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Sonderpostwertzeichen „500 Jahre Evangelisches Gesangbuch“
Zur Jahreswende 1523/24 erschien in Nürnberg der sogenannte „Achtliederdruck“, ein Heft mit acht Liedern der frühen Wittenberger Reformationsbewegung, darunter vier Lieder von Martin Luther selbst. Dieses Heft gilt als Prototyp des Evangelischen Gesangbuchs. Neben der Lutherbibel wurde es als liturgisches „Rollenbuch“ der in der Muttersprache singenden Gottesdienstgemeinde zum wirkmächtigsten Medium evangelischer Lehre und Frömmigkeit.
Noch zu Luthers Lebzeiten und unter seiner Aufsicht erschien eine Reihe weiterer Gesangbücher mit programmatischen Vorreden. Da sich die evangelische Kirche in Deutschland institutionell an die äußerst vielfältige staatliche Gliederung anlehnte, brachten die folgenden Jahrhunderte eine schier unübersehbare Fülle an regionalen Gesangbüchern hervor. Darunter repräsentieren einzelne die Epoche, der sie angehören, z. B. im 17. Jahrhundert die „Praxis pietatis melica“ von Johann Crüger, in dem Paul Gerhardts Lieder erschienen, und im frühen 18. Jahrhundert das Gesangbuch des Hallischen Pietismus von Johann Anastasius Freylinghausen. In den von Calvin geprägten „reformierten“ Gebieten bildete der „Genfer Psalter“, die volkssprachige, mit feststehenden Melodien verbundene Reimfassung der biblischen Psalmen, den Grundbestand des Gemeindegesangs. Und auch die römisch-katholische Kirche wurde noch im 16. Jahrhundert von der Gesangbuch-Dynamik erfasst.
Beide Großkirchen schufen im 20. Jahrhundert Einheitsgesangbücher („Evangelisches Kirchengesangbuch 1950; Gotteslob 1975, Neuausgabe 2013; Evangelisches Gesangbuch 1993, Neuausgabe voraussichtlich 2027/28). In Regionalanhängen beziehungsweise Eigenteilen bewahren sie aber das Sondergut der Landeskirchen und Diözesen.
Bis heute sind die Gesangbücher, zu denen neben den zahlreichen Ergänzungsheften auch die Liederbücher der Kirchen-, Katholiken- und Ökumenischen Kirchentage sowie die freikirchlichen Gesangbücher gehören, elementare Medien christlicher Glaubenspraxis, mit immer neuen Mixturen von Kontinuität und Innovation.
Gestaltung des Postwertzeichens und der Ersttagsstempel: Luzia Hein, Hamburg
Wert: 100 Cent
Text: Dr. Martin Evang, Union Evangelischer Kirchen in der EKD (UEK), Hannover