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    Er­klä­rungs­an­sät­ze für die ge­rin­ge In­fla­ti­on im Nied­rig­zin­sum­feld: ei­ne Ana­ly­se für Deutsch­land 2012 bis 2016

    • Für die deutsche Volkswirtschaft hätte aus der expansiven Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) während der vergangenen Jahre theoretisch ein signifikanter Preisauftrieb entstehen sollen. Tatsächlich war im Zeitraum 2012 bis 2016 jedoch eine Verlangsamung der Inflation zu beobachten.
    • Eine ökonometrische Analyse zeigt, dass das Niedrigzinsumfeld zwar aufgrund positiver Nachfrageeffekte die gesamtwirtschaftliche Kapazitätsauslastung erhöht hat. Jedoch hat dies bisher offensichtlich nicht ausgereicht, um einen stärkeren Preisauftrieb zu generieren.
    • Zudem sollte bei der Erklärung der geringen Inflationsdynamik berücksichtigt werden, dass die Niedrigzinspolitik die Kapitalkosten für deutsche Unternehmen gesenkt hat und diese die entstandenen Spielräume u. a. für eine Politik moderater Preissetzung nutzen konnten. Insgesamt wirkt dieser Effekt anderen, preissteigernden Effekten aus der expansiven Geldpolitik entgegen.
    • Schließlich hat vor allem der starke Rückgang der Energiepreise die Inflation in Deutschland gedämpft. Dieser Einfluss dürfte allerdings im Zuge einer zunehmenden weltwirtschaftlichen Erholung auslaufen und somit auch eine Normalisierung der Verbraucherpreisinflation in Deutschland mit sich bringen.

    Einleitung

    Die Finanz- und Wirtschaftskrise in den Jahren 2008/2009 ging in Europa mit erheblichen makroökonomischen Verwerfungen einher. Vor dem Hintergrund der seitdem vorherrschenden wirtschaftlichen Schwäche in weiten Teilen des Euroraums und zur Stabilisierung der Inflationserwartungen verfolgt die EZB bis heute eine expansive Geldpolitik. Für die deutsche Volkswirtschaft müsste daraus theoretisch ein signifikanter Preisauftrieb entstehen. Die tatsächliche Entwicklung der Inflationsrate zeigte von 2012 bis 2016 jedoch einen anderen Verlauf (siehe Abbildung 1). Zwischen 2012 und 2016 war in Deutschland eine Inflationsverlangsamung zu beobachten.

    Diesem „Inflations-Puzzle“ wurde in einer ökonometrischen Analyse nachgegangen, die verschiedene gesamtwirtschaftliche Transmissionskanäle der Niedrigzinspolitik auf die Inflationsentwicklung in Deutschland untersucht. Ausgehend vom makroökonomischen Kern-Zusammenhang zwischen preislicher Dynamik und gesamtwirtschaftlicher Kapazitätsauslastung, der sogenannten Phillips-Kurve1, wurden mittels eines umfassenden Quartalsdatensatzes (1996 bis 2016) und empirischer Modelle vier wirtschaftstheoretisch fundierte Hypothesen zur Niedriginflation in Deutschland abgeleitet und getestet, darunter der klassische Einfluss aus gesamtwirtschaftlicher Überschussnachfrage, die Rolle zukünftiger Inflationserwartungen, außenwirtschaftliche Effekte (insbesondere Energiepreise) und der Einfluss aus kapitalbedingten Einsparungen bei Produktionskosten.

    Entwicklung der Inflation seit Mitte der 1990er Jahre

    Die Entwicklung der Verbraucherpreise in Deutschland seit Mitte der 1990er Jahre lässt sich im Wesentlichen in fünf Phasen unterteilen (siehe Abbildung 1). Nach einer langen Phase preislicher Stabilität (Stabilitätsphase) die etwa Mitte der 1990er Jahre begann, zog die Teuerung zwischen den Jahren 2006 und 2007 rapide an und erreichte ihren Höhepunkt im Jahr 2008 (Vorkrisenphase). Während der Krise in den Jahren 2008/2009 ging die Inflationsrate wie in den meisten Industrieländern dann deutlich zurück (Krisenphase). Im Zuge der schnellen wirtschaftlichen Erholung in Deutschland zog die preisliche Dynamik dann bis zum Jahr 2011 wieder deutlich an – in etwa bis auf den Zielwert der EZB von mittelfristig unter, aber nahe 2 % (Aufholphase). Ab 2012 hat sie trotz positiver konjunktureller Entwicklung jedoch erneut spürbar nachgegeben und bewegte sich auch noch im Verlauf des Jahres 2016 auf niedrigem Niveau (Moderationsphase).

    Das Verlaufdiagramm zeigt den Verbraucherpreisindex (1996 Q2 bis 2016 Q2), Die Angabe der Jahresveränderungsrate ist in Prozent. BildVergroessern
    Abbildung 1

    Makroökonomischer Analyserahmen und Schätzmethodik

    Die ökonomische Grundlage der hier ausgeführten Überlegungen zur Inflationsdynamik in Deutschland bildete die sogenannte neukeynesianische Phillips-Kurve. Im Kern beschreibt diese Kurve den klassischen Zusammenhang zwischen Inflation und gesamtwirtschaftlicher Auslastung. Da Unternehmen, die nur in bestimmten Abständen Preisanpassungen vornehmen können, bei Antizipation von zukünftigen Preisbewegungen entsprechend schon heute reagieren, gehen zudem vorausschauende Inflationserwartungen ein.2 Dieser grundlegende Analyserahmen wurde sodann um außenwirtschaftliche Einflüsse und Effekte aus Produktionskostenentwicklungen (insbesondere Finanzierungskosten für den Produktionsfaktor Kapital) erweitert.3 Abschließend wurden die postulierten Wirkungszusammenhänge mittels linearer Regressionen überprüft. Dabei dienten sowohl Eingleichungsmodelle, als auch strukturelle endogene Mehrgleichungsmodelle (strukturelle Vektorautoregressionen (SVAR)) als Analyseinstrumente.4

    Triebkräfte der Inflation in Deutschland von 2012 bis 2016

    Effekte aus gesamtwirtschaftlicher Nachfrage zu schwach für stärkeren Preisauftrieb

    Ein zentrales Ergebnis der empirischen Untersuchung ist, dass klassische gesamtwirtschaftliche Nachfrageimpulse (auch Demand-Pull-Effekte genannt) die für Deutschland u. a. aus der expansiven Geldpolitik der EZB resultieren, durchaus existieren. Allerdings waren sie im Zeitraum von 2012 bis 2016 vermutlich zu schwach oder sie wurden durch außenwirtschaftliche Effekte überlagert, um stärkeren Preisauftrieb zu erzeugen.5 Solche gesamtwirtschaftlichen „Demand-Pull-Zusammenhänge“ auf die Inflation lassen sich empirisch adäquat über den Kanal der gesamtwirtschaftlichen Kapazitätsauslastung abbilden, modelliert z. B. mittels Produktionslücke (siehe Abbildung 2).6

    Das Verlaufsdiagramm zeigt die Produktionslücke der Jahre 2012 bis 2016. Angaben in Prozent des Potenzial-Bruttoinlandsprodukts. BildVergroessern
    Abbildung 2

    Die Schätzungen ergaben einen signifikanten positiven Zusammenhang zwischen Kapazitätsauslastung und Verbraucherpreisinflation auf einem Signifikanzniveau von 5 %. Der geschätzte Koeffizient im Basis-Modell betrug 0,1.7 Der relativ geringe Wert kann u. a. dadurch erklärt werden, dass die Volatilität in der Kapazitätsauslastung der deutschen Volkswirtschaft über den Zeitraum der Stichprobe relativ zu anderen Variablen nicht besonders stark ausgeprägt war. Insbesondere am aktuellen Rand ist die Produktionslücke seit einiger Zeit nahezu geschlossen, sodass der effektive Einfluss auf die Verbraucherpreisinflation selbst bei großen Koeffizienten marginal gewesen wäre. Im Umkehrschluss erklärt diese Erkenntnis, warum der preisliche Aufwärtsdruck zwischen Mitte 2012 und 2016 nicht stärker war. Für eine höhere Inflation aus „Demand-Pull-Faktoren“ hätte demnach eine weitaus deutlichere Auslastung der gesamtwirtschaftlichen Produktionskapazitäten verzeichnet werden müssen. Zwar dürfte die expansive Geldpolitik insbesondere über eine Verbesserung der außenwirtschaftlichen Rahmenbedingungen dazu beigetragen haben, dass die Produktionslücke annähernd geschlossen wurde. Die Impulse auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage könnten aber dennoch zu gering für signifikanten preislichen Auftrieb gewesen sein. Die Entwicklung des Kreditvolumens und der Investitionen am Ende der betrachteten Stichprobe verlief z. B. nur moderat. Allerdings könnten die Nachfrageeffekte der Geldpolitik auch durch die nach wie vor schwache Konjunktur im Euroraum überkompensiert worden sein.

    Wenig Evidenz für einen Effekt aus sinkenden vorausschauenden Inflationserwartungen auf die Preisdynamik

    Ein etwas abstrakterer Kanal für die gesamtwirtschaftliche Preisentwicklung können vorausschauende Inflationserwartungen sein. Unternehmen, die nur in bestimmten Abständen Preisanpassungen vornehmen können, reagieren bei Antizipation von zukünftigen Preisbewegungen entsprechend schon heute. In einem Umfeld schwacher außenwirtschaftlicher Entwicklung und struktureller Anpassungsprozesse in vielen Volkswirtschaften Europas könnte demzufolge die moderate Preisentwicklung zwischen 2012 und 2016 in Deutschland mit gesunkenen Inflationserwartungen erklärt werden (siehe Abbildung 3). Die EZB hatte u. a. aufgrund dieser Entwicklung ein ganzes Bündel an Maßnahmen ergriffen, um die Inflationserwartungen zu stabilisieren.8

    Verlaufdiagramm: Inflationserwartungen in Deutschland im Zeitraum von 2012 bis 2016. Anteil der Haushalte, die innerhalb eines Jahres steigende Preise erwarten. BildVergroessern
    Abbildung 3

    Die hier durchgeführten Schätzungen auf Grundlage der Eingleichungsmodelle offenbarten jedoch keinen signifikanten Effekt vorausschauender Inflationserwartungen auf die Verbraucherpreisinflation auf einem 5 %-Signifikanzniveau.9 Hingegen zeigten die SVAR-Analysen einen gerade signifikanten positiven Zusammenhang zwischen zukünftigen Erwartungen und der Inflationsrate, der mit etwas Verzögerung einsetzt. Diese unklare Evidenz kann an verschiedenen Faktoren liegen. Zum einen sind Inflationserwartungen generell eine schwierig zu messende Größe. Zum anderen könnten Preiserwartungen auch anders ausgeprägt sein als vorrauschauend, z. B. könnten sie aus Vergangenheitswerten gebildet werden (adaptiv). Deswegen könnten Erwartungen zu einem Teil bereits in anderen berücksichtigten Variablen abgebildet worden sein.10

    Starker Einfluss außenwirtschaftlicher Faktoren auf die Verbraucherpreise

    Außenwirtschaftliche Faktoren können die inländische Preisdynamik insbesondere über die Preise für importierte Güter determinieren. Die durchgeführten Schätzungen der um außenwirtschaftliche Faktoren erweiterten, neukeynesianischen Phillips-Kurve lieferten starke Belege dafür. Einflussfaktoren wie die gedämpfte weltwirtschaftliche Entwicklung (siehe Abbildung 5) und insbesondere die starke Abnahme der Ölpreise (siehe Abbildung 4) haben die Verbraucherpreisentwicklung im betrachteten Zeitraum deutlich abgeschwächt.

    Das Verlaufsdiagramm stellt den Ölpreisindex der Jahre 2012 bis 2016 dar. Angaben in Euro pro Barrel. BildVergroessern
    Abbildung 4

    Das Verlaufsdiagramm zeigt den Importpreisindex (ohne Energie) im Zeitraum von 2012 bis 2016. BildVergroessern
    Abbildung 5

    Energiepreise: Der Effekt aus Ölpreisveränderungen (Quartalswachstumsrate) auf die Verbraucherpreise war im Basis-Modell auf einem 5 %-Testniveau signifikant positiv. Der standardisierte geschätzte Koeffizient lag bei 0,3. Demnach ging eine Steigerung der Veränderungsrate der Ölpreise um eine Standardabweichung im Mittel mit einer Erhöhung der jährlichen Verbraucherpreisinflation um 0,3 Standardabweichungen einher.

    Andere außenwirtschaftliche Faktoren: Eine moderate Entwicklung der Einfuhrpreise (ohne Energie) kann u. a. ein Indikator für eine schwache außenwirtschaftliche Konjunktur sein. Zudem können Einfuhrpreise die gesamtwirtschaftliche Inflation über die Produktionskosten treiben. Der Effekt aus Veränderungen der Einfuhrpreise auf die Verbraucherpreisentwicklung war im Basis-Modell auf einem 5 %-Niveau signifikant positiv. Eine moderate Preisentwicklung für Importgüter wirkte somit bremsend auf die Verbraucherpreise in Deutschland. In standardisierter Betrachtung ergab sich ein Koeffizient von 0,2. Der Effekt aus der Veränderung der Einfuhrpreise (ohne Energie) war somit schwächer als der Effekt aus Energiepreisen.

    Moderate Entwicklung der Produktionskosten dämpft Preisdynamik

    Mit einer Reduzierung des Zinsniveaus gehen für Unternehmen in der Regel sinkende Kosten für neue und bestehende Finanzierungen einher. Insgesamt sinken so die Produktionskosten und es kommt ceteris paribus (unter sonst gleichen Bedingungen) zu einer Expansion der Unternehmensgewinne. Inwiefern diese Gewinnexpansion auch mit sinkenden Produzenten-Preisen (für gewerbliche Erzeugerpreise siehe Abbildung 6) einhergeht, hängt insbesondere vom Überwälzungsverhalten der Unternehmen ab. Sie können beispielsweise preispolitische Zielsetzungen verfolgen, da sie u. a. von der spezifischen Marktsituation im Konjunkturzyklus abhängig sind. Sie könnten zinsbedingte Kosteneinsparungen zur Senkung der Produzentenpreise nutzen, um die preisliche Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen und um Marktanteile zu gewinnen; dies würde ceteris paribus den Preisniveauanstieg dämpfen.

    Die Infografik stellt in einem Verlaufsdiagramm den Erzeugerpreisindex für gewerbliche Produkte (ohne Energie) im Zeitraum von 2012 bis 2016 dar. Jahresveränderungsrate in Prozent. BildVergroessern
    Abbildung 6

    Die entsprechenden empirischen Tests basierend auf Preis-Kosten-Funktionen (gesamtwirtschaftlich und für gewerbliche Produkte) zeigten auf einem Test-Niveau von 5 %, dass Veränderungen der Kapitalkosten signifikante Reaktionen in der Preissetzung der Produzenten mit sich bringen. Die geschätzten Koeffizienten deuten darauf hin, dass sinkende Kapitalkosten zu signifikant niedrigeren Produzentenpreisen führen. Teilweise findet diese Reaktion mit leichter zeitlicher Verzögerung statt. Zudem fand sich Evidenz dafür, dass eine Übertragung dieser Produzentenpreis-Effekte auf die Verbraucherpreise stattfindet.

    Bei der Erklärung der unerwartet geringen Inflationsdynamik in Deutschland im Zeitraum von 2012 bis 2016 sollte somit auch berücksichtigt werden, dass die Niedrigzinspolitik die Kapitalkosten für deutsche Unternehmen gesenkt hat und diese wiederum die entstandenen Spielräume für eine Politik moderater Preissetzung nutzen konnten. Insgesamt wirkt dieser Effekt anderen, preissteigernden Effekten aus der expansiven Geldpolitik der EZB entgegen.

    Fazit

    Für die deutsche Volkswirtschaft hätte aus der expansiven Geldpolitik der EZB während der vergangenen Jahre theoretisch ein signifikanter Preisauftrieb entstehen sollen. Tatsächlich war im Zeitraum von 2012 bis 2016 jedoch eine Verlangsamung der Inflation zu beobachten. Diesem „Inflations-Puzzle“ wurde in einer ökonometrischen Analyse nachgegangen.

    Die Untersuchung macht deutlich, dass das aktuelle Niedrigzinsumfeld in Deutschland zwar aufgrund positiver Nachfrageeffekte die gesamtwirtschaftliche Kapazitätsauslastung erhöht hat. Jedoch hat dies bisher offensichtlich nicht ausgereicht, um einen stärkeren Preisauftrieb zu generieren.

    Zudem sollte bei der Erklärung der geringen Inflationsdynamik berücksichtigt werden, dass die Niedrigzinspolitik die Kapitalkosten für deutsche Unternehmen gesenkt hat und diese die entstandenen Spielräume u. a. für eine Politik moderater Preissetzung nutzen konnten. Insgesamt wirkt dieser Effekt anderen, preissteigernden Effekten aus der expansiven Geldpolitik der EZB entgegen.

    Weiter zeigt die Analyse, dass vor allem der starke Rückgang der Energiepreise die Inflation in Deutschland gedämpft hat. Dieser Einfluss dürfte allerdings im Zuge einer zunehmenden weltwirtschaftlichen Erholung auslaufen und somit auch eine Normalisierung der Verbraucherpreisinflation in Deutschland mit sich bringen.

    Damit könnte schließlich auch das Risiko steigen, dass die möglichen negativen Nebenwirkungen der expansiven Geldpolitik (u. a. zunehmende Fiskaldominanz und bilanzielle Risiken in Finanzinstituten) in den Vordergrund rücken und eine Inflationsdynamik einsetzt, die das Ziel der Preisniveaustabilisierung erschweren könnte.

    Fußnoten

    1
    Die Phillips-Kurve bezeichnete ursprünglich eine inverse Beziehung zwischen Lohnzuwächsen und Arbeitslosigkeit. Vergleiche: A. W. Phillips (1958), The relation between unemployment and the rate of change of money wage rates in the United Kingdom, Economica, 25(100):283-299.
    2
    Eine moderne Ausführung zur neukeynesianischen Phillips-Kurve findet sich z. B. in der Studie von J. Gali und M. Gertler (1999), Inflation dynamics: A structural econometric analysis, Journal of Monetary Economics, 44(2):195-222. Erweiterungen des klassischen Phillips-Kurven-Rahmens finden sich z. B. in S. Eickmeier und K. Moll (2009), The Global Dimension of Inflation – Evidence from Factor-Augmented Phillips Curves, ECB Working Paper No. 1011. Zudem geben die im Januar 2017 erschienenen Arbeiten der Low Inflation Task Force (LITF) der EZB einen guten Überblick über zahlreiche Anwendungen zum Phillips-Kurven-Analyserahmen.
    3
    Für die Analyse des Zusammenhangs zwischen Preisen und Produktionskosten wurden in einem ersten Schritt zudem verschiedene Kostenfunktionen spezifiziert. Dabei wurde sowohl auf die gesamtwirtschaftliche Preis-Kosten-Entwicklung, als auch auf die Preis-Kosten-Entwicklung für gewerbliche Produkte abgezielt.
    4
    Die Schätzungen erfolgten unter Anwendung der Kleinste-Quadrate-Methode. Eigenschaften der Residuen wurden in diagnostischen Verfahren überprüft. Insbesondere um Effekten aus Autokorrelation und Endogenität vorzubeugen, wurden u. a. verzögerte abhängige Variablen verwendet.
    5
    Eine Reihe von Wirkungszusammenhängen fällt dabei unter den Begriff gesamtwirtschaftlicher „Demand-Pull-Effekte“ auf die Inflation. Darunter z. B. die Reaktion des privaten Verbrauchs auf geringere Zinsen und die damit verbundene Preissteigerung, Vermögenspreisinflation (als Folge der Wertpapierkäufe) oder ausgeweitete Kreditvergabe (induziert z. B. durch veränderte Bewertung von Vermögensgütern in Bankenbilanzen). Ähnliches gilt für eine Ausweitung der Investitionsnachfrage und der daraus folgenden Preissteigerung. Für eine detaillierte Analyse der konjunkturellen Effekte der expansiven Geldpolitik s. a.: Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Zeit für Reformen, Jahresgutachten 2016/17.
    6
    Bei der Berechnung der gesamtwirtschaftlichen Produktionslücke auf Quartalsbasis wurde die jeweilige Produktion – gemessen als reales BIP – dem Produktionspotenzial gegenübergestellt. Das unterjährige Produktionspotenzial wurde dabei mittels Trendkomponente des Hodrick-Prescott-Filters für das reale BIP geschätzt. Dieses Verfahren zur Ermittlung des Potenzial-BIP entspricht nicht dem offiziellen Verfahren der Bundesregierung. Zudem können sich für Jahreswerte andere Ergebnisse zeigen.
    7
    Auch in standardisierter Form ergibt sich für das Basis-Modell ein Koeffizient von 0,1. Der Effekt aus Kapazitätsauslastung ist somit deutlich geringer als etwa die Effekte aus Energiepreisen (rund 0,3) und etwas geringer als der Effekt aus allgemeinen außenwirtschaftlichen Faktoren (rund 0,2).
    8
    Vergleiche: Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Juni 2016, 68(6).
    9
    Datengrundlage für die vorausschauenden Inflationserwartungen ist dabei die umfassende Konsumenten-Umfrage der EU-Kommission. Der Indikator wird berechnet als absolute Jahresveränderung des Saldos der Antworten (Anteil der Haushalte, die für das nächste Jahr mit steigender Inflation rechnen, abzüglich des Anteils, der von unveränderten oder fallenden Preissteigerungsraten ausgeht).
    10
    Sollten Erwartungen beispielsweise eher adaptiver Natur sein, könnten sie sich zumindest teilweise in verzögerten Realisierungen der Inflationsrate abbilden lassen. In der Tat zeigten die Schätzungen hochsignifikante Koeffizienten der um eine Periode verzögerten Inflationsrate. Dies kann auch als Evidenz für das Vorliegen preislicher Rigidität gewertet werden.


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