Deutschland kam in den letzten zwei Jahren eine wichtige Führungsrolle im internationalen Kampf gegen Geldwäsche, Terrorismus- und Proliferationsfinanzierung zu. Dr. Marcus Pleyer vom Bundesministerium der Finanzen stand bis zum 30. Juni 2022 als erster zweijähriger Präsident an der Spitze der FATF, dem maßgeblichen internationalen Standardsetzers, der die effektive Umsetzung seiner Standards zudem in Länderberichten überprüft.
Durch die deutsche Prioritätensetzung ist es gelungen, mit dem speziellen Fokus der FATF einen Beitrag zu zentralen politischen Herausforderungen unserer Zeit wie Digitalisierung, Umweltschutz, Migration und Terrorismus zu leisten. Darüber hinaus konnte durch die Verschärfung des FATF-Standards, der auf die Transparenz über die wirtschaftlich Berechtigten von Firmen abzielt, ein erheblicher Fortschritt im Kampf gegen die weltweite Verschleierung illegaler Vermögenswerte in Scheinfirmen erzielt werden. Weltweit werden sich die Transparenzstandards erhöhen und es Kriminellen schwerer fallen, ihr illegal erworbenes Vermögen zu verstecken und anzulegen. Dies ist ein wichtiger Schritt zu mehr Gerechtigkeit.
Auch institutionell hat sich die FATF unter deutscher Präsidentschaft zukunftsorientiert weiterentwickelt. Über 30 Jahren nach ihrer Gründung bereitet sich die FATF auf die fünfte Runde der weltweiten Überprüfungen der Systeme zur Bekämpfung von Geldwäsche, Terrorismus- und Proliferationsfinanzierung der einzelnen Länder vor. Hierzu wurden die zugrundeliegenden Evaluationsprozesse im sogenannten Strategic-Review komplett überarbeitet und angepasst. Eine Errungenschaft ist die höhere Frequenz der weltweiten Länderprüfungen: Statt aller zehn bis elf Jahre werden die Staaten nun alle sechs Jahre geprüft. Zudem werden sich die Länderprüfungen vor allem auf die Effektivität der Maßnahmen konzentrieren, an der es vielfach noch fehlt, und die Behebung von Defiziten – auch bei Ländern, die wegen schlechter Ergebnisse auf keine Liste kommen – wird konsequenter nachgehalten werden als heute. Durch die Schaffung transparenter und inklusiver Prozesse konnte zudem die Governance der FATF gestärkt werden. Die FATF wurde so insgesamt fit für die Zukunft gemacht.
Diese Ergebnisse konnten trotz der besonderen Herausforderungen und erschwerten Bedingungen der COVID-19-Pandemie erzielt werden. Darüber hinaus ist es gelungen, die Arbeits- und Prüfprozesse der FATF und ihrer Regionalorganisationen während der Pandemie aufrechtzuerhalten, so dass im weltweiten Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung keine Pause eingetreten ist. Die Stärkung des Globalen Netzwerks der FATF – ebenfalls ein Schwerpunkt der deutschen Präsidentschaft – hat dazu maßgeblich beigetragen.
Auf dem mit dem Abschluss der Präsidentschaft zusammenfallenden FATF-Plenum im Juni 2022, zu dem über 300 Delegierte aus allen Teilen der Welt nach Berlin kamen, haben sowohl Bundeskanzler Olaf Scholz als auch Bundesfinanzminister Christian Lindner zum Ausdruck gebracht, dass der Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung eine Priorität deutscher Politik ist und bleibt. „Dies ist eine Frage der Fairness und des gesellschaftlichen Zusammenhalts“, so Lindner. „Kriminellen darf es nicht möglich sein, die Früchte ihrer illegalen Machenschaften zu ernten und zu behalten. Verbrechen darf sich nicht lohnen.“
Welche Ergebnisse und Fortschritte konnte Deutschland im Rahmen seiner FATF-Präsidentschaft erzielen?
Illegale Finanzströme tragen erheblich zu den großen Problemen und Herausforderungen unserer Zeit bei. Die Prioritäten der deutschen Präsidentschaft zielten darauf ab, diese Verbindungen zu untersuchen, Lösungsansätze zu entwickeln und – wo möglich – Handlungsanleitungen zu geben. Darüber hinaus konnten weitere wesentliche Fortschritte im weltweiten Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung erzielt werden.
Die FATF hat sich während der deutschen Präsidentschaft nicht nur mit den Risiken, sondern auch umfassend mit den Chancen der Digitalisierung für eine effiziente Geldwäschebekämpfung auseinandergesetzt. Es ist gelungen, Anti-Geldwäscheexpertinnen und -experten aus dem öffentlichen und privaten Sektor, Datenschützerinnen und Datenschützer sowie Technologieentwicklerinnen und Technologieentwickler in einen Prozess miteinzubeziehen, in dem die Risiken und Herausforderungen ganzheitlich analysiert und Lösungsansätze entwickelt wurden. Die Ergebnisse wurden in verschiedenen Berichten veröffentlicht, z. B. zu den Themen Data Sharing und gemeinsame Datenanalyse („Collaborative Analytics“) unter Wahrung hoher Datenschutzstandards im Privatsektor und der Rolle von Big Data und erweiterter Datenanalyse („Advanced Analytics“) für Strafverfolgungsbehörden bei der Aufdeckung und Ermittlung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.
Bei einer Konferenz zur digitalen Transformation am 11. Juni 2022 in Berlin trafen zum Abschluss der deutschen Präsidentschaft nochmals Vertreterinnen und Vertreter der Strafverfolgungs- und Datenschutzbehörden, des Privatsektors und der Wissenschaft zusammen, um erste Lösungsansätze sowie Best Practices vorzustellen. Dabei sprachen sie sich für eine Fortführung der Zusammenarbeit aus.
Die Standards, die die FATF setzt, können auch missverstanden oder missbraucht werden und zu ungewollten Konsequenzen führen. Hier ist es wichtig, den Blick zu weiten für die Konsequenzen aus der Anwendung der FATF-Standards, die nicht im Sinne derselben sind: Besondere Wachsamkeit ist geboten, wenn unter dem Vorwand der Einhaltung der FATF-Standards diese dazu missbraucht werden, um etwa monetäre Zuflüsse an Nichtregierungsorganisationen zu blockieren oder einzelne Akteurinnen und Akteure vom Zugang zum Finanzmarkt auszuschließen. Insofern war es auch eine prioritäre Aufgabe der Präsidentschaft, hier kritisch auf die zielgerichtete Umsetzung der Standards zu schauen, Erkenntnisse zu sammeln und zu analysieren, wie Missbrauch vermieden werden kann.
In einer Projektgruppe wurden Lösungsansätze erarbeitet, die in einem Bericht zusammengefasst sind. So wird die FATF künftig verstärkt darauf achten, dass ihre Standards nicht nur in einem Mindestmaß erfüllt werden, sondern auch nicht überzogen, sondern verhältnismäßig umgesetzt werden und insbesondere die Zivilgesellschaft nicht über Maßen in ihren Freiheiten beschnitten werden. Die gewonnen Erkenntnisse sollen nun Grundlage dafür sein, derartige Probleme bei der zukünftigen Weiterentwicklung und Anwendung der Standards zu vermeiden.
Schließlich hat sich die deutsche Präsidentschaft für die Stärkung und inklusivere Einbeziehung der neun Regionalorganisationen der FATF und ihrer über 160 Mitglieder eingesetzt. Wichtiger Bestandteil dieses Schwerpunktes war es, den proaktiven Austausch mit den FATF-Regionalorganisationen (FATF-style regional bodies; FSRBs) zu institutionalisieren, sie eng in die Entwicklungen einzubeziehen und vor allem auch zuzuhören und zu berücksichtigen, wie aus ihrer Sicht die Implementierung und Effektivität der FATF-Standards besser gewährleistet werden kann. Mit einzelnen Regionalorganisationen wurden Aktionspläne erarbeitet, um ihre Effektivität zu erhöhen. Denn das weltweilte System gegen Finanzkriminalität funktioniert nur dann, wenn die Staaten ein enges Netz an funktionierenden Anti-Geldwäsche und -Terrorismusfinanzierungs-Systemen aufbauen, das keinen Platz für wesentliche Schlupflöcher lässt. Um dies zu gewährleisten, müssen die Kapazitäten der FSRBs erhöht werden. Dazu hat die deutsche Präsidentschaft die Zusage der Unterstützung der FSRBs durch die Finanzministerinnen und Finanzminister der G7 und G20 gewinnen können.
Nach Abschluss der deutschen FATF-Präsidentschaft ist diese zum 1. Juli 2022 an den ehemaligen Staatssekretär im singapurischen Innenministerium, T. Raja Kumar, übergegangen.
Was ist die Financial Action Task Force (FATF)?
Die Financial Action Task Force (FATF) ist eine internationale Institution, in der die Regierungen von 37 Mitgliedstaaten sowie die Europäische Kommission und der Golf-Kooperationsrat zusammenarbeiten und die von einem Sekretariat mit Sitz in Paris unterstützt wird. Sie ist der internationale Standardsetzer für die Bekämpfung von Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und Proliferationsfinanzierung. Die FATF ist zugleich die globale „Mutter“-Organisation eines weltweiten Netzwerks, das aus weiteren neun regionalen Partnerorganisationen besteht und über dessen Mitglieder sich weltweit über 200 Jurisdiktionen zur Umsetzung der FATF-Standards verpflichtet haben.
Neben der Standardsetzung überprüfen die FATF und ihre Partnerorganisationen im Rahmen eines Peer-Review-Prozesses regelmäßig auch die Einhaltung der FATF-Standards durch ihre Mitgliedstaaten und sprechen Handlungsempfehlungen aus, wie die Länder ihre Systeme stärken und verbessern können.
Welche Rolle spielt Deutschland in der FATF?
Der Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung hat für die Bundesregierung hohe Priorität. Als Gründungsmitglied unterstützt Deutschland die FATF bereits seit ihrem Bestehen (1989). Dieses Engagement beruht auf der Überzeugung, dass wir die Herausforderungen einer immer vernetzteren Welt mit globalisierten Finanzströmen nur durch enge Zusammenarbeit mit unseren internationalen Partnern meistern können.