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01.03.2022

Christian Lindner nach dem Treffen der G7-Finanzministerinnen und -Finanzminister

Ja, meine Damen, meine Herren, heute hat das erste Treffen der G7-Finanzministerinnen und -Finanzminister und Notenbankgouverneure unter der deutschen G7-Präsidentschaft stattgefunden. Dabei haben wir uns natürlich hauptsächlich beschäftigt mit dem Krieg in der Ukraine, der russischen Aggression und mit den angekündigten Sanktionen sowie der Hilfe für die Ukraine. Ich habe den ukrainischen Finanzminister Sergii Marchenko eingeladen, an diesem Treffen teilzunehmen.

Er hat uns eindrücklich über die Situation in der Ukraine und auch über die aus seiner Sicht weiteren Unterstützungsmaßnahmen berichtet. Die von ihm angesprochenen internationalen Institutionen haben zugesagt, auch sehr kurzfristig technische Fragen zu klären, damit angefragte weitere Hilfe auch mobilisiert werden kann. Wir alle waren außerordentlich und tief beeindruckt von dem Mut und der Tapferkeit in der für uns unvorstellbaren Situation.

Wir haben Solidarität ausgesprochen, aber eben von unseren Komfortzonen aus in ein Land, wo Menschen um ihre Freiheit und damit auch für unsere gemeinsamen Werte kämpfen. Die G7 haben ihre Solidarität mit der Ukraine und ihren Menschen unterstrichen. Wir werden auch weiter Schulter an Schulter mit dem ukrainischen Volk in seinem Kampf um Freiheit stehen.

Russland weiß und soll auch spüren, dass wir den Angriff, den völkerrechtswidrigen Angriff auf die Ukraine, nicht akzeptieren werden. Es kann deshalb kein business as usual geben. Wir waren uns hinsichtlich der bereits verhängten und auch der schon angekündigten weiteren Sanktionen einig, dass diese konsequent und in enger internationaler Abstimmung umzusetzen sind. Dann entfalten sie ihre Wirkung. Dann können sie den Konflikt eindämmen.

Die Ankündigung der Sanktionen, insbesondere gegen die russische Zentralbank, aber auch die Absicht, sanktionierte Finanzinstitutionen von SWIFT auszuschließen beides hat bereits massive Auswirkungen auf den russischen Kapitalmarkt und die Währung. Das ist bereits sichtbar gewesen. Wir werden die weiteren Auswirkungen des Konflikts, der Sanktionen und der Auswirkungen auf unsere Volkswirtschaften sehr eng beobachten.

Wir haben verabredet, dass wir uns auf der Arbeitsebene ständig im Austausch halten wollen, um so koordiniert wie bisher zu agieren. Aus unserer gemeinsamen Sicht ist die große Nähe und die starke Koordination der G7 gegenwärtig ein enormer Vorteil, um Druck auf Russland auszuüben. Und andererseits ist diese Geschlossenheit der G7 auch ein Stück Vertrauensbildung gegenüber unseren Menschen, unseren Bevölkerungen und unserer Wirtschaft, dass wir auch gemeinsam in der Lage sind, die wirtschaftlichen Auswirkungen des Ukraine-Krieges und der Sanktionen auf uns selbst zu begrenzen.

Diese Geschlossenheit, die Wladimir Putin durch seinen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg noch einmal verstärkt hat, die wollen wir weiter fortsetzen. Auch wenn der Krieg in der Ukraine unsere volle Aufmerksamkeit erfordert, die Pandemie, die globale Covid-19-Pandemie, ist nicht überwunden. Deshalb hat die Bundesrepublik Deutschland beschlossen, dass wir weitere 1,5 Milliarden US-Dollar in der internationalen Pandemiebekämpfung im Rahmen der Access to COVID-19 Tools Accelerator platzieren werden. Dort und bei anderen unterstützenden Maßnahmen, damit aus Impfstoff auch Impfungen werden, werden wir weiter verfolgen, werden dort weiter investieren.

Das habe ich eben auch beim G7-Treffen für Deutschland öffentlich gemacht. Durchaus zu verstehen als eine Einladung an andere, sich ebenfalls verstärkt zu beteiligen an der globalen Impfkampagne. Deutschland leistet damit seinen fairen Anteil von 1,2 Milliarden US-Dollar und wird seiner Verantwortung – übrigens auch unserer Führungsrolle als G7-Präsidentschaft – gerecht. Weitere 224 Millionen Euro werden wir in Entwicklungsländern bereitstellen für die Logistik, wie ich gerade sagte, damit aus Impfstoff auch Impfungen werden. Wir sind damit aktuell der zweitgrößte Geber bei der ACT-A- Initiative, also Access to COVID-19 Tools Accelerator.

Sie haben die Möglichkeit weiterer Sanktionen angesprochen. Was muss passieren, damit Sie zum Beispiel Nord Stream 1 ins Visier nehmen würden? Wir reden über Sanktionen, die einen starken Druck auf Russland ausüben sollen. Wir konzentrieren uns auf die Maximierung des Schadens für die russische Wirtschaft, die Unterstützer von Putin und die russischen Kapitalmärkte. Bei allen Maßnahmen, die wir ergreifen, wollen wir Einfluss nehmen auf die Fähigkeit Russlands, diesen Krieg zu führen. Wir wollen Russland politisch, finanziell und wirtschaftlich isolieren. Bei den ergriffenen Maßnahmen achten wir darauf, dass es nicht Gegeneffekte gibt, die die Demokratien, die sich gegen Putin stellen, schwächen in ihrer Durchhaltefähigkeit. Denn wir müssen uns darauf einstellen, dass diese Spannungslage, die von einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg ausging, länger anhält.

Gibt es auch schon eine Einigung, welche Banken und wie viele Banken letztendlich auf die SWIFT-Sanktionsliste gesetzt werden? Und auch nochmal eine Frage zur EU: Da gibt es ja auch eine Diskussion zu den Stabilitätsregeln. Die EU-Kommission legt jetzt ihre Guidelines vor. Deutschland geht jetzt in die Vollen bei den Verteidigungsausgaben. Sehen Sie da eine Möglichkeit, auch auf EU-Ebene mehr Spielraum zuzulassen? Etwa, dass man jetzt den Vorschlag der Kommission, qualitative Guidelines nimmt und nicht quantitative?

Wir hatten einen Austausch über die Implementierung der aktuellen Sanktionen und wir haben auch Vorschläge ausgetauscht, welche zusätzlichen Maßnahmen ergriffen werden können. Wir als G7-Präsidentschaft werden jetzt auf der technischen Ebene diese unterschiedlichen Vorschläge zusammenstellen und auswerten. Und in den nächsten Tagen wird es darüber dann eine Verständigung geben. Wichtig ist aber, dass die Einschränkung der Tätigkeit der russischen Zentralbank bereits die Erwartungen, die wir an diese Maßnahme gerichtet haben, übertroffen hat. Der Rubel ist im freien Fall. Die Kriegskasse von Wladimir Putin ist empfindlich getroffen.

Diese Maßnahme hat geringere Auswirkungen auf uns, aber maximale Auswirkungen auf Russland. Deshalb haben wir uns gemeinsam sehr zufrieden gezeigt, dass hier das erreicht worden ist, was wir wollten, nämlich deutlich zu machen, dass es eine ganz empfindliche, eine auch unkonventionelle und in dieser Form in anderen, bei anderen Fällen noch nicht gewählte Sanktion gegeben hat, die ihre Wirkung alles andere als verfehlt hat, sondern die den Druck maximiert hat. Über die anderen technischen Fragen wird jetzt sehr rasch gesprochen.

Zum zweiten: Wir halten weiter auch daran fest, dass sinnvollerweise quantitative Vorgaben für die weitere Haushaltsentwicklung in der Europäischen Union gemacht werden. Wir müssen sehr genau schauen: Welche Auswirkungen hat die aktuelle Krise tatsächlich auf unsere Volkswirtschaften? Wir müssen uns Schritt für Schritt nach vorne bewegen. Das gemeinsame Ziel ist ja, dass in engster Koordination, in diesem Fall der Mitglieder der Europäischen Union und der Währungsunion, die ökonomischen Auswirkungen auf uns reduziert werden. Wenn wir es richtig machen, wenn wir zusammenstehen, dann werden die unzweifelhaft zu erwartenden ökonomischen Auswirkungen auf unsere Volkswirtschaften begrenzt. Sobald wir darüber mehr Gewissheit haben, kann dann entschieden werden über Konsequenzen auch für die weitere Finanzplanung der Europäischen Union bzw. die weitere Entwicklung auch der Fiskalregeln in der Währungsunion.

Die G7 waren ja mal die G8. Gibt es Überlegungen, aus dem G20-Kreis Russland auszuschließen? Und eine zweite Frage noch mal: Haben die G7 heute auch noch Bemühungen unternommen, andere Länder stärker ins Boot zu holen, die die Sanktionen noch nicht so, sagen wir mal, scharf umsetzen?

Es ist kaum vorstellbar in dieser Situation, dass bei internationalen Zusammenkünften und in internationalen Institutionen Vertreter demokratischer Staaten, als wäre nichts gewesen, neben Vertretern des Aggressors Russland sitzen. Deshalb werden gewiss die Regierungschefinnen und Chefs überlegen, wie sie mit dieser Situation umgehen. Ich habe dieses Thema heute angesprochen und das Gefühl, dass man auch diesbezüglich nicht zur Tagesordnung zurückkehren kann, wurde breit geteilt. Aber über Konsequenzen im Einzelnen wurde hier nicht gesprochen und nicht entschieden, weil das eine Frage ist die ja, wie soll ich sagen, über den Pay Grade der Finanzminister und der Notenbank-Gouverneure hinausgeht. Das ist der Leaders Track. Wir haben uns konzentriert auf die Rolle, die wir als G7 haben, was wir tun können. Aber natürlich nehmen wir wahr, wer sich in welcher Weise darüber hinaus daran beteiligt, Russland auf der internationalen Bühne zu isolieren. Sorry, das war jetzt natürlich keine für Sie befriedigende Antwort auf die Frage. Das weiß ich auch.

Christina Neuhaus von AFP. Zu den hiesigen Folgen: Wie laufen die Arbeiten an dem Sondervermögen, das jetzt geplant ist, zur besseren Ausrüstung der Bundeswehr? Wann in etwa rechnen Sie da mit einem Beschluss durch Bundestag und Bundesrat? Danke!

Wir arbeiten am Haushalt 2022. Der Termin für den Kabinettsbeschluss ist verlegt worden auf den 16. März. Das hat vor allen Dingen den Hintergrund, dass es aufgrund der aktuellen Krisenbewältigung nicht möglich ist, die notwendigen Gespräche auf der Ebene der Chefinnen und Chefs der Ressorts abzuschließen. Im Zuge aber dieser etwas mehr als 14 Tage wird das Bundesministerium der Finanzen auch einen verfassungsändernden Gesetzentwurf erarbeiten, über den dann die Bundesregierung als Ganze befinden kann. Und der wird dann dem Deutschen Bundestag zugeleitet.

Wir gehen dann auf die regierungstragenden Fraktionen und die CDU/CSU-Bundestagsfraktion zu. Danach ist das Verfahren aber in der Hand von Bundestag und Bundesrat, sodass ich dann über den weiteren Zeitablauf im Einzelnen natürlich nichts sagen kann. Wir sind am Ende. Vielen Dank! Okay, ich danke Ihnen.