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08.04.2022

Christian Lindner und Robert Habeck zu Unterstützungsmaßnahmen für Unternehmen

Herzlich willkommen an Sie alle hier im Bundesfinanzministerium zum gemeinsamen Pressestatement von Bundeswirtschaftsminister Habeck und Bundesfinanzminister Lindner. Wir beginnen wie gehabt mit den Statements. Und im Anschluss haben Sie dann die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Herr Lindner, Sie haben das Wort.

Haben ja vielen Dank, Frau Kalwey, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Ukrainekrieg ist schrecklich. Wir sehen die furchtbaren Bilder des Krieges und auch der Kriegsverbrechen und sind solidarisch mit den Menschen dort. Die kämpfen um ihr Leben, ihre Freiheit. Das ist eine Priorität der Bundesregierung. Unsere ganze Kraft gilt der Unterstützung der Ukraine. Wir arbeiten jeden Tag daran, die Sanktionen zu verschärfen, um Russland politisch, wirtschaftlich und finanziell zu isolieren. Dieser Krieg hat aber auch Auswirkungen auf Deutschland und Robert Habeck und ich, die Bundesregierung insgesamt, wir sehen uns in der Verantwortung, die negativen Schäden auf die deutsche Wirtschaft und die Menschen zu begrenzen.

Heute Vormittag war im Deutschen Bundestag deshalb ja auch ein weiteres Entlastungspaket und das Corona-Steuerhilfegesetz. Und wir haben weitere Maßnahmen im Energiebereich beschlossen, etwa die Abschaffung der EEG-Umlage zum 1.7. und wir haben auch einen Steuerrabatt beim Sprit. Die wirtschaftliche Situation ist jetzt anders als während der Coronapandemie. Wir haben stark steigende Energiepreise, unterbrochene Lieferketten. Und auf der anderen Seite haben wir aber noch wirtschaftliches Wachstum und wir haben eine Situation am Arbeitsmarkt, die stabil ist. Das heißt, die Antwort auf die jetzige wirtschaftspolitische Herausforderung ist eine andere als die auf die Coronapandemie.

Das Bundeswirtschaftsministerium und mein Haus haben in der letzten Zeit intensiv beraten, wie gehen wir vor, was sind die richtigen Instrumente? Ich bin sehr dankbar für diese sehr kollegiale Art, wie wir das gemacht haben. Auch auf der Arbeitsebene ist das sehr gut gelungen. Ich glaube sagen zu können, dass wir jetzt ein sehr gutes Vorhaben Ihnen zeigen können. Wir wollen Härten abfedern und Strukturbrüche verhindern, erstens. Zweitens, wir können Marktkräfte aber nicht auf Dauer ausgleichen. Und wir wollen auch keine Fehlanreize setzen, etwa mit Blick auf die Nutzung von fossiler und erneuerbarer Energie. Und drittens, wir müssen verantwortungsbewusst mit dem Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler umgehen. Dieser Staat darf sich auch fiskalisch nicht erschöpfen. Wir müssen also zielgenau arbeiten. Und deshalb zeigen wir Ihnen hier heute eine Art wirtschaftspolitischen Stoßdämpfer. Das, was wir Ihnen als Paket vorstellen, ist ein wirtschaftspolitischer Stoßdämpfer. Er federt Härten ab, verhindert Strukturbrüche, aber er löst Marktkräfte nicht auf. Und er geht verantwortungsbewusst mit dem Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler um.

Wir können das an fünf Punkten festmachen. Erstens arbeiten wir präzise mit Blick auf energieintensive Branchen. Zweitens sind die Maßnahmen befristet. Drittens haben wir vor allen Dingen Kredite, Bürgschaften und Beihilfen und Zuschüsse und Eigenkapitalhilfe dann erst in einem zweiten Schritt im Blick. Also Kredite, Bürgschaften überwiegend - Zuschüsse, Beihilfen, Eigenkapitalhilfe in einem begrenzteren Rahmen. Viertens bleiben marktwirtschaftliche Anreize. Das ist uns gemeinsam wichtig; dass wir jetzt den Strukturwandel, der uns bevorsteht, nicht bremsen, sondern beschleunigen. Die jetzige Situation und die Hilfen jetzt sollen ja nicht bremsen, dass erneuert wird. Sondern im Gegenteil: Wir wollen eine Hilfe dafür leisten, dass es nicht zu einem Strukturbruch kommt. Aber wir wollen Strukturwandel nicht begrenzen. Ja, und all das – ist der fünfte Punkt – geschieht sehr sorgsam mit Blick auf die Möglichkeiten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Die Mittel haben ein Volumen mit der direkten Haushaltswirkung, das verantwortbar ist in der jetzigen Situation, und nicht über Gebühr belastet.

Jetzt sind teilweise die Instrumente schon vorgestellt oder in Ihnen bekannt, wie ich gelesen habe. Deshalb will ich Sie jetzt nicht im Einzelnen von meiner Seite darstellen, sondern erst mal dir, Robert, das Wort weiterreichen. Dann können wir überlegen, ob wir die im Einzelnen auch noch darstellen müssen oder ob die Ihnen bekannt sind aus der schriftlichen Vorlage, die Sie ja kennen.

Ja, vielen Dank! Sehr geehrte Damen und Herren, Christian Lindner hat es eben schon ausgeführt. Die Ukraine darf den Krieg nicht verlieren, Russland darf den Krieg nicht gewinnen und Deutschland und Europa müssen alles, was verantwortbar ist, tun, um die Ukraine fortwährend zu unterstützen. Vor diesem Hintergrund ist gestern dann final geeinigt ein fünftes Sanktionspaket auf den Weg gebracht worden, das noch einmal erneut die Instrumente nachgeschärft, die die russische Wirtschaft, den russischen Staat, Putins Regime hart treffen wird. Zur Wahrheit gehört aber auch dazu, dass es keine Sanktionen gibt, die nicht auch wirtschaftliche Konsequenzen hier im Land haben. Sowohl direkt, dass Unternehmen bestimmte Geschäfte nicht mehr wahrnehmen können. Das sollen sie dann ja auch nicht - das ist der Sinn von Sanktionen. Wie auch indirekt: dass höhere Preise zu tragen sind, sowohl von den Menschen in Deutschland, den Bürgerinnen und Bürgern, den Verbraucherinnen und Verbrauchern wie von den Unternehmen.

Um diese Preise auszugleichen, hat die Bundesregierung zweimal Pakete geschnürt für den privaten Verbrauch mit einer Reihe von Entlastungen. Das ist Ihnen bekannt. Und wir legen heute ein großes Wirtschaftspaket vor, um die Unternehmen, die exorbitant belastet sind durch die hohen Preise, zu unterstützen. Dieses Wirtschaftspaket ist, so wie der Finanzminister ausgeführt hat, zielgenau. Es vermeidet Fehlanreize, und es ist umfassend. Umfassend heißt allerdings nicht - und das ist nicht möglich -, dass jede Härte weggenommen wird, dass jeder Verlust, jeder Mehr-Euro für Energie beispielsweise ausgeglichen wird. Wir werden also - die Unternehmen und die Privatpersonen, die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes -, eine Last zu tragen haben. Anders können wir nicht diese Zeit bestehen.

Allerdings darf diese Last nicht so hoch sein, dass darunter die Wirtschaft kollabiert. Und diese Wirtschaft, da muss man ein bisschen auffächern, was das eigentlich bedeutet. Es ist eben nicht eine amorphe Masse in der Entität der Gesellschaft. Sondern es sind Unternehmen, die Menschen einstellen, die Menschen beschäftigen. Die Menschen verdienen ihr Lohn und Brot in diesen Unternehmen und ernähren damit ihre Familien. Es sind die Produkte, die wir im Alltag haben und benutzen und konsumieren, die damit also die Grundlagen unserer Gesellschaft und unseres gesellschaftlichen Zusammenspiels bereitstellen. Es sind die Güter, die den Alltag prägen, die fehlen werden, wenn die Lieferketten brüchig sind. Die Wirtschaft ist also die Lebenswelt dieser Gesellschaft. Und deswegen ist es richtig, dass wir heute dieses große Wirtschaftsunterstützungspaket vorlegen.

Hauptursache für die wirtschaftlichen Einbrüche und Belastungen sind - Christian Lindner hat es ausgeführt - die hohen Energiepreise. Gestern ist ein Embargo für Kohle mitbeschlossen worden, wirksam in vier Monaten. Weil wir als Regierung hart daran gearbeitet haben, die vorbereitenden Schritte zu gehen, ist es schon in der Vergangenheit gelungen, die Abhängigkeit von russischer Kohle, auch Öl und Gas, zu reduzieren, sodass wir jetzt in der Lage waren, dieses Embargo mitzugehen bzw. mit zu befürworten, ohne dass die Konsequenzen für die deutsche Stahlindustrie beispielsweise oder die Versorgungssicherheit im Strombereich unmittelbar einschlagend sind oder die Versorgungssicherheit gefährden. Aber höhere Kosten werden dadurch gleichwohl entstehen. Das ist einfach die schlichte Logik der Marktwirtschaft. Wenn die Kohle jetzt aus anderen Regionen transportiert werden muss, sind die Wege länger. Sonst hätten sie sie ja nicht aus Russland eingekauft.

Insofern sind die Energiekosten - an diesem Beispiel, aber andere sind denkbar und im Prinzip ist ja der Ukrainekrieg selbst ein Treiber der hohen Energiekosten - schon Hauptursache, dass wir jetzt politisch handeln. Das Maßnahmenpaket besteht aus fünf Säulen. Einmal das KfW Kreditprogramm. Wir können gerne noch ein bisschen über die Details nachher reden. Zweitens ein Großbürgschaftsprogramm des Bundes. Drittens ein Programm - und das ist vielleicht das Entscheidende und das Neue -, das auch Zuschüsse gewährt für Unternehmen, die besonders betroffen sind: Und zwar, wenn 100 % Energiekosten überschritten sind, also die Energiekosten des Jahres 2021 müssen zugrunde gelegt werden. Wenn sie sich verdoppeln, ist das noch zu tragen, müssen die Unternehmen das tragen. Wenn es darüber hinausgeht, gibt es ein gestuftes Modell, das vergleichsweise voraussetzungsreich ist, wo dann aber der Staat mit direkten Zuschüssen eingreift. Das ist deswegen streng gehalten, erstens, weil es einen Rahmen der Europäischen Union gibt, und zweitens, um eben einen Anreiz zu nehmen, hier viel Allokation im Markt zu haben. Dann gibt es fünftens, - viertens bin ich, glaube ich, erst gewesen - viertens den Einsatz von Eigen- und Hybridkapital im Einzelfall. Also das, was wir bei Corona gesehen haben, halten wir uns als Waffe offen; dass wir bei bestimmten Unternehmen politisch staatlich helfen. Aber erst mal mit einer Einzelfallregelung. Und fünftens, und das ist extrem wichtig, ein sogenanntes Margining-Programm für die Energieversorgungsunternehmen. Margining heißt quasi Sicherungsprogramm.

Die Unternehmen haben folgendes Problem: Wenn sie Langfristverträge absichern müssen - und das müssen sie -, brauchen sie dafür die Kapitalausstattung. Und bei den hohen Preisen im Moment an den Märkten ist diese Kapitalausstattung manchmal dünn. Wir dürfen aber in keinem Fall zulassen, dass systemrelevante Unternehmen fallen und damit den deutschen Energiemarkt und damit die Versorgungssicherheit gefährden. Dafür ist dieses Margining-Programm aufgelegt worden. Die Summe der fünf Programmsäulen schafft die Garantie für die Unternehmen, dass besonders in Not geratenen Unternehmen geholfen wird. Was es nicht schafft, noch einmal, das muss man einfach in der Härte und Ehrlichkeit sagen, ist die totale Kostenübernahme durch den Staat. Wir müssen in dieser Zeit alle einen Teil tragen. Die Frage ist, wie groß ist der Teil und wie kann man es gerecht hinbekommen? Das gilt für die Belastungen von Verbraucherinnen und Verbrauchern. Das gilt aber auch für die Unternehmerinnen und die Unternehmer. Und ich glaube, dass wir mit dem Paket, das Christian Lindner und ich, das Bundesfinanz- ministerium und das Wirtschaftsministerium heute vorstellen, genau den richtigen Weg definiert haben. Vielen Dank.

Vielen Dank an Sie beide. Vielleicht noch kurz der Hinweis, bevor wir zu Ihren Fragen kommen, dass wir vorhin ja beide Häuser eine gemeinsame Pressemitteilung verschickt haben und im Laufe des Nachmittags auch noch weitere Informationen natürlich bei uns auf der Homepage beider Häuser zu finden sind. Jetzt komme ich zu Ihren Fragen. Ich bitte Sie, sich ganz kurz vorzustellen und kurz zu benennen, an wen Sie die Frage richten. Wir haben auch Mikros an den beiden Seiten und auch im Mittelgang. Die erste Frage von Herrn Greive, bitte.

Martin Greive, Handelsblatt. Ich hätte jeweils eine Frage an Sie beide. Sie haben ja jetzt auf vereinzelte Eigenkapitalhilfen zurückgegriffen. Das heißt die Umwidmung des WSF und die Öffnung für corona-geschädigte Unternehmen, die Herr Habeck in einem Brief an Sie, an Herrn Lindner, sich gewünscht hat, kommt erst mal nicht. Können Sie einmal erklären, Herr Lindner, warum Sie dagegen sind bislang und einmal Sie, Herr Habeck, ob Sie sich damit jetzt halbwegs arrangiert haben oder ob Sie sagen, das muss trotzdem auf jeden Fall kommen. Vielen Dank.

Ja, Herr Greive, wir behalten uns alle Optionen für die Zukunft offen. Der WSF ist allerdings sehr voraussetzungsvoll. Beihilferechtliche Genehmigungen und Gesetzgebung sind dort nötig, während wir gezielte Hilfen, auch durch Eigenkapital, die Robert Habeck ja genannt hat, auch in anderen Wegen über die KfW organisieren können. Und deshalb gibt es hier keinen grundlegenden Dissens, glaube ich, kann man so, so sagen. Sondern es ist eine Frage des Bedarfs und des Tempos. Wenn ich ergänzend sagen darf, die mitunter öffentlich diskutierten 150 Milliarden im WSF werden so debattiert, als sei das ein Guthaben, das irgendwo liegt. Das ist nicht der Fall. Das sind nicht genutzte Garantien. Aber es ist nicht irgendwo ein Schatz, über den man jetzt verfügen könnte. Mitunter wird das öffentlich so dargestellt.

Ich kann noch ergänzen, dass - ich habe es eben ausgeführt -, das Margining-Programm, das absichert, worauf wir besonders schauen und schauen müssen; dass nämlich Energieversorgungsunternehmen nicht aus dem Markt verschwinden wegen mangelnder Liquidität. Insofern ist da eine eigene Programmsäule geschaffen worden, um das, was ich dem Finanzminister nahegelegt habe, zu lösen. Insofern sehr gut da. Und dass darüber hinaus Einzelfälle entstehen können, die jetzt nicht die Systemrelevanz haben wie die Unternehmen, von denen ich gesprochen habe, gleichwohl es sinnvoll machen können, dass der Staat, wie wir es bei dem WSF gesehen haben, eingreift, sich beteiligt - das ist natürlich zuzugeben. Und deswegen gibt es die klare Vereinbarung, dass in diesen Fällen dann einzelfallbezogen auch entsprechend agiert wird.

Die nächste Frage geht an Sie in der dritten Reihe.

Thomas Reichart vom ZDF. Eine Frage an Sie beide. Können Sie denn sagen, wie über welche Summe wir insgesamt sprechen bzw. welche Summe Sie bereitstellen für diese Hilfen? Und vielleicht noch eine Verständnisfrage: Wenn Sie sagen Eigenkapital oder Hybridkapital, heißt es, dass der Staat zeitweise dann Anteile übernimmt, um sie dann wieder abzugeben? Vielen Dank.

Willst du zuerst? Also zum Finanzvolumen kann ich sagen, dass wir bei den Zuschüssen gegenwärtig mit einer Größenordnung von um bzw. unter 5 Milliarden Euro rechnen. Bei allem anderen handelt es sich ja um Bürgschaften und Kredite, für die nicht direkt der Steuerzahler aufkommt, was man nicht direkt zum Beispiel in den Ergänzungshaushalt aufnehmen muss. Also ich nehme jetzt mal das KfW-Kreditprogramm. Eine erste vorsichtige Schätzung ist, dass es um 7 Milliarden Euro Kreditvolumen sein könnte. Aber da kommt es dann darauf an, wie man den Zins und das Ausfallrisiko bemisst, ob überhaupt dafür eine Vorsorge im Sinne von Verpflichtungsermächtigungen im Bundeshaushalt vorgesehen werden müssen. Das heißt, wir können die ganz exakte finanzielle Größenordnung jetzt noch nicht angeben. Eines kann man aber sagen. So wie wir es aufgelegt haben, ist es für den Haushalt und damit die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler schonend - für die Wirtschaft gleichzeitig sehr wirksam. Und das war unser gemeinsames Anliegen.

Ja, genau so ist es. Ich könnte jetzt noch Details nachreichen, aber vielleicht. Wollen Sie das hören? Ja, also es ist natürlich schwer zu schätzen bei den direkten Zuschüssen, welches Volumen dann auflaufen kann. Die Zahl, die wir jetzt zugrunde legen, ist eine Daumenpeilung von 5 Milliarden. Es kann drunter bleiben, es kann vielleicht auch drüber gehen. Das hängt einfach jetzt von dem Verlauf der Krise ab. Ich will noch mal sagen, bei Zuschüssen ist das Geld dann weg. Es sind eben keine Bürgschaften und es sind keine Anteile, die wir vorübergehend übernehmen und dann wieder abgeben. Das ist dann Geld, das rausgegeben wird. Und ich halte das für notwendig. Es gibt bestimmte Unternehmen und Branchen, die nicht überstehen werden diese Zeit, wenn wir ihnen nicht solche Hilfen zur Verfügung stellen. Aber natürlich ist es wichtig, da keine Fehlanreize zu setzen und zu sagen: Naja, egal wie ich rumaase mit Energie und mit Kosten, der Staat übernimmt es schon. Und andererseits auch die Anreize zur Energieeffizienz hochzuhalten. Deswegen ist das Programm durchaus voraussetzungsreich. Die ersten 100 % Preissteigerungen müssen getragen werden, habe ich schon erläutert. Und dann ist es so, dass wir eine Vorgabe gemacht haben, dass die handelsintensiven Unternehmen - und die sind gelistet; es gibt eine sogenannte KUEBLL-Richtlinie der Europäischen Union. Da sind die Branchen aufgezählt -, dass die ebenfalls da drin sein müssen.

Der Gedanke dahinter ist, dass Unternehmen, die nur für den Binnenmarkt produzieren, die also nicht in der internationalen Konkurrenz stehen - und das ist auch keine frohe Botschaft, die ich jetzt verkünde -, die Preise natürlich mittelfristig überwälzen werden. Die Produkte werden teurer werden, deswegen sage ich ja bzw. sagen wir ja: Wir kommen ohne Verlust nicht durch diese Zeit durch. Wir werden einen Teil bezahlen müssen als Verbraucherin und als Verbraucher, als Unternehmerinnen und als Unternehmer. Deswegen ist diese sogenannte KUEBLL-Richtlinie eine Voraussetzung dafür. Und dann wird ab der zweiten Stufe – also das ist ein gestaffeltes Programm -, die ersten 30 % Preis werden dann übernommen bis zu einer Summe von 2 Millionen. Die zweite Stufe hat dann eine Preisdifferenz von 50 %, die übernommen wird bis zu 25 Millionen. Aber nur wenn der Betriebsverlust, also wenn wirklich Minus gemacht wird, rote Zahlen geschrieben werden, sich einstellt. Und die dritte Stufe 70 % bis zu 50 % nur für besondere Sektoren, also für besonders energieintensive und handelsintensive Sektoren, also noch über die KUEBLL-Liste hinausgehend. Chemie, Glas, Stahl, Metalle und Keramik als Beispiele zu nennen. Das alles zusammen macht es vergleichsweise schwer, eine präzise Zahl zu nennen. Sind es 4,9, sind es 5,3, sind es 6. Das hängt vom Verlauf der Krise ab. Aber auch, da wird den Betriebsverlust zur Grundlage gestellt haben, natürlich auch von der Positionierung des Unternehmens selbst ab im internationalen Wettbewerb. Also grobe Schätzung, detailreich, sehr viele Voraussetzungen, die erfüllt sind, aber mit einer klaren Logik. Sie helfen da, wo es geboten ist. Fehlanreize vermeiden und natürlich einen Blick darauf haben, dass wir das Geld nicht mit vollen Händen ausgeben. Das hat der Finanzminister, meine ich, beantwortet. Klar, die Logik ist die, die wir beim WSF gesehen haben, wo wir ja verschiedentlich Unternehmen gestützt haben, indem Anteile erworben wurden und die aber auch teilweise wieder abgegeben wurden, wenn die Unternehmen wieder flügge geworden sind.

Herr Seibel ist der Nächste.

Karsten Seibel von der WELT. Ich habe zwei Fragen. Zum einen habe ich noch nicht ganz verstanden, was von den fünf Punkten nun wirklich neu ist. Mir erscheint jetzt nur dieser Energiepreiszuschuss neu. Das andere haben die Unternehmen doch auch schon in den letzten Wochen, wenn ich da an die Unterstützung für Liquiditätsprobleme, Margin Calls von Energieunternehmen, denke, bei der KfW schon immense Kredite bekommen. Können Sie das vielleicht noch mal detailliert ausführen? Oder ob sich da die Konditionen jetzt nochmal verbessert haben? Außer dem Energiepreiszuschuss? Und speziell an Herrn Lindner die Frage: Was heißt das denn jetzt für den Ergänzungshaushalt? 17 Milliarden plus 5 Milliarden plus 2 Milliarden? Kommt da noch was dazu oder sind wir jetzt bei dem, was Sie dann vorstellen werden? Danke.

Vielleicht fange ich kurz an, Christian. Neu ist alles daran. Richtig ist, dass wir natürlich die letzten Wochen nicht tatenlos zugeschaut haben, wie Unternehmen möglicherweise aus dem Markt fallen und hier den ganzen deutschen Energiemarkt durcheinanderbringen. Wir waren ja nicht untätig, aber immer nur mit Einzelfall, mit Notoperation, mit Telefonaten am Wochenende mit dem Finanzminister „Haste nochmal ‘nen Euro“? Und das hat jetzt eine gesetzliche Regelung gefunden oder wird eine gesetzliche Regelung finden über die KfW bzw. über die Programme, die wir machen. Also wir beenden das Provisorium. Und das war ein Provisorium davor. Teilweise gab es eben Rahmen, die wir nutzen konnten - in der Coronapandemie aufgestellt, wo das aber eigentlich nicht wirklich rein gehörte. Teilweise waren es Einzelfallentscheidungen, die wir, weil wir in dieser Situation natürlich pragmatisch vorgehen müssen - also du kannst ja nicht sagen: okay, hier bricht alles zusammen, aber das Gesetz ist noch nicht da. Dann muss halt teilweise gehandelt werden und die gesetzliche Norm bzw. die Bereitstellung der Gelder nachgezogen werden, jetzt beispielsweise durch den Ergänzungshaushalt. Neu ist, dass wir sowohl die Sachen, die wir davor getan haben, jetzt gesetzlich absichern, wie auch für die Zukunft einen klaren Rechtsrahmen schaffen, der es dann eben der Exekutive ermöglicht, zügig, energisch und auf klaren Voraussetzungen zu handeln.

Genau. Wobei Rechtsrahmen jetzt nicht nur Gesetz meint, sondern auch, was wir so an Verwaltungsvorschriften machen. Und ich glaube, dass das auch uns jetzt die Verfahren enorm erleichtert. Es ist genau so wie Robert gesagt hat: Immer Einzelfallentscheidungen bei energieintensiven Unternehmen, am Wochenende. Und da schaffen wir jetzt einfach eine gemeinsame Methodik. Sie haben ja schon mit einer kleinen Summierung angefangen, wie der Ergänzungshaushalt aussehen könnte. Die einzelnen Zahlen, die Sie genannt haben, 17 Milliarden für das Entlastungspaket II, 5 Milliarden jetzt hier heute, 2 Milliarden Flüchtlingshilfe gestern. Die sind alle noch nicht ganz fix. Erst zum 27.4. Also es sind noch keine amtlichen Zahlen, sondern jeweils immer die - du sagtest - Daumenpeilungen. Es kommt mit Sicherheit noch humanitäre Unterstützung im Ausland dazu, möglicherweise auch sogenannte Ertüchtigungshilfe für die ukrainische Armee. Aber jedenfalls haben Sie jetzt schon einen relativ großen Bestand und eine relativ große Möglichkeit, einzuschätzen, welches Volumen der Ergänzungshaushalt haben wird.

Frau Kohnert.

Nicole Kohnert von der ARD. Also ich habe jetzt verstanden, es kommt in den Ergänzungshaushalt und es wurde hier ja schon gerechnet. Das heißt, wenn man das jetzt überschlägt, ist dann mit einem Ergänzungshaushalt, um die 30 Milliarden zu rechnen? Und diese 5 Milliarden, werden die vielleicht noch erhöht, weil die Situation könnte sich ja für die Unternehmen noch verschärfen? Das ist die eine Frage. Und an Minister Habeck die Frage, was die Unternehmenshilfen angeht: Wie kann man denn jetzt einfach gesagt unterscheiden zwischen den Unternehmenshilfen, die es jetzt gibt und den Corona-Unternehmenshilfen, die es davor gab.

Also zum einen die Zahl 30 Milliarden habe ich neulich auch in der Zeitung gesehen, aber 17 plus 5 plus 2 plus ist noch nicht ganz 30. Aber jedenfalls von der parlamentarischen Opposition wurde ja mal von 50 oder so etwas gesprochen. Da sind die Summen, die wir heute hier miteinander addiert haben, weit von entfernt. Aber ich bitte Sie um Verständnis, dass ich jetzt nicht der Vorlage dieses Haushalts vorgreifen kann, weil wir mit den Häusern ja noch sprechen und die einzelnen Bestandteile prüfen. Was das Zuschussprogramm angeht, hat Robert Habeck völlig zutreffend gesagt: Wir können es deshalb nicht exakt bestimmen, weil da ja Variablen drin sind. Also wenn etwa bei den Stahlunternehmen 70 % der Preisdifferenz übernommen werden, also oberhalb von einer Verdoppelung und bis 50 Millionen Euro, dann ist eine Frage, wie viele Unternehmen beantragen das, wie viele sind das? Und deshalb sind wir da nicht ganz klar.

Wichtig ist vielleicht noch zu sagen, dieses Programm wird zunächst befristet in diesem Jahr vorgesehen werden, und die prozentuale Förderung soll degressiv ausgestaltet werden. Und daran sehen Sie auch den Unterschied zu dem, was bei Corona verabredet war. Das war quasi mit sehr wenig Bedingungen konnte man Pauschalhilfen erhalten, weil eben das ganze Land auch pauschal runtergefahren war. Während wir jetzt in einzelnen Sektoren besondere Belastungen haben. Und da hat das Wirtschaftsministerium, wie ich finde, einen sehr intelligenten Mechanismus jetzt erarbeitet.

Ja, vielen Dank. Bitte!

Wie es unsere Art ist. Ich glaube, man muss einfach zwei Sachen trennen. Es ist das Wesen der Wirtschaftshilfen, dass sie immer ähnlich sind. Warum? Weil der Staat entweder Geld garantiert oder Geld ausgibt. So sind Wirtschaftshilfen immer gewesen und werden sich auch niemals ändern. Und es ist das Wesen von Krisen, dass sie unterschiedlich sind. Deswegen sind die Konditionen die Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen bzw. die Schädigung, die den Eintritt des Staates entweder über Bürgschaften oder über direkte Zuschüsse auslösen, durchaus unterschiedlich. Und das ist der Unterschied. Und da würde ich sagen: Klar, es sind Bürgschaften und es sind Zuschüsse, das hatten wir doch schon mal. Bürgschaften, Zuschüsse habe ich da schon mal gehört. Aber die Bedingungen sind komplett andere. Vom Margining-Programm kann man sagen: Ja, es ist ja so ähnlich wie systemrelevante Unternehmen dürfen nicht fallen. Aber wir haben ja bei der Coronakrise überhaupt nicht auf die energieintensiven Unternehmen geschaut. Die waren ja überhaupt nicht im Zentrum, sondern es ging um Hochfahren von medizinischer Produktion und von Lipiden und Masken. Aber insofern hat sich Im Grunde bzw. muss alles neu programmiert werden, damit die Voraussetzungsbedingungen und zu der Krise dieser Zeit passen.

Der Kollege in der ersten Reihe, der an das Mikro kommt.

Gerald Traufetter vom Spiegel. Meine Frage wäre: Ist dieses Wirtschaftsprogramm auch schon für den Fall konzipiert, dass zum Beispiel Putin das Gas abdreht oder müsste da nachgearbeitet werden? Gibt es da Szenarien, wie sich dann möglicherweise diese Zahlen - 5 Milliarden, 7 Milliarden -, die Sie da zugrunde legen, verändern könnten? Und vielleicht noch eine Frage an Herrn Lindner: Es gibt Kritik aus Ihrer Partei an dem Osterpaket von Herrn Habeck. Teilen Sie die oder bleiben Sie bei Ihrem Wort der Freiheitsenergien?

Also das Programm ist so designt, dass es auch eine verschärfte Krisensituationen abfedern kann. Möglicherweise wären dann die Summen zu erhöhen. Das ist aber nicht unser Hauptproblem bei verschärften Situationen. Also hier geht es ja auch darum, die Preise aufzufangen. Unser Hauptproblem bei einer verschärften Situation ist, dass es gar keinen Preis mehr gibt, weil es keine Energie mehr gibt. Also einen Mangel, also tatsächlich einen Mangel, eine Unterversorgung von Energie. Die wird natürlich auch Preise nach sich ziehen. Aber die Haupt-Herausforderung für die Politik, für die Bundesregierung wird dann sein, die Versorgungssicherheit sicherzustellen in Deutschland. Insofern da reden wir dann indirekt auch über höhere Preise, aber erst einmal über ein ganz anderes Szenario. Und wenn ich vorgreifen darf. Christian, ich habe es schon in der Bundespressekonferenz bei der Vorstellung des EEG-Paketes, des Osterpaketes, gesagt: Meiner Ansicht nach ist die Geschichte falsch erzählt.

Richtig ist, dass bei den 500 Seiten EEG drei bis vier Punkte strittig oder noch nicht gelöst waren. Das sind sehr konkrete Punkte, die aus meiner Sicht wenig mit politischen Grundeinstellungen zu tun haben, sondern relevante Fragen in der praktischen Ausgestaltung stellen, die beantwortet werden müssen. Und es ist uns einfach nicht gelungen - wir waren auf einem ganz guten Weg -, unter dem Druck der Zeit und auch meinem Bitten, das Paket jetzt am letzten Mittwoch durchzubringen, diese Fragen ausreichend zu diskutieren, weil wir auch anderes zu tun hatten; sowohl der Finanzminister wie auch die Koalitionspartner und die Leute in den Verwaltungen, das zu tun. Und es ist das Entgegenkommen der FDP gewesen, zu sagen: Komm, dann gehen wir da jetzt drüber und klären das im parlamentarischen Verfahren. Und ich habe mein Wort gegeben: Genauso machen wir das. Soweit habe ich dich jetzt bevormundet.

Nein, gar nicht. Ich kann es nicht besser darstellen. Also genauso ist es. Wir haben es formal weitergegeben, gesagt, wir haben ein paar Punkte, drei, vier, da sind wir noch nicht klar miteinander, teilweise auch Abweichungen vom Koalitionsvertrag. Dazu sagen wir nicht nein Aber das muss im parlamentarischen Verfahren beraten werden. Und bei den Freiheitsenergien, Herr Traufetter, da bin ich natürlich weiterhin großer Unterstützer. Es ist immer nur die Frage wann, wer, wo, wie und wie viel. Und das klären wir. Aber das ist kein Geheimnis. Das haben wir ja in die Kabinettsvorlage sogar reingeschrieben, dass wir Einvernehmen haben, aber dass wir über die Punkte Zeitplan, Differenzverträge und Option für eine Umlagefinanzierung, dass wir über solche Dinge im parlamentarischen Verfahren uns einig werden. Und das ist in der Staatspraxis nicht zum Ersten Mal so gelöst worden. Und wir sehen an unserem Einigungswillen, dass wir uns das auch zutrauen zu sagen, wir gehen auch mit ein paar offenen Fragen jetzt in so einen Prozess.

Wir wären, hätten wir 48 Stunden mehr gehabt und nicht Gazprom vor der Brust, jetzt in meinem Fall, hätten wir das auch locker hingekriegt. Aber wir hatten halt Gazprom vor der Brust und nicht 48 Stunden mehr, ohne das ganze Verfahren zu verschleppen. Insofern ist, würde ich sagen, die Interpretation „da sind Sie sich aber nicht einig“ genau falschrum erzählt. Stimmt, wir sind uns nicht einig. Aber wir sind uns nur nicht einig geworden, weil die Objektivität der Wirklichkeit uns daran gehindert hat. Aber nicht, weil es da jetzt unüberbrückbare ideologische Differenzen geben müsste. Alles chico.

Der Kollege in der zweiten Reihe, genau.

Vieweger, ARD. Nur noch einmal, um die Befristung zu verstehen: Es geht im Juni oder im Juli los und endet dann im Dezember, wenn ich es richtig verstanden habe? Und die Nachfrage noch: Sie hatten in einem Nebensatz, Herr Lindner, von Ertüchtigungshilfen für die Ukraine gesprochen. Was ist da geplant? Sollen direkte Militärausgaben der Ukraine finanziert werden?

Es gibt ja auf der europäischen Ebene jetzt bereits Verabredungen, die direkte Unterstützung zu verstärken. Und diese Verstärkung aufgrund europäischer Beschlüsse hätte ja zum Beispiel auch Auswirkungen auf uns. Damit will ich es mal für heute bewenden lassen. Und die konkrete Programmierung der unterschiedlichen Programme und des Zuschussprogramms stellen wir Ihnen ja noch zur Verfügung. Da hat es jetzt auf den letzten Metern kurz vor 13 Uhr noch eine Präzisierung gegeben. Das entnehmen Sie dann den Unterlagen.

Herr Seibel hatte noch mal eine Frage.

Ja, ich hätte noch eine Nachfrage zum Zeitplan. Ab wann können denn die Unternehmen den Energiepreiszuschuss beantragen und wann hoffen Sie, dass sie das Geld bekommen? Wenn wir gerade bei Zeitplänen sind, wie sieht es mit der Energiesteuer und der Energiepreispauschale aus? Wann soll das Geld fließen? Danke.

Die KfW-Programme, die Bürgschaftsprogramme sind schon in der Vorbereitung. Die warten im Grunde jetzt auf den Rechtsrahmen, dass sie das machen dürfen. Das wird also schnell gehen. Schnell gehen heißt, dass das noch sorgfältig abgearbeitet werden muss, aber sicherlich noch im April. Und die anderen Formen umzusetzen, Christian?

Ja, wir wollen, dass es zum 1.6. rechtswirksam wird. Dementsprechend schnell bemühen wir uns um den Bundestag. Dann hat es das Parlament in der Hand, den Zeitplan zu gestalten. Aber ich habe den Eindruck, auch das Parlament und der Bundesrat wollen, dass da schnell etwas passiert. Und deshalb ist mein Ziel, 1. Juni möglich machen, sodass es ein geordnetes, aber rasches Verfahren in Bundestag und Bundesrat geben kann. Genau. Auf die beiden Punkte, die jetzt noch nicht im Gesetzgebungsverfahren sind. Das ist BMWK.

Die Arbeit an Homepage und Antragsstellung und Formblättern beginnt jetzt sofort. Wir mussten ja erst kurz die Daten abgleichen und dann muss der Rechtsrahmen geschaffen werden. Dafür sind dann ja die Gelder bereitzustellen. Das, nehme ich an, wird über den Ergänzungshaushalt passieren. Wie die gesetzlichen Grundlagen geschaffen werden, da bin ich ein bisschen zögerlich. Wir haben ja keine parlamentarische Sitzung mehr. Also die erste Bundesrats-Sitzungswoche ist wieder Ende April um den 27. herum. Das wird dann sicherlich den Mai beanspruchen, aber sollte dann auch im Mai hoffentlich gelingen. Wir sehen ja im Moment, dass der Einigungswille hoch ist. Und das ist ja auch, wenn ich das einmal grundsätzlich sagen darf, durchaus beeindruckend. Auch hoffentlich beeindruckend für Putin. Denn neben allem, was ihn an Großmannssucht und an imperialistischem Gebaren antreibt, sicherlich ja auch eine Verachtung für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und freiheitliche Regierungsformen. Alles kompliziert und müde und lahm. Und so weiter. Und die Geschlossenheit, die Geschwindigkeit, mit der im Moment Gesetze gemacht werden, die zeigt ihm, dass das nicht stimmt. Und dass das die Kraft von einer parlamentarischen Demokratie ist und einem Rechtsstaat, im Zweifelsfall auch extrem schnell zu arbeiten und eben nachvollziehbar zu arbeiten, sodass wir das, was uns unterscheidet von solchen Regimen, in der Trennung deutlich machen, gleichzeitig aber die Beschleunigung immer in der Lage sind zu gehen. Und da kann man sich nur bedanken bei den Kollegen in den Parlamenten im Moment: Bundestag, Bundesrat wie auch bei dem kooperativen Geist, den diese Regierung ausmacht. Zeigen wir es doch Putin.

Ich habe jetzt noch zwei Nachfragen. Auf jeden Fall Herr Greive als erster. Und dann Sie, Herr Traufetter.

Extrem schnell arbeiten, Herr Habeck, war, glaube ich, ein gutes Stichwort. Man hat sich ja jetzt bei dem Energie-Embargo auf einen Stufenplan geeinigt. Kohle geht man mit, Gas ist erst mal die rote Linie und bei Öl signalisiert man, geht man auch mit, wenn die Zeit dafür reif ist. Wann ist denn die Zeit dafür reif? Nach welchen Kriterien bemisst sich das? Also sagt man, wir müssen an Punkt X bei unserer Abhängigkeit angelangt sein, was Transport von Öl angeht. Substituierung? Will man vielleicht auch die Frankreichwahl abwarten mit einer starken Marine Le Pen. Also was sind da die Kriterien, nach denen man da vorgeht, ab wann man ein Öl-Embargo mitgeht? Weil man scheint ja das zu signalisieren, dass man sich das irgendwann schon grundsätzlich vorstellen kann. Oder ganz kurz an Sie, Herr Lindner. Anders als andere Bundesfinanzminister haben Sie jetzt keine großen Puffer eingebaut in Ihren Ergänzungshaushalt. Das bildet ja eher die tatsächlichen Bedarfe ab. Wenn Sie dann doch noch nachlegen müssen, brauchen Sie dann einen Nachtragshaushalt oder gibt es noch so viel Puffer in den 99,7 im regulären Haushalt bei den Schulden, dass man das daraus bezahlen kann? Danke.

Der Unterschied zwischen Kohle und Öl - zum Unterschied zu Gas äußere ich mich jetzt nicht, mache ich aber gerne, wenn Sie noch eine Nachfrage haben, dauert aber ein bisschen länger dann -, ist, dass Kohle ja über Schiffe angelandet wird. Es gibt keine Kohlepipeline von Russland nach Deutschland und deswegen müssen die Lieferketten, die Versorgungssachen neu organisiert werden. Das haben die Unternehmen seit Frühjahr an getan. Wir haben letztlich quasi zweitägig mit denen Monitoring-Sitzungen. Und weil da mit Hochdruck dran gearbeitet wurde, weil wir im Zweifelsfall politisch noch ein bisschen unterstützt haben, ist Deutschland in einer Situation zu sagen: Ja, lass die Schiffe noch ankommen, aber danach können wir dieses Embargo mitgehen. Der Unterschied zu Öl ist, dass da, wo die Schiffe das Öl liefern, das sind vor allem die westdeutschen Häfen Hamburg und dann geht es den Rhein runter, ist die Situation vergleichbar. Wir haben aber ein lokales Problem in Ostdeutschland, und Ostdeutschland ist eben auch beispielsweise Berlin. Und dieses lokale Problem hat auch zwei Aspekte. Die Raffinerie in Leuna ist energisch dabei, sich von russischen Importen unabhängig zu machen. Die Verträge sind in großen Teilen schon umgestellt und insofern ist da, was die Leuna-Raffinerie angeht, die Versorgungssicherheit schnell zu gewährleisten. Schwedt hat ein anderes Problem. Es gehört Rosneft und Rosnefts Geschäftsmodell ist eben nicht, sich unabhängig zu machen von russischem Öl, sondern genau das zu nehmen. Ich würde es so formulieren: Um mit einem kontrollierbaren Risiko diesen Schritt zu gehen, müssen wir die Versorgungssicherheit, die im Moment Schwedt abdeckt, ebenfalls abdecken können. Daran wird aber intensiv gearbeitet.

Herr Greive, wir versuchen, die uns bekannten und vorhersehbaren Bedarfe abzudecken. Natürlich bleibt eine gewisse Vorsorge bestehen. Aber große Vorräte planen wir nicht ein, weil das auch dem Prinzip der Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit am Ende widersprechen würde, wenn der Haushaltsentwurf oder gar das Haushaltsgesetz gar nicht das abbildet, was man wirklich glaubt tun bzw. verausgaben zu wollen. Mitunter könnte das dann im Haushaltsvollzug sogar noch ein Anreiz sein, wenn man feststellt, oh, da sind Reserven da, da ist noch was. Was haben wir denn noch Schönes, was uns einfällt, was wir mit der Reserve machen können? Es wird in der Regel ja selten Geld zurückgegeben. Und deshalb brauchen wir eine gute Balance zwischen notwendiger Vorsorge auf der einen Seite, auf der anderen Seite aber auch Haushaltswahrheit und -klarheit und Disziplin im Ausgabeverhalten. Es ist auch nicht so, dass wir zu wenig Geld ausgeben momentan.

Herr Traufetter noch. Oder Sie auch gern zuerst.

Also meine Frage war noch mal was ganz anders. 13:30 Uhr war jetzt auch die PK der Union zur Klage in Karlsruhe. Herr Lindner, haben Sie Angst, dass Ihr erster eingebrachter Haushalt als verfassungswidrig bezeichnet wird? Ist es dann ehrenrührig für Sie?

Ich halte unser Vorgehen für verfassungsrechtlich verantwortbar. Wir haben uns an dem Vorgehen der früheren auch von der CDU/CSU mitgetragenen Bundesregierung orientiert, aber weitere verfassungsrechtliche Absicherungen vorgenommen. Das heißt, wir gehen so vor, wie die Union es selbst einmal für mit dem Grundgesetz vereinbar gehalten hat, sind aber darüber hinaus durch klarere Zweckbindungen, Beteiligungen des Bundestages und den unmittelbaren Bezug zu pandemiebedingten Ausgaben bzw. nachzuholenden Investitionen aus unserer Sicht auf verfassungsrechtlich verantwortbarem Grund unterwegs. Rein ökonomisch jenseits der verfassungsrechtlichen Betrachtung hat uns - und ich beklage das, aber es ist eben so - hat uns die weitere Entwicklung ja recht gegeben, damit, in einem so großen Volumen Mittel zu nutzen, mit denen wir uns aus einer Wirtschaftskrise gewissermaßen herausinvestieren können. Das war gedacht für die Erholung nach der Pandemie. So sind auch die Maßnahmen konzipiert gewesen, natürlich auch in dem transformativen Bereich. Und jetzt ist das noch dringlicher geworden, dieses Anliegen, weil die wirtschaftliche Situation noch schwerer voraussehbar ist und niemand einen Zweifel haben kann, dass, wenn wir investieren, um Wachstum zu generieren, dass wir das am besten in den Bereichen machen, wo wir Freiheitsenergien fördern und Energieeffizienz. Das heißt, juristisch halten wir das Vorgehen für verantwortbar, wenngleich es jetzt nicht mein Lieblingsvorhaben war, sondern ein Koalitionskompromiss. Und auf der anderen Seite ist es ökonomisch in jedem Fall absolut sinnvoll.

Die letzte Frage geht an Herrn Traufetter nochmal.

Nochmal eine Frage zu der Rubelbezahlung, die Putin ja noch immer weiter verfolgt für die deutschen Unternehmen. Bleiben Sie dabei, dass Sie das unterstützen, dass weiter in Euro bezahlt wird oder in Dollar? Und Sie haben ja eben schon von Militärischem gesprochen. Sind Sie beiden eigentlich zufrieden mit Ausmaß und Tempo der Unterstützung durch Herrn Scholz für das ukrainische Militär?

Das ist ja sehr liebenswürdig, dass Sie uns hier zu koalitionsinterner Kritik einladen. Wir bilden uns gemeinsam ein Urteil als Regierung, arbeiten da sehr verantwortungsvoll, wissen, was zu tun ist, können aber nicht alles im Vorfeld von Entscheidungen oder im Entscheidungsprozess öffentlich auseinandersetzen. So würde ich es für mich mal beantworten.

Ich auch. Ich würde beide Fragen kurz mit „Ja“ beantworten. Natürlich müssen Verträge eingehalten werden. Nicht, weil jemand, der einen völkerrechtswidrigen Krieg führt und jetzt auch noch offensichtlich Kriegsverbrechen zu verantworten hat - und zwar grausamster Art - und man muss jetzt wahrscheinlich nicht besonders clever sein, um zu sagen, das wird erst der Anfang der Gräueltaten sein, die wir sehen werden, auch noch die Verträge ändern will, zu sagen, dann machen wir da alles mit. Und die Unterstützung der Bundesregierung, die militärische Unterstützung der Ukraine, ist eine Verpflichtung. Die sind wir eingegangen mit Kriegseintritt der Ukraine oder mit Angriff auf die Ukraine. Daraus folgt, dass wir entsprechend die Möglichkeiten, die wir haben, Waffen zu liefern, auch nutzen werden.

Gut, damit würden wir dann schließen. Vielen Dank an Sie. Vielen Dank an Sie beide. Und für Sie alle ein schönes Wochenende schon mal!

Tschüss.

Tschüss.