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03.06.2022

Bundestagsrede von Christian Lindner: Schlussrunde der Beratungen des Bundeshaushalts 2022

Christian Lindner: Kollege Bury, ich habe gerne Ihrem leidenschaftlichen Plädoyer zugehört. Vieles von dem, was Sie gesagt haben, teile ich in der Sache auch. Und dennoch musste ich nochmal gerade im Volkshandbuch nachschauen und habe gesehen, Sie sind ja jetzt in Ihrer ersten Wahlperiode. Deshalb können Sie nicht wissen, dass Sie viele Dinge kritisiert haben, die ich von der Vorgängerkoalition übernommen habe. Und das will ich in einigen wenigen Punkten deutlich machen. Der erste Punkt, wir haben ja in drei Phasen diese Haushaltsberatungen miteinander gestaltet.

Die erste Phase war der zweite Regierungsentwurf 2022, der Entwurf der Ampelkoalition. Wir haben dort die Eckpunkte von 99,7 Milliarden Euro Nettokreditaufnahme für 2022 fortgeschrieben. Aber anders als die Vorgängerkoalition haben wir andere Schwerpunkte gesetzt. Obwohl wir im zweiten Regierungsentwurf nicht einen Euro mehr Schulden geplant hatten als die Große Koalition, haben wir eine BAföG-Reform realisiert, haben mehr getan für den sozialen Wohnungsbau. Wir haben in Klimaschutz investiert, und wir haben den von CDU/CSU und SPD verantworteten Einkommensteuertarif an die Inflation angepasst, um die Menschen zu entlasten. Alles mit Ihren Eckpunkten. Alles mit Ihren Eckpunkten und damit kann ich sagen, der zweite Regierungsentwurf 2022 - das war bereits der Beginn von Konsolidierungspolitik.

Zum Zweiten; Ja, da haben wir mit Ihren Eckpunkten mehr Qualität erreicht. Da sieht man, es kommt eben auf den Koalitions- partner an, damit Gutes bewirkt werden kann. Und zum Zweiten, zum Zweiten der Ergänzungshaushalt. Darin ist die Milliarde für die Ukraine, im Ergänzungshaushalt. Da sind die Wirtschaftshilfen enthalten. Im Ergänzungshaushalt sind die Entlastungsmaßnahmen enthalten, die wir doch alle brauchen. Insgesamt 39 Milliarden Euro an Hilfe für Geflüchtete, Unterstützung im Inland, militärische Ertüchtigung, Solidarität mit der Ukraine. Nennen Sie eine Maßnahme daraus, die Sie nicht wollen oder die die von Ihnen regierten Länder nicht gerne auch mit umsetzen - wie das 9-Euro-Ticket.

Und deshalb, meine Damen und Herren, haben wir 139 Milliarden Euro Nettokreditaufnahme in einem Jahr von Krieg und Krise. Nur zum Vergleich: Wir planen jetzt 139 Milliarden Euro. Der letzte Haushalt der CDU-geführten Regierung 2021, da war die Planzahl 240 Milliarden Euro. Ja, Finanzminister Scholz ist jetzt der Bundeskanzler. Er ist jetzt der Bundeskanzler. Wir haben jetzt eine andere Arbeitsteilung in der Regierung. Und jetzt kommen die 100 Milliarden Euro für das Sondervermögen Bundeswehr hinzu, dem Sie ja zustimmen. Dem stimmen Sie ja zu und halten es für erforderlich, weil wir damit ja auch eine jahrelange Vernachlässigung der Bundeswehr beenden. Aber die Vernachlässigung; Aber meine Damen und Herren, haushaltspolitisch hat die Vernachlässigung der Bundeswehr doch noch eine andere Seite.

Die Vernachlässigung der Bundeswehr hat doch über Jahre auch CDU-geführten Regierungen Verteilungsspielraum an anderer Stelle gebracht. Und deshalb ist es nur richtig, dass Sie jetzt zustimmen, dass wir diese 100 Milliarden Euro in die Bundeswehr investieren. Denn Sie bekennen sich dazu, dass Sie Verantwortung haben, sowohl für den Zustand der Bundeswehr als auch für die Finanzen dieses Landes, die Sie uns hinterlassen haben. Und was nun? Es gehört ja zur Bilanz dazu. Was nun ist die Alternative, die Sie angeboten haben? 60 Milliarden Euro aus dem Klima- und Transformationsfonds wollen Sie abziehen, in diesem Jahr einsetzen.

Dann fehlen uns in den nächsten Jahren die wichtigen transformativen Investitionen. Vor allen Dingen aber klagen Sie ja, Kollege Bury, gegen diese 60 Milliarden. Das heißt, die 60 Milliarden, die es nach Ihrer Überzeugung gar nicht geben sollte, die geben Sie aber trotzdem gerne aus. Wie widersprüchlich ist dies? Zum Zweiten. Dann werden jetzt, meine Damen und Herren, werden alle Rücklagen aufgelöst, die wir von Ihnen übernommen haben. Wie wollen Sie denn den Haushalt 2023 aufstellen, ohne diese Rücklagen einzusetzen? Ich sage Ihnen, wir machen es nicht wie die Tageszeitung. Ihre Haushaltsänderungsanträge landen nicht im Papierkorb. Die kommen auf die Wiedervorlage für die Haushaltsberatung 2023.

Ich komme zum Schluss. Und bei all dem sind Sie in der Lage, immer noch Mehrausgaben, mehr Entlastung, mehr Subventionen über die KfW zu fordern. Sie wollen in der Haushaltspolitik Schäuble sein. Das ist Ihr Anspruch. Aber die Realität ist nicht Schäuble. Die Realität ist: Wie der Jongleur in der Strandpromenade von Sylt. So gehen Sie mit dem Geld der Menschen um.