- Die deutsche Abgabenquote – d. h. die Belastung durch Steuern und Sozialabgaben im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt – lag mit 36,9 % im Jahr 2015 international im oberen Mittelfeld. Verlässliche steuerliche Rahmenbedingungen und leistungsgerechte Entlastungen sind daher in den nächsten Jahren die richtigen steuerpolitischen Antworten zur Sicherung von Zukunftsvertrauen, nachhaltigem Wachstum und hoher Beschäftigung.
- Bei der steuertariflichen Gesamtbelastung von Kapitalgesellschaften bleibt Deutschland weiterhin knapp unter der im internationalen Vergleich wichtigen Marke von 30 %.
- Der deutsche Einkommensteuerspitzensatz von rund 47,5 % (inklusive Solidaritätszuschlag) liegt international im oberen Mittelfeld. Die auch hierauf beruhende Umverteilungswirkung des deutschen Steuer- und Transfersystems ist im internationalen Vergleich sehr hoch.
Inhalt
Einleitung
Der folgende Beitrag stellt überblicksartig grundlegende Vergleiche zur internationalen Besteuerung an.1 Die Ländervergleiche erstrecken sich auf die EU-Staaten und einige andere Industriestaaten (die USA, Kanada, Japan, die Schweiz und Norwegen). Sie geben grundsätzlich den Rechtsstand zum Ende des Jahres 2016 wieder. Angekündigte oder beschlossene Maßnahmen, die sich erst ab 2017 auswirken, sind nicht erfasst.
Gesamtwirtschaftliche Kennzahlen
Gesamtwirtschaftliche Steuerquoten messen die Belastung durch in einer Volkswirtschaft gezahlte Steuern bezogen auf die Wirtschaftsleistung. Die Aussagekraft dieser Steuerquoten ist aber begrenzt, weil die in den Vergleich einbezogenen Staaten ihre staatlichen Sozialversicherungssysteme in unterschiedlichem Ausmaß über eigenständige Beiträge (die nicht in der Steuerquote enthalten sind) oder aus allgemeinen Haushaltsmitteln und damit über entsprechend hohe Steuern finanzieren. Erst die Abgabenquote, die sowohl Steuern als auch Beiträge zur Sozialversicherung ins Verhältnis zum jeweiligen Bruttoinlandsprodukt setzt, macht die Belastung mit Steuern und Abgaben international vergleichbar.
Abbildung 1 zeigt, dass nach den Abgrenzungsmerkmalen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) die Abgabenquote insbesondere in den meisten skandinavischen Staaten, aber auch in Frankreich, Belgien, Italien und Österreich vergleichsweise hoch ist (>40 %). Dagegen weisen die USA, die Schweiz und Irland relativ niedrige Abgabenbelastungen auf (<30 %). Die deutsche Abgabenquote bewegt sich im oberen Mittelfeld (2015: 36,9 %). Die niedrigste Abgabenquote weist im Jahr 2015 Irland (23,6 %) auf. Die höchste relative Abgabenbelastung findet sich mit 46,6 % weiterhin in Dänemark. Die deutsche Steuerquote hat sich gegenüber 2014 im Jahr 2015 von 22,6 % auf 22,9 % erhöht. Hier rahmen die Slowakei am unteren und – nach wie vor – Dänemark am oberen Rand das Feld der Vergleichsstaaten ein.
Steuerliche Belastung des Gewinns von Kapitalgesellschaften
Die nominale Steuerbelastung von Kapitalgesellschaften lässt sich leicht anhand der Steuergesetze feststellen. Ihr kann eine bedeutende Signalfunktion bei der internationalen Verteilung von Buchgewinnen und -verlusten zugesprochen werden. Die tatsächliche oder auch effektive Steuerbelastung ergibt sich aus dem Zusammenspiel von Steuerbemessungsgrundlage und Steuersatz. Im Folgenden werden die Steuersätze und Eckpunkte der Bemessungsgrundlagen verglichen.
Körperschaftsteuertarife
Um Doppelbelastungen ausgeschütteter Gesellschaftsgewinne durch die Körperschaftsteuer der Gesellschaft und die Einkommensteuer des Anteilseigners zu verhindern oder zumindest abzumildern, haben inzwischen fast alle Staaten Systeme zur Entlastung der Dividenden beim Anteilseigner eingeführt. Von den europäischen Staaten sehen Irland und die Schweiz keine Entlastung ausgeschütteter Gewinne auf der Ebene des Anteilseigners vor (klassische Systeme ohne Tarifermäßigung). Diese Staaten haben aber als Ausgleich nach wie vor vergleichsweise niedrige allgemeine Körperschaftsteuertarife. Drei EU-Staaten besteuern die Gewinne nur bei der Gesellschaft, sodass Dividenden beim Anteilseigner steuerfrei bleiben (Estland, Slowakei und Zypern). Zum gleichen wirtschaftlichen Ergebnis kommt auch Malta, indem die Körperschaftsteuer auf ausgeschüttete Gewinne dem Einkommensteuersatz auf Dividenden entspricht und voll auf die Einkommensteuer angerechnet wird (sogenanntes Vollanrechnungsverfahren).
Im Vergleich zum Vorjahr blieben in den meisten der hier untersuchten Staaten die (nominalen) Körperschaftsteuersätze unverändert. Abbildung 2 zeigt die im Jahr 2016 geltenden Körperschaftsteuersätze (ohne Steuern nachgeordneter Gebietskörperschaften). Seit der Absenkung des deutschen Körperschaftsteuersatzes im Rahmen der Unternehmensteuerreform 2008 auf 15 % ist die Stellung Deutschlands im internationalen Vergleich deutlich wettbewerbsfähiger.
Über die zentralstaatliche Ebene hinaus erheben in mehreren Staaten nachgeordnete Gebietskörperschaften (Einzelstaaten, Provinzen, Regionen, Gemeinden usw.) noch eigene Körperschaftsteuern oder ihnen ähnliche Steuern, wie z. B. in Deutschland und Luxemburg die Gewerbesteuer. Hinzu kommen vielfach Zuschläge auf verschiedenen staatlichen Ebenen. Die Höhe all dieser die Kapitalgesellschaften belastenden Unternehmensteuern, die bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage den Gewinn zugrunde legen, ist in Abbildung 3 dargestellt. Zu beachten ist, dass die von lokalen Gebietskörperschaften erhobenen Steuern von der Steuerbemessungsgrundlage der übergeordneten Gebietskörperschaften in manchen Staaten abzugsfähig sind (z. B. in der Schweiz und den USA). Die Gesamtsteuerbelastung auf Unternehmensebene ergibt sich demzufolge aus einer abgestuften Berechnung und nicht als einfache Addition der nominalen Steuersätze der einzelnen Steuern. Bis 2008 minderte die Gewerbesteuer auch in Deutschland als Betriebsausgabe die Bemessungsgrundlage. Um die Transparenz der Besteuerung zu erhöhen (additive Steuerbelastungsermittlung) und die Finanzströme der unterschiedlichen öffentlichen Gebietskörperschaftsebenen zu entflechten, ist die Gewerbesteuer seitdem nicht mehr als Betriebsausgabe abziehbar. Die steuertarifliche Gesamtbelastung von Kapitalgesellschaften reicht von 10 % in Bulgarien bis fast 40 % in den USA. Deutschland bleibt unter der im internationalen Vergleich wichtigen Marke von 30 %.
Periodenübergreifende Verlustberücksichtigung bei der Körperschaftsteuer
Einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die tatsächliche steuerliche Belastung von Unternehmen hat auch die in Tabelle 1 dargestellte periodenübergreifende Verlustberücksichtigung bei der Körperschaftsteuer in Form des Verlustrück- beziehungsweise -vortrags. Hierbei weisen die einzelnen Staaten sehr unterschiedliche Regelungen auf. So sind die überperiodischen Verlustausgleichsregeln mehrheitlich restriktiver als in Deutschland ausgestaltet. Dies zeigt sich vor allem daran, dass viele Staaten keinen Verlustrücktrag kennen. In Deutschland, aber auch in Frankreich, Irland, den Niederlanden, dem Vereinigten Königreich, Japan, Kanada und den USA führt die Möglichkeit, Verluste zurückzutragen, zu einer Liquiditätszufuhr in wirtschaftlich weniger ertragreichen Zeiten. Vorgetragene Verluste können in einigen Staaten zeitlich unbegrenzt mit Gewinnen verrechnet werden; in anderen Staaten ist eine Verlustverrechnung hingegen nur innerhalb einer bestimmten Zeitspanne möglich. Deutschland erlaubt einen zeitlich unbegrenzten Verlustvortrag. Gegebenenfalls wird der jährliche Abzug begrenzt, was zu einer Verluststreckung führt (sogenannte Mindestgewinnbesteuerung).
Nominale Ertragsteuerbelastung natürlicher Personen
Die Mehrzahl der hier untersuchten Staaten, die einen Grundfreibetrag beziehungsweise eine Nullzone im Tarif haben, hat diesen im Jahr 2016 angepasst. Die Eingangssteuersätze blieben in den meisten Fällen im Vergleich zum Vorjahr unverändert. Bei der Interpretation dieser Daten muss beachtet werden, dass in mehreren Staaten mit vergleichsweise hohen Tarifeingangssätzen die Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung abgedeckt werden, so z. B. in den nordischen Staaten und den Niederlanden. Dies erschwert die Vergleichbarkeit. Auch die Ehegattenbesteuerung ist unterschiedlich geregelt. In einigen Staaten wird eine Einzelveranlagung vorgenommen (u. a. in Österreich), in anderen eine Zusammenveranlagung, wobei diese mit Splitting (etwa in Deutschland) oder ohne (z. B. in den USA) durchgeführt werden kann. In Deutschland oder etwa Spanien können Ehepaare auch zwischen Einzel- und Zusammenveranlagung selbst entscheiden.
Die Einkommensteuerspitzensätze blieben im Jahr 2016 in den meisten untersuchten Staaten unverändert. Abbildung 4 zeigt die höchstmöglichen Steuersätze im Rahmen der Einkommensbesteuerung natürlicher Personen. Dabei sind die Einkommensteuern der zentralstaatlichen Ebene und der Gebietskörperschaften sowie sonstige Zuschläge berücksichtigt. Die Spitzensteuersätze bewegen sich zwischen 10 % in Bulgarien und 57,1 % in Schweden. Der deutsche Spitzensteuersatz (inklusive Solidaritätszuschlag) ist mit 47,48 % im oberen Mittelfeld angesiedelt.
Einkommen-/Lohnsteuerbelastung von Arbeitnehmern
Für Arbeitnehmerhaushalte in verschiedenen Familienverhältnissen und Einkommensgruppen veröffentlicht die OECD regelmäßig eine international vergleichende Untersuchung. Abbildung 5 zeigt die Belastung des durchschnittlichen Bruttoarbeitslohns eines Arbeitnehmerhaushalts durch die Lohn- oder Einkommensteuer, und zwar klassifiziert nach verschiedenen Familienverhältnissen (Alleinstehend, Familie als Allein- und als Doppelverdiener).
Umsatzsteuersätze
In den untersuchten Industriestaaten blieben die Umsatzsteuersätze im Vergleich zum Vorjahr nahezu unverändert. Im Jahr 2016 erhöhte Griechenland seinen Normalsatz von 23 % auf 24 %. Eine Senkung des Normalsatzes von 24 % auf 20 % fand in Rumänien statt. Der in Deutschland erhobene Umsatzsteuernormalsatz von 19 % liegt im EU-Vergleich nach wie vor in der unteren Hälfte.
Fazit
Deutschland verfügt über ein international wettbewerbsfähiges, leistungsgerechtes und faires Steuersystem. Der Steuer- und Abgabenbelastung stehen ein für ein hochentwickeltes Industrieland angemessenes Niveau an öffentlichen Leistungen und ein gut ausgebautes soziales Sicherungssystem gegenüber. Auch Unternehmen berücksichtigen bei der Standortauswahl neben der nominalen Steuerbelastung insbesondere die „Leistungsseite“ eines Standorts, wie etwa Infrastruktur, Qualifikationsniveau der Fachkräfte, öffentliche Sicherheit und eine effiziente Verwaltung.
Zugleich sollte in Zeiten ausgeglichener öffentlicher Haushalte der Staat nicht einen zunehmenden Anteil des erwirtschafteten Einkommens beanspruchen. Auf Dauer würden dadurch die falschen Anreize gesetzt, sowohl für die Leistungsbereitschaft von Arbeitnehmern und Unternehmen als auch für das notwendige Maßhalten bei den Staatsausgaben. Eine möglichst konstante Steuerquote kann hier als Richtschnur dienen. Verlässliche steuerliche Rahmenbedingungen und leistungsgerechte Entlastungen bleiben auch in den nächsten Jahren die richtigen steuerpolitischen Ansätze zur Sicherung von Zukunftsvertrauen, nachhaltigem Wachstum und hoher Beschäftigung in Deutschland.
Fußnoten
- 1
- Die ausführliche Broschüre „Die wichtigsten Steuern im internationalen Vergleich 2016“ kann im Internetangebot des BMF bestellt oder direkt als PDF-Dokument heruntergeladen werden.