Der Stabilitätsrat hat am 10. Dezember 2021 unter dem Vorsitz des Ministers der Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen, Lutz Lienenkämper, und des Bundesministers der Finanzen, Christian Lindner, getagt.
Trotz der zwischenzeitlich aufgehellten Konjunkturerwartungen belasten die Auswirkungen der Corona-Pandemie nach wie vor die öffentlichen Haushalte erheblich. Die sich erneut verschärfende pandemische Lage erfordert weiterhin eine zielgerichtete Unterstützung der Wirtschaft. Für eine umfassende wirtschaftliche Erholung sowie dauerhaft robuste wirtschaftliche Entwicklung ist es wesentlich, die Pandemie langfristig und wirksam einzudämmen. Zudem stehen Bund und Länder vor der Herausforderung, neben der fortwirkenden Pandemiebewältigung auch die notwendigen Investitionen und weiteren Maßnahmen zur Transformation der Wirtschaft in Richtung Klimaneutralität und zur Digitalisierung zu ergreifen. Dies muss im Rahmen der geltenden Schuldenbremse erfolgen, um langfristig die Tragfähigkeit der Staatsfinanzen zu sichern.
Im laufenden Jahr könnte der Staatshaushalt mit einem strukturellen Defizit von 3 ½ % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) abschließen. Nach Ansicht des Stabilitätsrates wird sich das Defizit in den Folgejahren abbauen, wenn die gesamtwirtschaftliche Entwicklung, wie von der Bundesregierung in ihrer Herbstprojektion erwartet, deutlich an Fahrt gewinnt. Im Jahr 2022 dürfte das nominale BIP um 6,4 % zunehmen, im Folgejahr um weitere 3,3 % und mittelfristig im Durchschnitt der Jahre 2024 bis 2026 um jährlich 2,6 %.
Dennoch wird in den Jahren 2022 und 2023 die europäische Obergrenze des strukturellen Staatsdefizits noch überschritten. Dies ist jedoch im Jahr 2022 aufgrund der europäischen Ausnahmeregel zulässig. Im Jahr 2023 erfüllt der Abbau des strukturellen Staatsdefizits die regulären Vorgaben der europäischen Haushaltsüberwachung. Der Stabilitätsrat vertritt auf dieser Basis die Auffassung, dass die Überschreitung der Obergrenze des strukturellen Staatsdefizits zulässig ist. Das europäische mittelfristige Haushaltsziel – ein gesamtstaatliches strukturelles Defizit von maximal 0,5 % des BIP – dürfte im Jahr 2024 wieder eingehalten werden. Für 2025 wird ein Überschuss von ½ % des BIP erwartet.
Der Beirat des Stabilitätsrates hält die Ergebnisse der Finanzprojektion für im Bereich des Möglichen. Angesichts der guten gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und der zu erwartenden Zuwächse beim Steueraufkommen könnte die Defizitquote 2021 und 2022 besser als vom Stabilitätsrat erwartet ausfallen. Die Sachverständigen bestätigen, dass die Überschreitungen der Defizitobergrenze bis 2023 im Rahmen der EU-Haushaltsüberwachung regelkonform sind. Sie weisen darauf hin, dass die nicht bezifferten Maßnahmen des Koalitionsvertrags nicht berücksichtigt sind.
Der Stabilitätsrat hat bei der Überwachung der Einhaltung der grundgesetzlichen Schuldenbremse festgestellt, dass sich aus seinem, an den europäischen Vorgaben orientierten harmonisierten Analysesystem für die Jahre 2020 und 2021 beim Bund und bei allen Ländern keine Beanstandungen ergeben. Gleiches gilt für das Jahr 2022 mit Ausnahme von Sachsen-Anhalt, das sich aktuell noch in der Haushaltsaufstellung befindet.
Der Stabilitätsrat hat sich turnusgemäß auch mit der Haushaltsüberwachung zur Vermeidung drohender Haushaltsnotlagen befasst. Die Indikatoren für Bremen sind dabei auffällig. Vor diesem Hintergrund setzt der Stabilitätsrat einen Evaluationsausschuss auf Staatssekretärsebene ein. Dieser wird prüfen, ob in dem Land eine Haushaltsnotlage droht. Das Ergebnis der Prüfung wird der Stabilitätsrat in seiner nächsten Sitzung beraten.
Die Beschlüsse und die Beratungsunterlagen werden veröffentlicht unter: www.stabilitaetsrat.de.