Navigation

zur Suche

Sie sind hier:

22.03.2023

„Ich bin gekommen, um euch die Hand zu reichen“

Mit Margot Friedländer konnten wir am 21. März 2023 über die Geschichte und Gegenwart reden – um Zukunft zu gestalten. Verantwortung für Freiheit, Menschenrechte und Demokratie tragen wir an jüngere Generationen weiter. Denn was war, darf nie wieder geschehen.

Bundesfinanzminister Christian Lindner und Margot Friedländer BildVergroessern
Quelle:  Bundesministerium der Finanzen / Photothek

„Seid Menschen!“ Diesen eindringlichen Appell richtete die Holocaust-Überlebende Dr. h.c. Margot Friedländer am 21. März 2023 an die rund 200 Gäste im Matthias-Erzberger-Saal des Bundesfinanzministeriums, darunter viele Schülerinnen, Schüler und Studierende.

„Besonders junge Menschen müssen sich darüber klar werden, was in Deutschland geschehen ist. Sie haben ihr Leben noch vor sich, sie müssen begreifen, was es heißt, Mensch zu sein. Damit so etwas Unmenschliches nie wieder passiert.“ Margot Friedländer

Margot Friedländer setzt sich unerlässlich für Freiheit, Menschenrechte und Demokratie ein – und das im Alter von inzwischen 101 Jahren. „Das Gefühl, etwas mit jungen Menschen machen zu können, gibt mir Leben“, sagt sie selbst. Sie ist die einzige aus ihrer Familie, die den Holocaust überlebt hat.
Kurz bevor ihre Mutter 1943 mit ihren Kindern aus Deutschland fliehen will, wird Margots jüngerer Bruder von der Gestapo verhaftet. Ihre Mutter stellt sich der Polizei, um bei ihrem Sohn zu sein. Die damals 21-jährige Margot bleibt allein zurück und entscheidet sich, unterzutauchen. Eindrucksvoll schildert sie, wie sie sich ihre Haare tizianrot färben ließ, um nicht als Jüdin erkannt zu werden. Doch 1944 wird sie verraten und nach Theresienstadt deportiert.

Über ihr Leben hat Margot Friedländer das Buch „Versuche, Dein Leben zu machen“ geschrieben. Diese Nachricht ihrer Mutter war beinahe das einzige, was der jungen Berlinerin von ihrer Familie blieb. Aber es war auch der Auftrag an sie, zu leben. Margot Friedländer befolgte dieses Vermächtnis. „Ich hatte das Glück, in Theresienstadt Adolf Friedländer an meiner Seite zu haben, der mich nach der Befreiung fragte, ob ich mit ihm in Amerika ein neues Leben beginnen wollte. Da wurde mir klar: So viele Millionen Menschen hatten ihr Leben verloren. Ich hatte noch eines vor mir.“

Erst im Jahr 2010, im Alter von 88 Jahren kehrte sie wieder „for good“ in ihre Heimatstadt Berlin zurück. „Ich bin gekommen, um euch die Hand zu reichen.“

Themenbezogene Inhalte

Minister Christian Lindner nach dem Gespräch mit Margot Friedländer

Mehr erfahren : Minister Christian Lindner nach dem Gespräch mit Margot Friedländer

Margot Friedländer im Gespräch mit Minister Lindner und Schülerinnen und Schülern

Mehr erfahren : Margot Friedländer im Gespräch mit Minister Lindner und Schülerinnen und Schülern

Auf der Veranstaltung las Margot Friedländer aus ihrer Autobiographie zahlreiche zutiefst bewegende Passagen vor. Es war der Auftakt zu einer Reihe von Veranstaltungen des Bundesministeriums der Finanzen, die unter dem Titel „Verantwortung weitertragen“ aktiv daran erinnern wollen, was passieren kann, wenn sich zu wenige Bürgerinnen und Bürger für die Demokratie einsetzen. Die Idee dazu hatte sich im vergangenen Jahr im Gespräch mit Margot Friedländer entwickelt.

Bundesfinanzminister Christian Linder hob die außergewöhnliche Bedeutung hervor, die es habe, dass Margot Friedländer in das Detlev-Rohwedder-Haus gekommen sei. „Ausgerechnet in diesen monumentalen Bau nationalsozialistischer Einschüchterungsarchitektur.“ Errichtet wurde das Gebäude 1935 als Reichsluftfahrtministerium für Hermann Göring. Von hier aus trieb er die Kriegsplanungen voran. Drei Tage nach der Reichspogromnacht fand hier die sogenannte Vor-Wannsee-Konferenz statt. Auf dieser Konferenz wurde beschlossen, dass Juden zukünftig den Judenstern zu tragen hatten. Es war der Beginn der Verbannung der Juden aus dem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben.

„Für uns ist das Geschichte, die Geschichte unserer Groß- und Urgroßeltern. Für Sie ist es Ihr Leben“, sagte Christian Lindner an Margot Friedländer gerichtet. „Aber dadurch, dass wir Sie heute erlebt haben, sind auch wir Zeugen dieser Wahrheit geworden und können Verantwortung weitertragen. Und Ihnen unser Versprechen geben: Nie wieder!“ Dies gelte schon im Kleinen, schon bei scheinbar alltäglichen Diskriminierungen, so der Minister weiter.

„Es ist das Versprechen, Respekt zu leben, Gebrauch von unserer Stimme zu machen und nicht zu schweigen. Zu schweigen bedeutet, zuzustimmen. Wer das ‚Nie wieder‘ ernst nimmt, der schweigt nicht.“ Bundesfinanzminister Christian Lindner

Margot-Friedländer-Gespräch – Verantwortung weitertragen

Bundesfinanzminister Christian Lindner empfäng tund Margot Friedländer im Bundesfinanzministerium Christian Lindner empfängt Margot Friedländer.
Christian Lindner eröffnet die Veranstaltung Christian Lindner eröffnet die Veranstaltung.
Margot Friedländer liest aus Ihrem Buch „Versuche, dein Leben zu machen“ Margot Friedländer liest aus Ihrem Buch „Versuche, dein Leben zu machen“.
Margot Friedländers Autobiografie Margot Friedländers Autobiografie
Applaus für Margot Friedländer Applaus für Margot Friedländer
Fragen aus dem Publikum Fragen aus dem Publikum
Christian Lindner und Margot Friedländer Christian Lindner und Margot Friedländer
Christian Lindner und Margot Friedländer Christian Lindner und Margot Friedländer