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31.03.2022

Gemeinsame Pressekonferenz mit Le Maire

Christian Lindner: Meine Damen und Herren, es ist immer eine Freude, mit meinem Freund und Kollegen Bruno Le Maire zusammenzutreffen. Wir leben in einer Zeit größter Herausforderungen, aber sie wird dadurch erleichtert, dass sich das deutsch-französische Verhältnis mit seinen sehr tiefgreifenden Erfahrungen aus der Geschichte bewährt. Wir haben uns heute über den Stabilitäts- und Wachstumspakt ausgetauscht. Wir haben über die nächste ECOFIN-Tagung gesprochen und die anstehenden Entscheidungen zur Mindestbesteuerung. Und natürlich haben wir die Situation der steigenden Energiepreise erörtert, wie auch die Bekanntmachung Putins zum Rubel. Wir sind gemeinsam überzeugt: Verträge sind Verträge. Die Verträge basieren auf Euro. Und deshalb werden wir für Energie-Importe weiterhin in Euro zahlen.

Meine Damen und Herren, die deutsch-französische Zusammenarbeit ist außerordentlich vertrauensvoll und freundschaftlich. Wir stimmen uns eng ab. Deshalb ist es eine große Freude, dass mein Kollege Bruno Le Maire auch mich bei seinem Besuch in Berlin getroffen hat. Wir sehen uns ja sehr regelmäßig – auch schon kommende Woche wieder beim ECOFIN. Wir haben gesprochen über den Stabilitäts- und Wachstumspakt, aber natürlich insbesondere auch über ganz aktuelle Fragen. Wir sind gemeinsam überzeugt, dass politische Erpressung ausgeschlossen werden muss. Die Verträge über Gaslieferungen nach Europa basieren auf Euro, und deshalb werden sie auch weiter in Euro bezahlt werden. Darin stimmen wir überein.

Wir haben darüber hinaus die Situation der steigenden Energiepreise besprochen. Frankreich und Deutschland ergreifen vergleichbare Maßnahmen, um unsere Menschen, die privaten Haushalte, zu schützen. Wir werden in der nächsten Zeit auch Entscheidungen treffen zum Schutz unserer Wirtschaft, der Betriebe. Und hier sind wir gemeinsam der Auffassung, dass wir die Hilfen zielgerichtet auf die besonders von den Energiepreissteigerungen betroffene Unternehmen konzentrieren müssen. Unser Ziel muss sein, stabile öffentliche Finanzen zu erhalten. Bruno hat heute auch in einem Interview unterstrichen, dass zu expansive staatliche Fiskalpolitik natürlich weiterhin die Preise treiben kann. Und deshalb wollen wir dazu Beiträge leisten, die Preisentwicklung zu stabilisieren und Wachstum anzuregen. Wir werden diesbezüglich unsere enge Zusammenarbeit und unser koordiniertes Vorgehen auch fortsetzen. Bruno!

Bruno Le Maire: Danke Christian, das ist mir eine große Freude, hier mit meinem Freund Christian in Berlin zu sein, auch für eine sehr kurze Zeit. Ich treffe mich regelmäßig mit Christian und ich möchte behaupten, dass wir wirklich sehr gut zusammenarbeiten. Ich werde zum Englischen überwechseln, um einige Worte in genau dieser Richtung zu sagen. Wie von Christian erwähnt haben wir gerade über Sanktionen und über die getroffenen Entscheidungen gesprochen zur Ausübung von Druck auf den russischen Staat. Ich möchte an dieser Stelle unsere Ansicht bekräftigen: Verträge sind Verträge und Verträge in Euro müssen in Euro bezahlt werden.

Wir haben auch die zentrale Frage der Energiepreise erörtert und die Auswirkungen der globalen Energiepreissteigerung auf die Preise überall in Europa, insbesondere in Deutschland, aber auch in Frankreich und in allen anderen Mitgliedstaaten. Wir stehen bereit, um unsere Bevölkerung zu schützen. Wir haben mit Präsident Macron bereits sehr einschneidende Entscheidungen zum Schutz der privaten Haushalte gefällt, indem wir die Gaspreise gedeckelt haben, indem wir sie eingefroren haben, indem wir die Strompreise gedeckelt haben und indem wir einen Tankrabatt von 80 Cent pro Liter Benzin gewähren. Es freut mich, dass auch Deutschland genau diese Art von Entscheidungen gefällt hat, denn nach wie vor wollen wir uns vollumfänglich bei der Bewältigung der wirtschaftlichen Auswirkungen dieses Energiepreisanstiegs abstimmen.

Als nächsten Schritt werden wir Maßnahmen zum Schutz der privatwirtschaftlichen Unternehmen umsetzen, insbesondere der KMUs. Ich möchte die Aussage von Christian bekräftigen: Wir wollen die Krisenreaktion auf die am stärksten von der Erhöhung der Energiepreise betroffenen privatwirtschaftlichen Unternehmen ausrichten. Und ich denke, diese zielgerichtete Reaktion ist die richtige und wird den höchsten Wirkungsgrad erzielen, denn sie vermeidet, dass die Inflation wegen einer Bewältigungsstrategie angeheizt wird, die nicht auf einige ganz konkret bestimmte Unternehmen zugeschnitten ist.

Als allerletzten Punkt möchte ich bezüglich der ECOFIN-Tagung am kommenden Dienstag bekräftigen, dass wir eine rasche Verabschiedung der zweiten Säule zur Mindestbesteuerung anstreben. Die Dinge gehen in die richtige Richtung. Ich glaube, wir kommen voran bei der Überzeugung einiger Mitgliedstaaten, die noch zögern. Wir sind noch nicht am Ende angelangt. Wir sind noch an einem oder zwei Mitgliedstaaten dran, die sich noch politisch mit den Steuern schwertun. Aber wir werden bis zur allerletzten Sekunde arbeiten, um diese Verabschiedung der zweiten Säule zur Mindestbesteuerung zu erreichen. Und ich möchte daran erinnern, dass diese Frage der Mindestbesteuerung, diese Frage der Bekämpfung der Steuerhinterziehung, der Aushöhlung der Steuerbasis, über die vergangenen fünf Jahre das Herzstück der französischen Politik gebildet hat. Deswegen sind wir so fest entschlossen, so bald wie möglich die Grundlagen für einen Konsens über die zweite Säule zu schaffen.

Moderator: Es besteht jetzt die Gelegenheit, Fragen zu stellen.

Journalist: Ja, Andreas Hoenig von der Deutschen Presse-Agentur. Eine Frage an beide Minister. Russland will, dass Gaskunden aus dem Westen bei der Gazprom-Bank eröffnen müssen, wenn sie Gas aus Russland bekommen wollen. Ist das für Sie ein gangbarer Weg? Herr Lindner, ist das ein gangbarer Weg? Herr Putin hat vorhin angekündigt, dass westliche Gasabnehmer jetzt ein Konto bei der Gazprom Bank, die ja nicht sanktioniert ist, eröffnen müssen. Inwiefern ist das ein gangbarer Weg für Sie? Danke.

Christian Lindner: Wir werden im Einzelnen prüfen, was vorgeschlagen und gefordert worden ist. Klar ist aber, dass es für uns keine Form von politischer Erpressung geben kann. Verträge werden so erfüllt, wie sie geschlossen worden sind. Insbesondere wollen wir keine weiteren Beiträge leisten, um Putins Kriegskasse zu füllen. Und deshalb bleiben die Sanktionen, die sich gegen die russische Zentralbank und auch die Währung richten, für uns essenziell notwendig.

Bruno Le Maire: Ich habe der vollkommen zutreffenden Darstellung von Christian nichts hinzuzufügen, nur dies, in drei Sprachen, damit das ganz klar ist: les contrats sont des contrats, contracts are contracts, Verträge sind Verträge.

Journalistin: Ich habe auch noch eine Frage. Jetzt soll endlich der Kunde sogar zwei Konten eröffnen. Einmal in Euro bzw. USD und einmal in Rubel, sodass letztendlich dann der Kunde das letztendlich auch in Rubel bezahlen soll. Ist das jetzt Ihrer Ansicht nach in line with the contract oder ist das ein Bruch? Und dann auch noch mal zur Eurogruppe und zum ECOFIN. Da besteht ja auch letztendlich dann nochmal auch die Debatte um Hilfen auch auf europäischer Ebene zur Diskussion. Auch ob vielleicht die EU-Regel zum Stabilitätspakt. Sind Sie da ein Stück nähergekommen?

Bruno Le Maire: Ich möchte vielleicht eine politische Antwort zu dieser technischen Frage geben. Verträge sind Verträge, und ich möchte nicht in diesen Einzelheiten darauf eingehen. Wir müssen wirklich unterstreichen, dass die Verträge sind die Verträge. Was den Wachstums- und Stabilitätspakt angeht, verfolgen wir meines Erachtens dieselben Bestrebungen wie Deutschland, nämlich die Herstellung eines Gleichgewichts zwischen der Notwendigkeit, weitere Investitionen zu tätigen, und der Notwendigkeit, stabile öffentliche Finanzen zu erhalten. Das ist also genau die Art von Gleichgewicht, die wir herstellen wollen – mit neuen Investitionen zur Bekämpfung des Klimawandels, zur Beschleunigung der Energiewende, bei gleichzeitiger Notwendigkeit der Erhaltung stabiler öffentlicher Finanzen. Präsident Macron hat das sehr klar bei der Vorstellung seines Programm formuliert, dass wir die öffentlichen Finanzen wieder auf eine solide Grundlage stellen wollen. Die Staatsverschuldung in Frankreich soll verringert werden; bis zum Jahr 2027 wollen wir das Haushaltsdefizit wieder unter die 3-Prozent-Marke bringen. Wir haben einen sehr klaren Maßnahmenplan und sind fest entschlossen, die Stabilität der öffentlichen Finanzen zu erhalten.

Christian Lindner: Dem stimme ich voll und ganz zu. Wir sind beide vom Konzept der „Landungszone“ überzeugt – also welcher Zielbereich für den Stabilitäts- und Wachstumspakt gelten sollte. Wir brauchen eine Rückführung des Schuldenstands. Stabile öffentliche Finanzen. Und andererseits brauchen wir mehr Investitionen der öffentlichen Hand. Also müssen wir das miteinander in Einklang bringen. Aus unserer Sicht hat sich der Stabilitäts- und Wachstumspakt bereits als hinreichend flexibel erwiesen. Also verhandeln wir jetzt nicht eine komplett neue Struktur, sondern einige Einzelheiten der Auslegung, um einerseits geringere Verschuldungen und neue fiskalische Puffer zu erreichen. Und damit einhergehend wollen wir dem steigenden Bedarf an Investitionen der öffentlichen Hand begegnen, mit denen die Transformation und andere wichtige politische Ziele verwirklicht werden. Und zu dem anderen Teil kann ich nur unterstreichen, was Bruno gesagt hat. Wir antworten politisch und nicht technisch: Verträge sind Verträge.

Moderator: Vielen Dank.

Bruno Le Maire: Danke vielmals.

Danke.

Christian Lindner: Au revoir!