet er keinen Hinweis auf das existierende Angebot einer anderen Behörde. Denn die digitalen Angebote werden nur in Einzelfällen über Verwaltungsgrenzen hinweg entwickelt.
Zur Behebung dieser Probleme sollen innerhalb von fünf Jahren möglichst viele Verwaltungsleistungen von Bund, Ländern und Kommunen online angeboten werden. Bürger und Unternehmen sollen sie künftig direkt, einfach und sicher mit drei Klicks erreichen können. Die lange Suche im Netz nach der richtigen Stelle soll entfallen. Über jedes Verwaltungsportal – egal, ob auf kommunaler, Landes- oder Bundesebene – soll es den vollständigen Zugang zu allen online angebotenen Verwaltungsleistungen geben.
Fazit und Ausblick
Mit der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen haben Bund und Länder nach den Föderalismusreformen der Jahre 2006 und 2009 gezeigt, dass sie sich trotz unterschiedlicher Interessenlagen in wichtigen Fragen auf gemeinsame Lösungen zur Weiterentwicklung des Föderalismus verständigen können. Die Einigung ist insgesamt ein guter Kompromiss, der erst durch Zugeständnisse aller Beteiligten möglich geworden ist. Die Neuordnung schafft Planungssicherheit für Bund und Länder in den wesentlichen Fragen der Einnahmeverteilung bis weit in das nächste Jahrzehnt hinein. Darüber hinaus beinhaltet die Reform wichtige Elemente, durch die die Strukturen des föderalen Staates insgesamt verbessert werden. Dazu zählen etwa die Errichtung einer Verkehrsinfrastrukturgesellschaft des Bundes, eine verbesserte Koordinierung in der Steuerverwaltung von Bund und Ländern, die Stärkung der Kompetenzen des Stabilitätsrats und des Bundesrechnungshofs sowie der bundesweite Portalverbund der öffentlichen Verwaltungen.
Gleichwohl hätte sich der Bund an manchen Stellen noch weitreichendere Änderungen vorstellen können. Es gehört jedoch zum Wesen eines Kompromisses, dass alle Beteiligten durch Zugeständnisse ihren Teil dazu beitragen, dass am Ende ein für alle tragbares Ergebnis steht.
Um die föderalen Strukturen weiterzuentwickeln, gilt es, noch viele Fragen zu beantworten. Beispielsweise wäre es interessant zu erfahren, welche Bedeutung örtliche Rahmenbedingungen und Standortfaktoren für die fiskalische Entwicklung von Regionen haben und wie die föderalen Strukturen weiter verbessert werden können, um staatliche Aufgaben effizient und eigenverantwortlich zum Wohle des Ganzen wahrnehmen zu können. Dazu gehört auch die Frage, wie die gesetzlichen Rahmenbedingungen gestaltet werden können, damit örtliche Besonderheiten im Sinne eines wirkungsvollen Mitteleinsatzes stärker als bisher Berücksichtigung finden können. Auch vor diesem Hintergrund dürfte die Entwicklung der föderalen Strukturen – insbesondere der Bund-Länder-Finanzbeziehungen – in den kommenden Jahren weiterhin neue Herausforderungen bereithalten.