Viele mobile Beschäftigte kennen ihre Rechte und deutsche Mindeststandards wie Mindestlöhne oder Erholungsurlaub nicht. Oftmals sprechen sie auch nicht gut genug Deutsch, um ihre Rechte einzufordern. Dies wird teilweise von Arbeitgebern ausgenutzt. Dem möchten die Bundesministerien der Finanzen sowie für Arbeit und Soziales gemeinsam mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund ein Ende setzen. Mit der Unterzeichnung einer Rahmenvereinbarung soll die Zusammenarbeit der Finanzkontrolle Schwarzarbeit der Zollverwaltung, der gewerkschaftsnahen Beratungsstellen für ausländische Beschäftigte („Faire Integration“, „Faire Mobilität“) sowie der Servicestelle gegen Arbeitsausbeutung, Zwangsarbeit und Menschenhandel verbessert werden. So wollen die Beteiligten das Unterlaufen des Arbeits- und Sozialrechts noch konsequenter bekämpfen.
„Wer die Not von Menschen auf dem Arbeitsmarkt ausnutzt, sie durch Zwangsarbeit ausbeutet oder Menschenhandel betreibt, muss die ganze Härte des Gesetzes spüren. Wir haben deshalb bereits 2019 gesetzlich die Prüf- und Ermittlungsbefugnisse der Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls gestärkt. Für die wirksame Bekämpfung von ausbeuterischer Beschäftigung ist ebenso wichtig, dass ausländische Beschäftigte ihre Rechte kennen und sie auch geltend machen. Die Gewerkschaften leisten mit den Beratungs- und Servicestellen dafür einen wichtigen Beitrag. Mit der Rahmenvereinbarung stärken wir die Zusammenarbeit und bündeln die Kräfte, um ausbeuterische Arbeitsbedingungen noch effektiver zu bekämpfen und für mehr Fairness auf dem Arbeitsmarkt zu sorgen. Das ist soziale Marktwirtschaft.“
Bundesfinanzminister Olaf Scholz
„Die Corona-Krise hat überdeutlich gemacht, dass ausländische Arbeitskräfte zu häufig zu inakzeptablen Bedingungen arbeiten und untergebracht sind. Zugleich leisten viele Menschen mit Einwanderungsgeschichte einen erheblichen Beitrag für unser Gemeinwesen, da sie häufig in systemrelevanten Branchen arbeiten. Ob in der Fleischindustrie, der Landwirtschaft oder der Paketbranche - wir müssen die Ausbeutung von Menschen noch konsequenter bekämpfen.“
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil
„Nach den Skandalen in der Fleischindustrie kommen jetzt haarsträubende Berichte zu menschenunwürdigen und gesundheitsgefährdenden Arbeits- und Wohnbedingungen auf Spargel- und Erdbeerfeldern ans Licht der Öffentlichkeit. Die Ordnung der Verhältnisse und Klärung der Verantwortlichkeiten in der Fleischindustrie mit dem Arbeitsschutzkontrollgesetz war ein wichtiger Schritt. Die Beratungs- und Aufklärungsarbeit von Faire Mobilität und den landesfinanzierten Beratungsstellen ist neben der Arbeit der zuständigen Gewerkschaften unverzichtbar, um in der Zukunft die großen Baustellen prekärer Beschäftigung abzuräumen. Vor uns liegt noch viel Arbeit, wenn wir dafür sorgen wollen, dass mobile Beschäftigte in Deutschland geschützt sind vor Ausbeutung, Lohndumping und schlechten Arbeits- und Wohnbedingungen. Diese Rahmenvereinbarung kann ein wichtiger Baustein für bessere Arbeitsbedingungen für ausländische Beschäftigte in Deutschland werden, denn sie schafft Grundlagen für die Zusammenarbeit und Kooperation zwischen den unterschiedlichen Akteuren.“
DGB-Bundesvorstandsmitglied Anja Piel
Die Vereinbarung tritt zum 1. Juli 2021 in Kraft. Sie schafft einen verbindlichen Rahmen für die Zusammenarbeit der beteiligten Stellen. Parallel sind auch Beratungsstellen, die durch die Bundesländer finanziert werden, durch eine eigene Vereinbarung in die Kooperation mit der Finanzkontrolle Schwarzarbeit eingebunden. Der bereits etablierte Austausch zwischen den Beratungsstellen und der Finanzkontrolle Schwarzarbeit wird weiter ausgebaut. Die Vereinbarung etabliert feste Austauschformate. Sie schafft Leitlinien für Fälle, die sowohl arbeits- und sozialversicherungsrechtliche wie auch strafrechtliche Verstöße umfassen. Zudem sind mehr Schulungen der Beschäftigten der Finanzkontrolle Schwarzarbeit geplant. Auch sollen Beschäftigte der Finanzkontrolle Schwarzarbeit die Opfer von Ausbeutung künftig vermehrt an die gewerkschaftsnahen Beratungsstellen verweisen. Bedeutsam ist ebenfalls die Einbindung der Servicestelle gegen Arbeitsausbeutung, Zwangsarbeit und Menschenhandel. Sie soll bei allen Beteiligten Kompetenzen aufbauen, um derartige Straftaten besser aufdecken und bekämpfen zu können.