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27.10.2020

Bundeshaushalt

Pressemitteilung des Stabilitätsrates vom 27. Oktober 2020

zur Einhaltung der Obergrenze des strukturellen gesamtstaatlichen Finanzierungsdefizits nach § 51 Absatz 2 Haushaltsgrundsätzegesetz gemäß § 6 Stabilitätsratsgesetz

Aktuelle Lage des gesamtstaatlichen Haushalts und Perspektive – Überschreitung der Defizitobergrenze in gegenwärtiger Ausnahmesituation auch 2021 zulässig

Erstmals in diesem Jahr hat der Stabilitätsrat die Einhaltung der Defizitobergrenze des deutschen Staatshaushalts nach dem europäischen Fiskalvertrag für die Jahre 2020 bis 2024 geprüft. Um eine hinreichend valide Datenbasis für die Projektion und eine substantielle Beurteilung der mittelfristigen Entwicklung der staatlichen Haushalte durch den Stabilitätsrat zu gewährleisten, wurden die Interimsprojektion der Bundesregierung zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung vom September 2020 und die darauf basierende Steuerschätzung für die Jahre 2020 bis 2024, die seit März 2020 bis Ende des Sommers ergriffenen zahlreichen haushaltspolitischen Maßnahmen von Bund und Ländern sowie der Regierungsentwurf des Bundeshaushalts für 2021 und des Finanzplans des Bundes bis 2024 von Ende September 2020 berücksichtigt.

In ihrer Interimsprojektion rechnet die Bundesregierung in diesem Jahr mit einem Rückgang des preisbereinigten Bruttoinlandsprodukts um 5,8 %. Danach wird von einer Erholung ausgegangen, so dass voraussichtlich im ersten Halbjahr 2022 wieder das BIP-Niveau von Ende 2019 erreicht wird. Zurzeit hält es der Stabilitätsrat für geboten, die Maßnahmen von Bund, Ländern und Kommunen zur Begrenzung der ökonomischen Auswirkungen der Pandemie fortzuführen und die Volkswirtschaft rasch wieder auf einen nachhaltigen Wachstumspfad zu führen.

Der Stabilitätsrat stellt auf dieser Basis fest, dass die Obergrenze des strukturellen gesamtstaatlichen Finanzierungsdefizits bis 2022 in zulässiger Weise überschritten wird. Für die Jahre 2020 und 2021 wird jeweils ein Saldo von - 3 ½ % des BIP erwartet, der sich im Jahr 2022 auf - 1 ¼ % des BIP verbessern dürfte. Unter normalen Bedingungen wäre laut europäischer Vorgabe ein jährliches Defizit von höchstens 0,5 % des BIP einzuhalten. Der Stabilitätsrat begrüßt das Vorgehen in der europäischen Haushaltsüberwachung, die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts auch für 2021 beizubehalten, und hält die Überschreitung der Defizitgrenze daher auch im kommenden Jahr für zulässig. Mit dem erwarteten Abbau des gesamtstaatlichen strukturellen Finanzierungsdefizits um mehr als ½ % des BIP im Jahr 2022 wird der Richtwert der europäischen Haushaltsüberwachung für den Defizitabbau erfüllt. Für die Jahre 2023 und 2024 erwartet der Stabilitätsrat, dass die Defizitgrenze von 0,5 % des BIP wieder eingehalten wird.

Der Beirat beurteilt die der Fiskalprojektion zugrundeliegende Interimsprojektion der Bundesregierung vom September 2020 und die Steuerschätzung dazu als vertretbar. Er hält die Nutzung der Ausnahmeklauseln der Budgetregeln bis einschließlich 2021 für gerechtfertigt. Die Überschreitung der Defizitobergrenze stelle daher auch im Jahr 2021 keinen Verstoß gegen die Fiskalregeln dar.

Die Beschlüsse und die Beratungsunterlagen werden veröffentlicht unter: www.stabilitaetsrat.de.